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Zum Nokia-Comeback: Die Geschichte vom Elop-Trojaner mal andersrum erzählt

Nokia hat offiziell verkündet, was im Grunde schon jeder wusste oder ahnte: Im Jahr 2017 wird man mit eigenen Smartphones auf den Markt zurück kehren. Nicht in der früheren Form, denn man produziert nicht mehr selbst, dennoch dürfte der Name Nokia noch immer eine gewisse Strahlkraft haben und zumindest das mediale Interesse an den durch HMD produzierten Android-Phones dürfte riesengroß sein.

Es ist der richtige Zeitpunkt, eine Geschichte zu hinterfragen, und sie mit einem Augenzwinkern ins Gegenteil zu verkehren. Es wurde ja gerne erzählt, Elop hätte Nokia ruiniert und wäre in Wahrheit ein durch Microsoft installierter Trojaner gewesen, der das Unternehmen mit Windows Phone infiltriert und es schließlich reif für die Übernahme durch seinen ehemaligen und dann wieder neuen Arbeitgeber machen sollte.

Meiner Meinung nach ist diese Theorie blanker Unsinn. Elop kam zu einem Zeitpunkt, als Nokia bereits Schlagseite hatte. Genau wie Microsoft hatten sie den Beginn der Smartphone-Ära komplett verpennt und drohten komplett ins Abseits zu driften (Einige erinnern sich vielleicht noch an seine “Burning Platform” Mail, in welcher er der Belegschaft schilderte, dass Nokia untergehen wird, wenn es sich nicht radikal verändert).

Nokia hätte auf Android setzen können, wäre dann aber einer von vielen OEMs gewesen. Ob sie erfolgreicher geworden wären als mit den Lumias, darüber können wir nur spekulieren. Windows Phone bot dagegen die Möglichkeit, sich vom Markt zu differenzieren, und ganz so hoffnungslos wie heute war die Lage im Jahr 2011 noch nicht. Mit Ausnahme Derer, die es nachher schon vorher gewusst haben wollten, hielten nicht wenige Experten die Idee damals für vielversprechend, ganz auf Windows Phone zu setzen.

Dazu kam, dass der Deal für Nokia beinahe frei von finanziellen Risiken war, denn Microsoft war ja ebenso verzweifelt und schickte bereitwillig ein finanzielles Care-Paket nach dem anderen aus Redmond über den großen Teich nach Espoo.

Was daraus wurde, ist bekannt: Microsoft kaufte 2014 Nokias Gerätesparte auf, nahm Elop zurück und verabschiedete ihn ein Jahr später mit einem goldenen Handschlag. Jeder Dollar, den Microsoft im Lauf der Jahre in Nokia investiert hatte – am Ende wohl ein fast zweistelliger Milliardenbetrag, war verbrannt. Übrig bleibt am Ende rein gar nichts.

Kommen wir zurück zur Trojaner-Theorie: Stephen Elop soll Nokia zerstört haben? Mitnichten, genau das Gegenteil ist der Fall.

Als er kam, schien Nokia verloren. Hätte er es mit Android versucht, dann hätte er genau einen Schuss gehabt. Hätte der nicht gesessen, wäre es mit Nokia vorbei gewesen. Aber er fand einen Weg, den Comeback-Versuch über mehrere Jahre zu strecken und sich diesen großzügig sponsern zu lassen. Als absehbar wurde, dass man nicht zu alter Stärke zurück finden würde, verschob er sämtliche Lasten und Risiken (Fabriken, Angestellte etc.) nach Redmond und verdiente damit sogar noch Geld – sowohl für sich als auch für Nokia.

Am Ende haben wir einen Manager, der finanziell ausgesorgt haben dürfte, ein gesundgeschrumpftes Nokia, welches mit dem Startkapital aus Redmond einen Neuanfang schaffte und ab 2017 wieder Smartphones im Programm hat – und Microsoft, die vor den rauchenden Trümmern ihrer mobilen Strategie stehen. Wenn Elop ein Trojaner gewesen sein sollte, dann war er es für Microsoft. Bei Nokia sollten sie ihm jetzt endgültig ein Denkmal bauen.

Über den Autor

Martin Geuß

Martin Geuß

Ich bin Martin Geuß, und wie unschwer zu erkennen ist, fühle ich mich in der Windows-Welt zu Hause. Seit mehr als 16 Jahren lasse ich die Welt an dem teilhaben, was mir zu Windows und anderen Microsoft-Produkten durch den Kopf geht, und manchmal ist das sogar interessant. Das wichtigste Motto meiner Arbeit lautet: Von mir - für Euch!

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