Review: Spiel, Arbeit und Unterhaltung mit dem Surface – Teil 1: Die Hardware
Nun also zu meinem – um gleich mit dem Fazit zu beginnen – neuen Lieblings-Mobildevice.
Ich habe mich entschlossen, das Review in zwei Teile zu splitten. So bekommt Ihr schneller etwas zu lesen und braucht nicht so viel Kondition auf einmal. Im heutigen ersten Teil geht es nur um die Hardware, im zweiten Teil widme ich mich dann dem System selbst.
Verarbeitungsqualität, Haptik
Vermutlich habt Ihr schon andere Reviews gelesen oder von Surfaces gehört, die aus fahrenden Autos fielen oder von solchen überrollt wurden, ohne dabei ernsthaft Schaden zu nehmen. Ihr werdet bezüglich der Verarbeitungsqualität und der gefühlten Wertigkeit von mir jetzt auch kein anderes Urteil hören. Wo man das Surface auch anfasst, was immer man auch damit macht – nie kommen irgendwelche Zweifel auf, dass man hier ein hochwertiges, extrem robustes und qualitativ einwandfreies Gerät in den Fingern hat. Ich würde ja gerne irgendeinen kleinen Alibi-Mangel aufzählen, damit sich das nicht ganz so nach euphorischem Fanboy-Gequatsche anhört – aber es gibt ihn einfach nicht. Die Widerstandsfähigkeit gegen Stürze, Kratzfestigkeit des Displays und andere Unfälle werde ich allerdings nicht für Euch testen, so weit geht die Liebe dann doch nicht…
Größe und Gewicht
Nicht nur, weil es sich quasi aufzwingt, sondern weil ich selbst ein iPad der dritten Generation besitze, kann ich in Bezug auf Größe und Gewicht einen direkten Vergleich ziehen.
Aufgrund des 16:9 Formats ist das Surface etwas breiter, dafür aber auch etwas niedriger als das iPad. Beide Geräte sind ziemlich exakt gleich dick, und dennoch wirkt das Surface in der Hand deutlich mächtiger, was an seinen harten Kanten liegt, während sich das iPad aufgrund seiner Kissenform deutlich flacher anfühlt. Auch der gefühlte Gewichtsunterschied ist deutlich größer, als es die rund 25 Gramm, die das Surface schwerer ist als das iPad, eigentlich erwarten lassen.
Im direkten Vergleich schneidet das iPad hier also besser ab – für sich alleine genommen fühlt sich das Surface aber dennoch weder klobig noch schwer an.
Die nackten Daten hierzu (in Klammern die Werte des iPad 3):
Maße: 27,46 x 17,20 x 0,94 cm (24,12 x 18,57 x 0,94 cm)
Gewicht: ca. 680 Gramm (652 g)
Die Kameras
Das Surface verfügt auf Vorder- und Rückseite über eine Kamera. Bei der rückseitigen Kamera haben sich die Entwickler etwas Pfiffiges einfallen lassen: Sie ist nämlich schräg eingebaut und „schielt“ nach oben. Somit muss man das Surface nicht senkrecht auf Augenhöhe halten, sondern kann Bilder aus der natürlichen Haltung heraus aufnehmen. Das ändert allerdings nichts daran, dass die mit dem Surface aufgenommenen Bilder mit einem Wort zu beschreiben sind: Unbrauchbar. Die Qualität der Fotos ist – man kann das wirklich nicht diplomatischer ausdrücken – eine Frechheit.
Durch ein dummes Missgeschick sind mir meine Vergleichsaufnahmen zwischen dem Surface und dem iPad verloren gegangen – alles, was ich noch retten konnte, ist ein Foto, welches ich sowohl mit dem HTC 8X als auch mit dem Surface aufgenommen habe.
Oben das Foto vom 8X, darunter das Surface (und das ist noch eine der besseren Aufnahmen).
Nun darf man ruhig darüber diskutieren, wie gut denn die Fotos bei einem solchen Gerät überhaupt sein müssen – mir persönlich ist es zum Beispiel völlig egal. Ich lache immer in mich hinein, wenn ich Leute auf der Straße das iPad zücken und damit fotografieren sehe – das sieht einfach albern aus. Aber warum tun die Leute das? Nicht, weil sie in der Öffentlichkeit mit ihrem Gadget prahlen wollen, sondern weil das iPad einfach tolle Fotos macht.
Wer auf die Qualität der Kamera gesteigerten Wert legt, für den kommt das Surface leider nicht in Frage. Völlig unverständlich für mich, dass hier so ein Schrott verbaut wurde.
Akkulaufzeit
Irgendwelche Labor-Ergebnisse oder künstliche Rundown-Tests dürft ihr an dieser Stelle nicht von mir erwarten, dafür aber erlebte Praxis. Wer ein Gerät sucht, dass er morgens vollgeladen in die Tasche stecken und den ganzen Tag über benutzen kann, um dann am Abend immer noch genügend Saft für eine Surf-Tour oder ein Spielchen auf der Couch zu haben – bitte sehr, hier ist das Surface.
Nach einem durchschnittlichen mobilen Arbeitstag mit Surfen, Mailen, Skypen, Office-Nutzung, zwischendurch einem Spielchen und auch der einen oder anderen Pause ist der Akku gerade mal zur Hälfte erschöpft. Was den Stromverbrauch im Standby angeht, habe ich zwei extreme Gegensätze erlebt. Bis zu zwei Wochen soll das Surface ja laut Microsoft schlafend verbringen, dabei aber z.B. immer noch Mails empfangen können. Ich habe das zwei Mal beobachtet: Im ersten Versuch büßte das Surface zwischen 23 Uhr abends und 7 Uhr morgens gerade mal zwei Prozent Kapazität ein. Das ergibt hochgerechnet fast 17 Tage und deckt sich also mit der offiziellen Angabe. Beim zweiten Mal zog ich den Ladestecker gegen Mitternacht, und gegen 7:30 Uhr zeigte der Akku gerade mal noch einen Füllstand von 89 Prozent. Ich habe keine Ahnung, was da in der Nacht passiert ist, werde das aber mal weiter beobachten und berichten, wenn mir etwas auffällt.
Type Cover hui, Touch Cover pfui
Bekanntermaßen kann man zum Surface zwei unterschiedliche Tastaturen erwerben: Das Type-Cover mit richtigen Tasten und das Touch-Cover ohne haptisches Feedback. Beide sind mit dem gleichen, aus den Werbespots bestens bekannten Andock-Mechanismus ausgestattet – und der funktioniert tatsächlich so perfekt, wie das dort dargestellt wird. Es genügt, Surface und Tastatur nur ungefähr aufeinander zu zu bewegen, schon schnappen sie wie von Zauberhand zusammen. Man erwischt sich öfter dabei, dass man das nur so zum Spaß macht…
Beim Zu- und Aufklappen der Tastatur schaltet das Surface in den Standby-Modus und wieder zurück, schlägt man sie nach hinten um, wird sie deaktiviert. Das funktioniert absolut zuverlässig. Bis hierhin also noch keine wesentlichen Unterschiede – beim Schreiben liegen dann aber Welten zwischen Touch- und Type-Cover.
Fangen wir mit dem Touch Cover an: Es funktioniert, und das sogar erstaunlich gut. Nach kurzem Training weiß man, dass man die (nicht vorhandenen) Tasten doch etwas anschlagen muss – als Gegenleistung dafür kommt es nur ganz selten zu ungewollten Schreibfehlern, wenn man mit dem Finger über einen der Buchstaben wischt. Möglicherweise fiele mein Urteil über das Schreiberlebnis mit dem Touch Cover besser aus, wenn ich nicht auch das Type Cover ausprobiert hätte. Der eigentliche Grund aber, warum das Touch Cover von mir ein „pfui“ bekommt, ist dessen aufgrund der rauen Oberfläche hohe Anfälligkeit für Verschmutzungen und die Tatsache, dass ich von dem Problem mit den platzenden Nähten betroffen bin. Außerdem ist der Preis von 120 Euro einfach überzogen, egal wie viel Hightech darin stecken mag. Nochmal würde ich es für dieses Geld nicht kaufen, maximal die Hälfte wäre ich bereit zu zahlen.
Das Type Cover kostet 130 Euro, also nur zehn Euro mehr – das ist eigentlich ein Witz, denn der gefühlte Unterschied beträgt 100 Prozent. Der Preis ist ganz sicher genau so grenzwertig, aber diese Anschaffung habe ich nicht bereut. Qualitativ nimmt es das Type Cover mit hochwertigen Zubehör-Tastaturen ganz locker auf und es macht großen Spaß, damit zu tippen. Kritisch ist bei derartigen Teilen die Langlebigkeit zu sehen, darüber kann es zu diesem Zeitpunkt natürlich noch keine Aussage machen.
Wer aktuell vor der Anschaffung des Surface steht und damit auch nur gelegentlich längere Texte schreiben wird, dem lege ich ganz klar das Type Cover ans Herz. Die zusätzlichen drei Millimeter machen den Kohl – Verzeihung, das Surface – auch nicht fett. Nur wenn das Type Cover nach hinten umgeschlagen ist, empfindet man es als störend, dauernd unwillkürlich auf den Tasten zu klimpern. Es passiert zwar nichts, aber es fühlt sich halt seltsam an. Im reinen Tablet-Betrieb nimmt man die Tastatur – egal welche – aber sowieso besser ab. Fühlt sich besser an und man hat wieder einen Grund, es klicken zu lassen.
Ein letzter Satz noch zum Touch Cover: Ich habe schon von mehreren Leuten gehört, dass sie überrascht waren, weil sie eigentlich dachten, es sei flexibel. Ist es aber nicht – es ist steif wie ein Brett. Das nur als ergänzende Info.
Kickstand
Das Surface verfügt auf der Rückseite über einen ausklappbaren Ständer, mit dem es hingestellt werden kann. Das funktioniert nicht nur auf einer harten, glatten Oberfläche, sondern auch im Hotelbett mit dem Gerät auf dem Schoß (wie jetzt gerade). Wenn man es als Nachteil betrachten möchte, dass sich der Ständer nur in einem fixen Winkel verwenden lässt, dann ist das einer. Mich hat das bislang nicht gestört, man sitzt ja doch meist direkt davor. An einem Stehtisch wird das zum Beispiel aber je nach Körpergröße durchaus zum Problem, ich mit meinen 1,87 m muss da schon einen kleinen Buckel machen. Das Zuklapp-Geräusch macht ebenso süchtig wie das Andocken der Tastatur. Hoffentlich haben die Ingenieure bei der Berechnung der Haltbarkeit berücksichtigt, dass die Mechanik mindestens doppelt so oft genutzt wird, als es eigentlich nötig wäre…
Display
Nimmt man die technischen Daten des Surface her, dann wirkt das Display des Surface schon fast museumsreif: 1366 x 768 Pixel bei einer Größe von 10,6 Zoll, das macht eine Pixeldichte von gerade mal 148 ppi. Mal wieder zum Vergleich das iPad 3: 2048 x 1536 Pixel bei 9,7 Zoll (264 ppi).
Eigentlich selbstredend, wer hier das bessere Display hat – aber genau deshalb muss man dann doch ein paar Worte darüber verlieren. Es ist ziemlich schwierig, Euch hier etwas zu erzählen, was Ihr nicht sehen könnt, daher beschränke ich mich auf das Nötigste: Natürlich punktet das iPad bei wirklich hochauflösendem Material, welches das Retina-Display voll ausreizt. Die Frage ist nur: Wann hat man es in der Praxis damit wirklich zu tun?
Zoomt man den Text in einem Dokument oder auf einer Internetseite auf die maximale Größe, so ist die Darstellung auf dem iPad ebenfalls besser – hier reden wir aber schon über Nuancen. Wenig ppi hin oder her, das Display des Surface ist erstklassig und lässt soweit keine Wünsche offen. In der ganz normalen täglichen Anwendung spürt man keinerlei Unterschiede – die findet man erst, wenn man danach sucht.
Sound
Von Lautsprechern, die in kleinen flachen Geräten verbaut werden, darf man grundsätzlich nicht viel erwarten. Das Testergebnis könnte in diesem Fall also lauten: Hört man mit dem Surface Musik oder schaut einen Film, dann kommt aus den Lautsprechern links und rechts der Ton raus. Und der klingt so, wie er in kleinen und flachen Geräten halt klingt: Es fehlt die Resonanz
Ihr ahnt es bereits: Wir greifen wieder zum iPad, um die Unterschiede heraus zu arbeiten.
Unterschied Nummer 1: Das iPad hat nur einen Lautsprecher, hier gibt es also nur Mono-Sound. Dafür klingt es aber unter dem Strich doch etwas voluminöser, und das iPad erzeugt bei voller Lautstärke etwas mehr Schalldruck.
Schließt man einen Kopfhörer an (in meinem Fall war es einer von AKG), dann dreht sich das allerdings komplett um. Während beim Surface die Trommelfelle bei voller Dröhnung in der Mitte des Kopfes rhythmisch aneinander schlagen, würde man beim iPad die Frage ‚Darf es noch etwas mehr sein?‘ mit einem klaren Ja beantworten – hier fehlt es im direkten Vergleich an Leistung. Und auch das Klangbild ist beim Surface satter, ausgewogener – in dieser Disziplin siegt also Microsoft.
So viel in aller Kürze….wow, ist ja dann doch ein ganz schönes Brett geworden.
Im zweiten Teil werde ich mich dann intensiv dem Software- und App-Erlebnis widmen.
Aber rechnet nicht allzu bald damit – ich will mich und das Surface ganz bewusst über einen längeren Zeitraum beobachten und nicht eilig ein Review zusammen zimmern.
Dieser Text hier ist über einen Zeitraum von rund zwei Wochen entstanden und ‚gereift‘. Etwaige Zeitsprünge also bitte einfach ignorieren.
tl;dr? Pech gehabt, das ist nicht mein Problem…
Thema:
- Hardware
Über den Autor
Martin Geuß
Ich bin Martin Geuß, und wie unschwer zu erkennen ist, fühle ich mich in der Windows-Welt zu Hause. Seit mehr als 17 Jahren lasse ich die Welt an dem teilhaben, was mir zu Windows und anderen Microsoft-Produkten durch den Kopf geht, und manchmal ist das sogar interessant. Das wichtigste Motto meiner Arbeit lautet: Von mir - für Euch!