Die Probleme von Stadia sind aber schon weitreichender als nur das Geschäftsmodell, selbst wenn man das wohlwollend noch als erweiterte Beta betrachtet und die Tatsache, dass Stadia Base erst 2020 startet, im Hinterkopf behält. Von mir aus kann man auch noch über fehlende Features hinweg sehen, die jetzt in den kommenden Wochen und Monaten noch nachgeliefert werden sollen, auch wenn das den ersten Eindruck ins Bodenlose zieht. Von mir aus kann man auch noch die gewissen Ärgernisse hinweg sehen, dass der Controller kratzempfindlich ist (Stichwort "The Claw") oder die Founder´s Edition bei vielen nicht rechtzeitig ankam.
Was aber nicht geht und was man ernst nehmen muss, sind solche Geschichten wie mit dem Chromecast Ultra. Dass er zu starker Wärmeentwicklung neigt und dass bei Stadia sehr große Datenmassen anfallen, die der Chromecast stemmen muss, das muss Google gewusst haben, zumal sie ohnehin das Jonglieren mit extrem großen Datenmengen gewohnt sind. Wenn das Ding dann so heiß wird, wird das unter Umständen nicht nur ärgerlich, weil er über die Wupper geht, sondern auch gefährlich, weil Elektronik da vielleicht auch mal gut durchgegrillt wird. Man darf ja durchaus wegen dem neuen Produkt Feuer und Flamme sein, aber das muss in der Folge nun nicht unbedingt für die eigene Wohnung gelten.
Ob es Microsoft tatsächlich am Ende besser macht, sei mal dahingestellt. Aber bei Google bekommt man schon den Eindruck, dass sie die Aufgabe technisch wie logistisch gnadenlos unterschätzt und den Launch von Stadia Pro v.a. wegen dem anstehenden Black Friday und er ertragsreichen Vorweihnachtszeit übers Knie gebrochen haben. Es wäre einfach besser gewesen, sie hätten es auch in der Kommunikation anders aufgezogen und sich lieber mehr Zeit gelassen, wenn zumindest sicherheitstechnisch wie bei den Chromecast ein gewisses Level noch nicht sichergestellt werden kann.
Das große Fragezeichen bleibt außerdem YouTube, was Stadia ja zusätzlichen Schub liefern soll. Es gibt immer noch eine lebendige Gamingszene auf der Plattform, aber das sind eben zu großen Teilen Commentaries, zusammengeschnittene Highlights (von Twitch), Tutorials, Analysen, Reactions und eher journalistische Angebote. Was YouTube da aber bräuchte, sind Let´s Player und - vor allem - Streamer. LPs rentieren sich schon seit Jahren nicht mehr und sind, wenn sie noch stattfinden, eher Beigabe. Sie werden aber immer seltener. Was Streams angeht, hat YouTube durchaus Kanäle, die mal zwischen 40.000 und 60.000 Zuschauer parallel schaffen. Das ist halbwegs durchschnittliches Twitch-Niveau. Allerdings ist da auch viel eSports dabei und gerade in unseren Breiten, wenn ich mal nur Deutschland nehme, streamen nur wenige "Größere" wie Arazhul, Sephiron oder die Pixelhelden (teilweise) über YouTube (und groß ist da schon sehr weit gedehnt). Die ganz, ganz, ganz, ganz, ganz große Mehrheit ist immer noch bei Twitch, und Google nimmt ach international nicht wirklich Geld in die Hand, um YouTube für Gamer wieder attraktiver zu machen bzw. wie Microsoft Persönlichkeiten für Stadia und YouTube zu binden.
Muss man sehen, was bei rumkommt. Jedenfalls wartet noch tonnenweise Arbeit auf Google, um diesen Katastrophenstart noch zu drehen.