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Google: Wenn Pannen-Paule dreimal klingelt

Google gehört bekanntlich zu den ganz besonders ambitionierten Unternehmen im Silicon Valley. In vielen Bereichen sonnt man sich im warmen Schein der Marktführerschaft, nimmt eigene Unzulänglichkeiten bei den eigenen Produkten wie Android oft nicht allzu ernst und zeigt dann sehr oft auch noch gerne mit dem eigenen Finger auf andere. Wir aus der Microsoft-Community kennen das aus der Vergangenheit ja nur zu gut, besonders wenn mal wieder auf eine Sicherheitslücke in Windows aufmerksam gemacht wird.

Dass man auch in Mountain View nur mit Wasser kocht, beweist Google in den letzten Tagen mit (augenscheinlich) wachsender Begeisterung. Besonders drei Vorkommnisse wirken dabei wie ein Fall aus dem Kuriositätenkabinett und sorgen beim einen für nen ziemlichen Lachanfall, beim anderen für verständlichen Frust.

Der Messenger-Masterplan
Wisst ihr, wie viele Messenger Google mittlerweile eigentlich betreibt? Zählen wir mal zusammen: Hangouts, Allo, Duo, Android Messages, YouTube Messenger, Hangouts Chat, Hangouts Meet und der Supersonic Fun Voice Messenger aus dem Inkubator Area 120. Wenn man Letzteren mal gesondert betrachtet (Area 120 ist vergleichbar mit der Microsoft Garage), sind es aktuell immerhin 7 Messenger, die offiziell vom Suchmaschinenriesen betrieben werden. Microsoft hält es da ja mit Skype, Skype for Business und GroupMe noch übersichtlich. Man könnte also meinen, Google hat keinen wirklichen Plan und eiert nur so herum.

“Doch, haben wir!”, sagte zumindest Brenden Mulligan, einer von Googles Produktmanagern, auf Twitter und postete dabei besagtes Bild. Letztlich hat die Strategie nur zwei winzig kleine Haken. Allo und Duo sind selbst in der Google-Community in etwa so beliebt wie Fußpilz und beide gerade erst aus den Charts der beliebtesten Apps unter Android geflogen. Besonders Allo wurde für die neuen Features, die die bisherigen Updates brachten, teilweise ziemlich heftig kritisiert. Google will es besser machen und plant eine Webversion als ersten Schritt, aber der Zug, WhatsApp Feuer unterm Hintern zu machen, ist definitiv abgefahren. Weitere Details lest ihr im GWB.

Die Sache mit der grünen Tonne
Wenn es bei Android um Aktualisierungen auf neue Hauptversionen geht, sind seine Nutzer ja schon manchen Kummer gewohnt. Entweder kommen die Updates nie, nur ab und an zur Sicherheitskorrektur oder sehr viele Monate später, wenn man das passende Gerät hat. Google war hier ja mit seiner Nexus-Reihe immer noch selber relativ vorbildlich und hat seine eigenen Geräte zeitnah im Garantiezeitraum mit Updates versorgt. Es sei denn, das Gerät ist ein Nexus 6…

Ursprünglich sollte das Smartphone schon lange sein finales Update auf Android 7.1.1 bekommen und die Nutzer mussten darauf schon mehrere Monate warten. Jetzt ist klar: Das Update kommt!… als Downgrade auf Android 7.0… Mittlerweile hat Google verkündet, dass Android 7.1.1 für das Nexus 6 zurückgezogen wurde. Was die Sache umso bitterer macht, ist die Tatsache, dass bei Android eigentlich keine Downgrades so vorgesehen sind. Besitzer eines Nexus 6 müssen entsprechend damit rechnen, dass ihr Telefon ersma Amok läuft. Aber Google, nett wie es ist, gibt gleich einen Lösungsansatz: Man soll dann bitte ein Hard Reset machen! Was dann mit den gelöschten Daten passiert, die vielleicht dabei flöten gehen, dazu haben sie dann nix gesagt…

Die Cloud, die sich nicht traut
Das jüngste Glanzstück aus dem Zirkus Googleone betrifft dann noch Google Drive. An allen Stellen sind die großen Konzerne ja aktuell dabei, technische Grundlagen zu erneuern. Microsoft macht das mit der UWP-Strategie, Apple wird mit iOS 10.3 sein Dateisystem von HFS+ auf APFS umstellen und Oracle setzt auch immer mehr auf Produkte aus der Datenwolke. Da ist es nicht verwunderlich, dass auch Google zumindest im kleinen Rahmen hier nicht hinterher hinken will.

Aktuell wird/wurde ein Update verteilt, welches den bisherigen Client von Google Drive deinstalliert und durch ein neues Tool namens Backup & Sync ersetzt. Problem? Er funktioniert nicht. Mit dem neuen Client wird die Verbindung zwischen dem eigenen Desktop und Googles Datenwolke damit de facto erstmal zum kaputten Toaster. Um das dann nochmal zu krönen, werden einige Nutzer, wie Caschy schreibt, dann auch noch mit einem netten „This UI is Confidential. Do not leak!“ begrüßt. Wahrscheinlich hat Google hier also eine Testversion für einen Drive-Nachfolger “versehentlich” an die Allgemeinheit gepusht.

Die Moral von der Geschicht
Wir sprechen hier wohlgemerkt von drei Ereignissen, die jetzt innerhalb weniger Tage passiert sind. Als Microsoft-Community fragen wir uns ja öfters mal, wo eigentlich der Sinn für gutes Marketing und Qualitätskontrolle, wenn mal wieder ein Update in die Hose gegangen ist, in Redmond geblieben ist. Beachtet man aber jetzt das, was Google hier abgeliefert hat, muss ich auf der anderen Seite ganz ehrlich sagen, dass ich doch ganz froh bin, meinen Schwerpunkt immer noch im Microsoft-Ökosystem zu haben. Das hat nach meinem Wissensstand nicht mal Microsoft bisher geschafft.

Manchmal ist es dann doch ganz hilfreich, sich einfach mal nen Besen zu schnappen und damit vor der eigenen Haustür zu kehren. Dass auch die Google-nahen Seiten wie der GWB mittlerweile zunehmend kritischere Töne anschlagen, ist da schon ein guter Schritt in die richtige Richtung.

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Über den Autor

Kevin Kozuszek

Kevin Kozuszek

Seit 1999 bin ich Microsoft eng verbunden und habe in diesem Ökosystem meine digitale Heimat gefunden. Bei Dr. Windows halte ich euch seit November 2016 über alle Neuigkeiten auf dem Laufenden, die Microsoft bei seinen Open Source-Projekten und der Entwicklerplattform zu berichten hat. Regelmäßige News zu Mozilla und meinem digitalen Alltag sind auch dabei.

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