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Wenn Windows 10 Mobile leben soll, muss Lumia sterben

Dem Lumia 650 sagt man nach, es wäre das letzte Windows Phone von Microsoft, welches unter der Marke Lumia veröffentlicht wurde. Ich habe keine Ahnung, ob dem so ist und welchen Namen Smartphones von Microsoft künftig tragen werden. Als entsprechende Gerüchte aufkamen, dachte ich zunächst, es wäre ein großer Fehler, diese Marke aufzugeben. Inzwischen bin ich zu einer anderen Erkenntnis gelangt: Wenn Windows 10 Mobile leben soll, muss Lumia sterben.

Mein Argument, warum der Name bleiben sollte, war jenes, dass der Marktanteil zwar klein ist, die Marke an sich aber doch als bekannt und etabliert betrachtet werden kann. Zumindest war das meine kurzsichtige Betrachtung aus der Sicht eines Fans. Objektiv gesehen steht Lumia für den vollumfänglich gescheiterten Versuch, Windows Smartphones zu etablieren. Durch die Übernahme und den anschließenden Abriss von Nokia ist das noch schlimmer geworden. Der Name Lumia steht für einen gigantischen Flop, der einen zweistelligen Milliardenbetrag verschlungen hat und der auch heute noch Verluste beschert. Tag für Tag, mit jedem verkauften Gerät. Schon alleine deshalb sollte er verschwinden.

Es gibt aber noch einen zweiten Grund, und der wiegt noch deutlich schwerer. Windows Phone ist Lumia, und sonst nichts. Man kann die gut gemeinten Versuche einer Hand voll OEMs aus purer Höflichkeit erwähnen, grundsätzlich sind sie aber ohne jede Bedeutung. Und genau da liegt das Problem. Windows war immer ein OEM-Geschäft. Microsoft ist nicht Apple und will das auch nicht sein. Obwohl man versichert hat, an Windows 10 Mobile festzuhalten, hat man ebenso unmissverständlich erklärt, dass man kein Interesse mehr daran hat, ein eigenes Phone-Geschäft aufzuziehen.

So lange es Lumia gibt, wird aber kein OEM eine Chance haben. Die Fans (und nur die gilt es zu berücksichtigen, jemand anders kauft in den nächsten 1-2 Jahren sowieso kein Windows Phone mehr) werden im Zweifel immer zum Lumia greifen. Entweder sie bezahlen gerne mehr Geld für die selbe Ausstattung, um ein “richtiges Windows Phone” zu haben, oder sie verzichten auf das einer oder andere Ausstattungsmerkmal und greifen zu einem günstigeren Lumia. Das OEM-Gerät wird, wenn irgend möglich, immer im Regal liegen bleiben. Darum gibt es aus diesem Dilemma nur einen Ausweg: Die OEM-Geräte müssen die einzige Alternative sein.

Ich habe in den letzten Wochen diverse Gespräche mit OEMs geführt. Ehemaligen und aktuellen, aber auch solchen, die grundsätzlich nicht abgeneigt sind, aber im Moment keine Chance sehen, mit einem Windows Smartphone Geld zu verdienen. Überraschenderweise wurde der kleine Markt dabei nicht als das Hauptargument ins Feld geführt, sondern in erster Linie oben erwähnter Umstand, dass die Lumias die komplette Nachfrage aufsaugen.

Selbst die “paar Millionen” Lumias, die noch verkauft werden, wären für einige Hersteller immer noch ein interessantes Geschäft. Es gibt genügend Android-OEMs, die mit weniger glücklich sind. Aber man muss ihnen dieses Feld überlassen, sonst kann es nichts werden.

Und darum hoffe ich, dass das Lumia 650 nicht nur das letzte Lumia war, sondern überhaupt das letzte Gerät von Microsoft in der Unter- und Mittelklasse. Ich würde mir wünschen, dass man nur noch ein Flaggschiff bringt, welches diese Bezeichnung tatsächlich verdient, und dieses zu einem derart hohen Preis anbietet (mindestens auf iPhone-Niveau, gerne auch etwas darüber), dass sich wirklich nur die Hardcore-Fans nicht davon abschrecken lassen, es zu kaufen. Wie viel Stück man davon verkauft, ist komplett nebensächlich.

Man würde auf diese Weise aber für die OEMs Raum schaffen. Dann würden wir vielleicht endlich mal OEM-Geräte sehen, die wirklich Spaß machen und bei denen nicht groß “Testballon” auf der Verpackung steht. Das Omnia und das ATIV S von Samsung waren solche Geräte. Auch die WP7- und WP8-Modelle von HTC waren gut, aber sie wurden von der Lumia-Dominanz zerquetscht. Ich bin sehr sicher: wenn Microsoft dieses Feld räumt, dann wird sich jemand auf den Weg machen, diese Lücke zu füllen.

Über den Autor

Martin Geuß

Martin Geuß

Ich bin Martin Geuß, und wie unschwer zu erkennen ist, fühle ich mich in der Windows-Welt zu Hause. Seit mehr als 16 Jahren lasse ich die Welt an dem teilhaben, was mir zu Windows und anderen Microsoft-Produkten durch den Kopf geht, und manchmal ist das sogar interessant. Das wichtigste Motto meiner Arbeit lautet: Von mir - für Euch!

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