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Windows 10 und die Universal Apps – zwei Workflows im Vergleich

Ein Gastbeitrag von Kevin Kozuszek.
Mitte 2015 hat Microsoft mit Windows 10 nach mehrmonatiger Betaphase endlich den jüngsten Spross seiner Betriebssystemreihe veröffentlicht. Mit der neuen Generation wurden dabei nicht nur etliche alten Vorgehensweisen über Bord geworfen und durch neue Ideen wie die Insiderprogramme ersetzt, sondern auch die üblichen Themen, die bei jeder neuen Windows-Generation hohe Wellen geschlagen haben, kamen wieder auf.

Neben dem Datenschutz kam bei Windows 10 auch ein Thema wieder auf, was bei Windows 8 schon kritisiert wurde: Warum braucht man Apps auf dem Desktop und wozu sind diese funktionskastrierten Dinger bitte nützlich?

Das ist eigentlich eine gute Frage, und da sich Viele von euch nach meinen letzten beiden Artikeln, wo es bei mir doch sehr stark um Linux ging, gewünscht haben, dass der Bezug zu Windows wieder mehr ins Zentrum gerückt werden soll, will ich diese Frage auch mal näher erörtern.

Damit das aber nicht in einen langen philosophischen Monolog ausartet, habe ich Tobias Wrzal vom YouTube-Kanal Tech Impact gefragt, ob ich seinen Workflow, der in seinen Videos eigentlich sehr gut durchkommt, mit meinem in diesem Gastartikel vergleichen und auch Videos von ihm als Beispiele heranziehen darf.

Tobias stammt selber aus der Microsoft-Community und hatte vor einigen Jahren zusammen mit anderen Mitstreitern Tech Impact als Microsoft-Blog gegründet. Mittlerweile ist er ein Stück weit von Microsoft abgerückt und auch seine Arbeitsweise hat sich in vielen Bereichen verändert.

Während ich in einem größeren Umfang die Universal Apps sinnvoll in meinen Arbeitsalltag integriert habe, benutzt er eine Mischung aus klassischen Windows-Programmen und Webapps, die er mit Google Chrome verwaltet. Damit ihr euch ein besseres Bild davon machen könnt, wie sich sein Setup verändert hat, solltet ihr die Videos “What’s On My PC?” vom August 2014 und März 2016 gesehen haben, bevor ihr weiterlest. Darin werden die Unterschiede und seine Gründe schon recht deutlich.

Warum Microsoft, Windows 10 und Apps?

Dass ich nichts von den ideologischen Grabenkämpfen der einzelnen Lager halte und mir ungern irgendwelche Ketten anlegen lasse, hatte ich in meinen vergangenen Artikeln ja schon angedeutet. Tatsache ist aber auch, dass ich definitiv ein großer Freund von Microsoft und seinem Ökosystem bin und bei mir Dinge wie Office, Windows oder Outlook.com einfach zum persönlichen Standard gehören.

Man hat es mit Redmond zwar nicht immer leicht und möchte ihnen für diverse Aktionen manchmal mit Vorliebe und Anlauf in den virtuellen Hintern treten, aber im Großen und Ganzen bin ich mit Microsoft und seinen Produkten einfach extrem zufrieden und fühle mich bei ihnen auch wohl und gut aufgehoben, was mir auch ein Stück Sicherheit und Stabilität zurückgibt. Das gehört auch zu den Punkten, die mir in diesem Fall besonders wichtig sind.

Dass ich Windows 10 wirklich lieben gelernt habe, hat auch mit den Universal Apps zu tun. Sie bieten mir einen guten Mittelweg zwischen einer klassischen Windows-Software, deren Funktionsumfang mir für manche Zwecke einfach zu wuchtig wäre, und einer Webapp, mit der für mich teilweise zu viele Kompetenzen an den Browser übergehen. Außerdem schätze ich an ihnen, dass sie wirklich ohne Drittanbieter in eigenen Fenstern laufen und damit gleichberechtigt neben klassischen Programmen verwendet werden können. Das war auch einer der zentralen Gründe, weswegen ich das Upgrade auf Windows 8 bzw. 8.1 nicht gemacht habe.

Universal Apps

Die Gebiete, wo die Universal Apps bei mir zum Einsatz kommen, sind vielseitig. Einer der wichtigsten Bereiche ist dabei das Streaming. Mit dem Upgrade von Windows 7 auf Windows 10 hatte ich mir das Ziel gesetzt, den nativen Flash Player binnen eines Jahres abzuschaffen. Die besten Möglichkeiten bieten hier natürlich HTML5 und der HLS-Support in Microsoft Edge. Allerdings hätte ich mit HTML5 alleine zu viel verloren und HLS wird nach meinem jetzigen Kenntnisstand nur von Apple, Twitch und NHK World wirklich unterstützt.

Abhilfe haben hier die Universal Apps geschaffen, von denen mit Unstream, Clipfish und Crunchyroll immer noch drei im Einsatz sind. Zwischenzeitlich habe ich aber auch einige Apps, darunter Meine Mediatheken, wieder deinstalliert und deren Aufgaben zu Google Chrome verlagert. Das hatte einfach den Grund, dass ich das Ganze stärker bündeln wollte und ich teilweise mit der Usability bei den Apps dann doch nicht zufrieden war.

Ein weiteres Aufgabengebiet sind die ganz normalen Alltagsgeschichten. Neben den Apps von Facebook und Twitter, die ich hauptsächlich wegen der Notifications verwende, gehören dazu auch OneDrive und Todoist. Im Bereich der Nachrichtenversorgung nutze ich neben MSN Nachrichten auch Eurosport, Baconit und The Weather Channel recht intensiv. Dazu kommt noch die eine oder andere Systemapp, darunter Karten, Groove Music oder Mail und Kalender, die ich zumindest gelegentlich verwende.

Natürlich gab es auch ein paar Fälle, wo ich von den Universal Apps wieder hin zu den klassischen Win32-Programmen gegangen bin. Neben dem Beispiel mit Google Chrome betraf das vor allem die Audioinhalte. Mir reicht Groove Music für meine lokale Musiksammlung zwar aus, aber für Podcasts und Musikstreaming bleiben MusicBee und Spotify meine bevorzugten Programme. Ich hatte verschiedene Apps angetestet, darunter Audiocloud, Deezer und Grover Podcast, aber wirklich überzeugen konnten sie mich nicht.

Fazit

Nachdem ich in den vergangenen Monaten wirklich viel experimentiert habe, kann ich zumindest für mich sagen, dass die Universal Apps auf dem Desktop ihre Berechtigung haben. Sie sind zwar keine klassischen Win32-Programme, aber in vielen Bereichen bieten sie mir einen sinnvollen Mittelweg und haben vor allem den klassischen OpenSource-Sektor, der bei mir unter Windows 7 noch dominierte, in einigen Punkten verdrängt.

Neben der Tatsache, dass sie mittlerweile in Fenstern laufen, bleibt so auch der klassische Desktop als zentrales Drehkreuz für mich erhalten.

Die eigentliche Frage lautet für mich nicht, ob sie auf dem Desktop ihre Berechtigung haben, sondern welche Rolle sie dort in Zukunft spielen werden. Aktuell hat sich die Versorgung mit neuen Apps nach meiner Erfahrung trotz einiger Abgänge zwar deutlich verbessert, aber qualitativ hinken viele Apps ihren Möglichkeiten noch weit hinterher.

Zwischen vielen schlechten Apps muss man freiwillig Zeit investieren, um die wirklich guten zu finden und zu schauen, ob sie sich in die eigene Arbeitsweise sinnvoll integrieren lassen. Die Zeit möchten sich viele Nutzer aber nicht nehmen, sondern ihr System einfach nutzen. Microsoft sollte hier auch in Sachen Marketing, was leider nicht ihre Stärke ist, deutlich mehr investieren und qualitativ gute Apps stärker hervorheben.

Hinzu kommen aber noch allgemeine Entwicklungen der letzten Zeit. Während die Universal Apps im mobilen Bereich dank Continuum ihre Chance haben werden, bringt Microsoft auf dem Desktop mit Project Centennial einen Ansatz voran, welcher die klassischen Win32-Apps in den Store bringen wird. Wenn sich erstmal eine größere Zahl an klassischen Programmen im Store findet, wird es gerade im Übergangsbereich mit den Laptops und Convertibles darauf ankommen, welche Variante z.B. von Word oder OneNote der Nutzer wirklich bevorzugt.

Deswegen wird es auch immer wichtiger werden, dass die Universal Apps relativ zügig mit einem größeren Funktionsumfang ausgestattet werden. Rechnet man dann noch hinzu, dass sie zumindest auf dem Desktop in einigen Bereich überflüssig werden könnten, relativiert sich ihr Sinn doch wieder. Ein gutes Beispiel ist auch hier wieder Streaming, weil hier gerade in der 2. Jahreshälfte 2016 durch Safari, Chrome und Firefox der Druck auf die Seitenbetreiber, Flash endlich abzuschaffen, nochmal deutlich größer werden wird.

Letzten Endes ist es also eine Frage der eigenen Arbeitsweise, ob die Apps für einen selbst einen Mehrwert bieten. Grundsätzlich sollte man sie aber nicht in Frage stellen.

Auch die Variante, die Tobias bevorzugt, hat ihre Berechtigung und teilweise habe auch ich mich in diese Richtung entwickelt, aber eine Konzentration, wie er sie umsetzt, geht mir persönlich doch zu weit. Windows 10 ist für mich ein Betriebssystem, was mir gegenüber Windows 7 viele neue Möglichkeiten bietet und die ich auch gerne ausreize.

Wenn ich für die Zeit nach dem Anniversary Update einige Wünsche formulieren müsste, dann sollten mehr Win32-Apps an das Action Center andocken, Cortana auch auf iOS und Android endlich in Deutschland verfügbar werden und weitere Apps z.B. für Mixcloud, Simplenote und Instagram nachrücken. Ansonsten ist und bleibt es aber eine Frage des eigenen Workflows, ob die Apps für einen selbst Sinn machen oder nicht.

Die beiden vorherigen Gastartikel von Kevin auf Dr. Windows findet Ihr hier:

Ubuntu und die Konvergenz – das Gegenstück zu Continuum?

Windows oder Linux – Innovation und Moderne im Reich des Pinguins

Über den Autor

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