Am Puls von Microsoft

Microsoft: Kamen neues Denken und frische Ideen wirklich erst mit Satya Nadella?

Microsoft. Bis vor nicht allzu langer Zeit stand der Name Microsoft zumindest gefühlt für die meisten Menschen, für Stillstand und fehlende Innovationen. Für einen Konzern, der nur versucht auf den Markt zu reagieren, anstatt zu agieren und neue, frische Ideen zu bringen.
Und genau das ist völlig falsch. Microsoft war in der Vergangenheit bereits einer der innovativsten Konzerne der IT Branche und lieferte unglaublich viele Gadgets und Geräte, die zum Teil aber nicht erfolgreich wurden.

Zum Einen, weil Devices zu früh auf den Markt kamen und die Kunden (noch) nichts damit anzufangen wussten, oder weil die Produkte nicht auf die richtige Käuferschicht zielten.

Im schlimmsten Fall floppten sie hochgradig, weil der Markt mit Geräten der gleichen Art bereits gesättigt war. Einige dieser Innovationen habe ich mal rausgesucht und versucht mit meiner eigenen Meinung aufzuzeigen, woran sie eigentlich krankten.

Microsoft Photo-Viewer
Die erste echte Bauchlandung von Microsoft kam 2001 mit dem Photo-Viewer. Dieser Viewer war eigentlich nur ein Disketten-Laufwerk, das an einen Fernseher angeschlossen wurde, um Fotos anzuschauen. Gesteuert wurde mittels einer Fernbedienung. Microsoft sah voraus, dass sich Fernseher zu Multimedia-Geräten wandeln würden. Der Photo-Viewer verschwand sehr schnell vom Markt, weil es die 3,5 Zoll Disketten auch taten. Das Gerät war nur 1,5 Jahre im Handel erhältlich.

Meine Meinung: Der Blick in die Zukunft war da, aber man hätte dem Photo-Viewer damals eine Festplatte spendieren sollen. Das Gerät war ein gewaltiger Schritt in die richtige Richtung, und man hatte bereits der Xbox eine 10G B HDD als Speicher spendiert und gesehen, dass dieses Medium auf lange Sicht nicht abzulösen ist.

SPOT (Smartwatch)
SPOT – dieser schlecht zu interpretierende Name war die Abkürzung für: Smart Personal Object Technology. Microsoft wollte 2002 mit diesem kleinen System damals Computer, Uhren, Küchenmaschinen und das Internet miteinander verbinden. SPOT-kompatible Geräte besaßen ein kleines Display, auf dem sich SMS, E-Mails, der Kalender, der Wetterbericht, aktuelle Nachrichten, Sport Ergebnisse oder RSS-Feeds einblenden ließen. SPOT sagte auch die Uhrzeit an oder kündigte kurz bevorstehende Termine per Sprache an. SPOT war die erste echte Smartwatch und sie kam von Microsoft. Namhafte Uhrenhersteller wie z.B. Fossil, Tissot und Swatch, um nur wenige zu nennen, stellten SPOT-Armbanduhren her. In Deutschland kam sogar eine SPOT-fähige Kaffeemaschine von Melitta auf den Markt.


SPOT wurde kein großer Erfolg. Die Uhrenherstellung wurde 2008 eingestellt und die SPOT-Dienste folgten letztendlich Ende 2011.

Meine Meinung: Microsoft war seiner Zeit zu weit voraus. Seit den 80er Jahren träumten Geeks und normale Menschen davon, Informationen über ihre Uhr angezeigt zu bekommen. Genutzt hat es dann trotzdem kaum jemand. Microsoft war der erste echte Smartwatch Erfinder und weiß wie es geht. Der Erfolg und die Nachfrage nach dem Microsoft Band ist ungebrochen. Es ist an der Zeit, dass eine neue echte Smartwatch mit Windows 10 von Microsoft kommt.

Der erste Tablet-PC mit Eingabestift
Auch wenn diese Erfindung gemeinhin Apple zugeschrieben wird: Microsoft hat den ersten Tablet-PC heraus gebracht. Im Jahr 2002 wurde der Windows XP Tablet PC mit Eingabestift veröffentlicht. Parallel dazu gab es auch die ersten Notebooks mit berührungsempfindlichem Bildschirm. Sogar um 180 Grad umklappbare Displays wurden bereits verbaut, um eine Schreiboberfläche zu erhalten. Microsoft war mit den Tablets zu früh am Markt, Windows XP war einfach nicht wirklich fingertauglich. Eine echte, auf Fingerbedienung ausgelegte Oberfläche, hätte selbst bei Preisen über 1500 € Erfolg versprechen können, auch wenn die Geräte natürlich deutlich “klobiger” waren, als das inzwischen der Fall ist.

Meine Meinung: Microsoft hat es erfunden, sich mit einem unreifen Produkt eine blutige Nase geholt und sich dann in die Höhle zurück gezogen, anstatt das Konzept zu verbessern. So hat man Apple und Android den Markt alleine überlassen. Microsoft ist mit dem Tablet-Neustart unter Windows 8 auf den letzten Waggon des Zuges aufgesprungen, bevor er den Bahnhof verlassen hat. Jetzt muss Microsoft mit langem Atem zeigen, wie gut sie wirklich sind.

Das Mira-System
Das Mira-System war die erste echte Heimautomatisierungszentrale. Das Gerät erschien 2003 mit 10 oder 15 Zoll-Touchscreen, WLAN, Sound on Board und OnScreen-Tastatur. Befeuert wurde es mit Windows CE. Die Idee war visionär und weitreichend, Mira konnte mit sämtlichen Geräten (auch Haushaltsgeräten), wie z.B. mit SPOT, vernetzt werden. Es hatte einen ausklappbaren Stützfuß, ähnlich dem Kickstand des Surface Tablets heute und auch eine zentrale Wandmontage war möglich. Das Problem war, dass nach wie vor ein stationärer PC benötigt wurde. Außerdem hatte Windows CE Probleme mit dem Speichermanagement, was zur Folge hatte, das Microsoft das Mira-Projekt bereits Ende 2003 wieder aufgab. ViewSonic z.B. baute einige Mira-Geräte, die ca. 1000 € bis 1500 € kosteten.

Meine Meinung: Visionen sollte man auch bei Rückschlägen weiter verfolgen um später mit einem reiferen Produkt auf den Markt zu kommen. Das Konzept war das, was heute im Allgemeinen als Internet der Dinge durchgeht. Das vernetzte oder automatisierte Heim könnte heute schon Standard sein.

Aus jener Zeit stammt übrigens auch das legendäre Zitat von Bill Gates: “Ich steuere mein gesamtes Haus mit Windows, und manchmal funktioniert das sogar.”

UMPC – Ultra Mobile PCs
Die allerersten UMPCs kamen zwar bereits 2004 von Sony, so richtig getrieben wurde diese Geräteklasse aber erst ab 2006 von Microsoft und Intel. Die UMPCs besitzen einen fünf bis sieben Zoll großen Touchscreen und zahlreiche Schnittstellen, etwa für eine PC-Tastatur oder eine Maus. In einigen Modellen kommen Webcams und GPS-Module inklusive Navigationssoftware zum Einsatz. In den ersten Modellserien im Jahr 2006 kamen Linux oder Windows XP als Betriebssystem zum Einsatz, später wurde auf Windows Vista gesetzt. Die UMPCs waren als Alternative zu Notebooks gedacht – und floppten ganz entsetzlich.

Meine Meinung: Ideal wären die UMPCs zu diesem Zeitpunkt in Autos als Navi-Info-Entertainment-Center gewesen, als die ersten Doppel-DIN Schächte bei manchen Fahrzeugen Standard wurden. Microsoft hätte sich im Unterhaltungsbereich für Automobile einen Namen machen und seine MSN Dienste entsprechend positionieren können. Das hätte mehr Sinn ergeben. Letztlich wäre diese Geräteklasse im breiten Markt aber mit dem Smartphone-Boom ohnehin zum Tode verurteilt gewesen.

Zune Player
Microsoft merkte erst fünf Jahre nach dem iPod, dass man mit MP3-Playern und dazugehörigem Online-Store Geld verdienen kann. Das war 2006 für den Zune-Player bereits zu spät. Die Anteile am Markt waren verschwindend gering. Microsofts Zune kämpfte vergeblich, die iPod-Übermacht war erdrückend und es gab zudem noch günstigere Alternativen mit ähnlichem Angebot. 2011 wurde Zune eingemottet. Die Zune-Abteilung wurde nach Schließung der Entwicklungsabteilung für Windows Phone 7 zugeteilt, was man dessen Oberfläche später deutlich anmerken sollte.

Meine Meinung: Hier wurde zwar Mut zu Neuem gezeigt, doch der Trend war längst verschlafen worden, der Markt war besetzt. Auch wenn der Zune-HD Player ein wirklich gutes Gerät war, die Zeit war längst vorbei.

Das Courier-Booklet Tablet
Als im Jahr 2008 die ersten Informationen zu Courier aufkamen, war ich quasi von der ersten Sekunde an ein glühender Fan. An diesem unglaublich innovativen und wegweisenden Gerät bastelte Microsoft sehr lange. Mit dem “Courier” getauften Gerät wollten die Entwickler aus Redmond eine völlig neue Geräteklasse etablieren.
Das handliche Gerät war nicht wesentlich größer als ein DIN-A5 Heft und war technisch eine Mischung aus Netbook und Tablet. Es besaß zwei Touchscreens und ließ sich per Stick oder Finger bedienen. Eine 3 Megapixel-Kamera mit Zoom-Objektiv besaß das Courier-Booklet ebenfalls. Es gab außerdem die Möglichkeit, den verbauten Akku kabellos per Induktion aufzuladen, wie man es z. B. von diversen Lumia Smartphones kennt. Das Courier-Booklet war Hightech pur. Verschiedene Funktionen, die der Stift in Verbindung mit der Software beherrschte, finden sich heute z.B. in OneNote wieder.

Dieses Booklet mit Tablet-typischen Funktion war in seiner Handhabung das absolut natürlichste Gadget, was es bis heute gab. Es konnten Seiten oder Karteireiter völlig natürlich durchgeblättert werden, man konnte Notizen mit dem Stift schreiben oder eBooks lesen, als wäre es ein richtiges Buch. Die Funktionsvielfalt war immens. Courier kam jedoch über den Status eines Prototypen niemals hinaus und Microsoft beendete das Projekt 2010 endgültig.

Meine Meinung: Mit etwas mehr Zuversicht in die eigene Entwicklung und Mut, es voranzutreiben, hätte Courier DAS Tablet schlechthin werden können. Es unterstützte die natürlichsten Handhabungen des Menschen, es hätte keine großen Umgewöhnung von Papier auf Booklet-Tablet gegeben. Und das noch vor dem iPad! Wenn man bedenkt, wie dünn und leicht Displays heute sind, möchte ich mir gar nicht ausmalen, wie geil (Verzeihung) das Courier als v.3.0 geworden wäre.

Fazit:
Wie Ihr seht: An frischen Ideen hat es im Hause Microsoft tatsächlich noch nie gemangelt. Man hatte jedoch sehr oft ein katastrophales Timing, entweder kam man viel zu früh oder viel zu spät. Und last but not least fehlte es an der Fähigkeit, den Leuten die Nützlichkeit rüber zu bringen und den “Haben wollen”-Effekt auszulösen. Das scheint sich unter dem neuen Chef Satya Nadella in der Tat langsam aber sicher zu verbessern. Wer weiß, vielleicht sehen wir ja eines Tages tatsächlich ein Produkt, das völlig neu ist, um das sich die ganze Welt reißt – und auf dem das Microsoft-Logo prangt. HoloLens könnte der erste Anwärter darauf sein.

Über den Autor

Dirk Ruhl

Dirk Ruhl

Microsofts Fliesenwelt ist mein Zuhause, egal ob Windows 10 auf Desktop, Tablet, Phone oder Xbox One...es muss kacheln. Der schönste Urlaubsort für mich wären die Microsoft Research Labs. Ich danke meiner Familie und meinem Arbeitgeber, ohne deren Unterstützung könnte ich mein Hobby nicht leben!

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