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Google bringt das Chromebook Pixel – warum Microsoft langsam panisch werden darf

Für etwa 300 Euro bekommt man Googles Chrome Browser auch mit Gehäuse – das war bis jetzt so in etwa das Image, welches den Chromebooks und dem darauf laufenden ChromeOS anhaftete. Schon fast zwei Jahre ist das Konzept alt, und so richtig vorwärts ging es in dieser Zeit nicht – zumindest, was die öffentliche Wahrnehmung angeht. Selbstverständlich hat Google während dieser Zeit fleißig weiter an Chrome OS gestrickt – und mit der gestrigen Vorstellung des Chromebook Pixel ein dickes Ausrufezeichen gesetzt.
Nun haben wir es nämlich nicht mehr mit einem Billigheimer-Netbook, sondern mit einem ausgewachsenen Highend-Notebook zu tun. Intel Core i5 CPU, ein 13 Zoll Display mit einer Auflösung von 2560 x 1700 Pixeln, Touchdisplay aus Gorilla-Glas, und das alles in einem hochwertigen Gehäuse aus eloxiertem Aluminium.

Hochwertig ist auch der Preis – bis zu 1.500 Dollar wird man für das Chromebook Pixel auf den Tisch legen müssen. Der Spott ließ nicht lange auf sich warten: So viel Geld für ein Gerät mit mickriger 32 GB SSD, vergleichsweise kurze Laufzeit (Google nennt auf der offiziellen Produktseite fünf Stunden) und nicht einmal ein LAN-Anschluss.

Es geht hier allerdings nicht um Hardware-Spezifikationen. Ich glaube nicht, dass das Chromebook Pixel in nennenswerten Stückzahlen verkauft wird – und ich glaube ebenfalls nicht, dass Google selbst damit rechnet. Das Chromebook Pixel ist ein Signal an die Konsumenten und an den Wettbewerb, und die Botschaft lautet:
Das ist kein Spiel, wir meinen das ernst!

Ich habe mich mit ChromeOS bisher nicht befasst – immer, wenn ich mal in Versuchung geriet, mir ein Chromebook zu bestellen, war keines verfügbar. Das ist aber auch nicht weiter wichtig – es geht nämlich nicht um die Frage, wie gut das zum jetzigen Zeitpunkt nutzbar ist oder ob das Chromebook Pixel wirklich für den Alltag taugt. Die viel spannendere Frage ist: Wo geht die Reise hin?
Wer ein bisschen Zeit hat, darf sich gerne meinen Artikel vom Juni 2011 mit dem Titel “Alarm, die Chromebooks kommen” durchlesen. Damals habe ich schon gesagt, dass Google garantiert nicht antritt, um ein bisschen mit zu spielen. Wenn Google in einem Markt eindringt, dann wollen sie diesen dominieren. Ok, das wollen grundsätzlich alle Hersteller – aber längst nicht alle verfolgen dieses Ziel mit einer derartigen Konsequenz, wie Google das tut. Und Beweise, dass sie das können, brauchen wir wohl keine mehr.

Selbst wenn das alles noch wie eine Konzeptstudie wirkt: Google hat einen Plan. Die wissen heute schon ganz genau, wo sie in fünf oder zehn Jahren mit ChromeOS stehen wollen: Nämlich ganz oben.
Und in diesem Punkt darf man sich bei Microsoft so richtig Sorgen um seine Dominanz im klassischen Segment machen. Die Desktop-PCs werden zur Minderheit werden (ich hätte nie gedacht, dass ich daran mal glauben würde), und auf Notebooks wird Windows in ein paar Jahren keine Selbstverständlichkeit mehr sein.
Der Kommentar von Caschy zum Chromebook Pixel stimmt mit diesem hier nahezu überein – oder umgekehrt, er hat seinen ja zuerst geschrieben. In einem Punkt aber gehe ich noch weiter als er: ChromeOS wird keine Bedrohung für Windows RT, sondern für die gesamte Windows-Plattform.

Das Betriebssystem wird doch in der modernen Technikwelt immer nebensächlicher – im Grunde war es den Leuten ja schon immer egal, was da unter ihren Programmen läuft. Die Dominanz von Windows rührt daher, dass Microsoft der einzige Hersteller war, der ein Betriebssystem mit kommerziellem Interesse in den Markt gedrückt hat.
Im Unternehmensbereich wird Windows mit all seinen Enterprise-Features noch auf viele Jahre hinaus weiter unangreifbar bleiben, aber bei den Heimanwendern könnte es, wenn ChromeOS marktreif ist, so richtig ungemütlich für Microsoft werden.

Aber es ist ja nicht so, dass man der Entwicklung in Redmond machtlos gegenüber steht – man muss ja einfach nur das bessere Produkt liefern und mit dem richtigen Marketing dafür sorgen, dass die Kunden das auch mitbekommen.
Mensch, wird das spannend!

Über den Autor

Martin Geuß

Martin Geuß

Ich bin Martin Geuß, und wie unschwer zu erkennen ist, fühle ich mich in der Windows-Welt zu Hause. Seit mehr als 17 Jahren lasse ich die Welt an dem teilhaben, was mir zu Windows und anderen Microsoft-Produkten durch den Kopf geht, und manchmal ist das sogar interessant. Das wichtigste Motto meiner Arbeit lautet: Von mir - für Euch!

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