Windows 10 S ist das, was ich immer wollte
Ja, ich gehe so ein bisschen auf Provokationskurs. Natürlich kenne ich die Herausforderung. Windows 10 S erlaubt nur Apps aus dem Store, und in dessen gegenwärtigem Zustand ist das weiß Gott kein Pluspunkt. Und wir stehen wieder vor dem selben Problem wie bei Windows Phone. Ohne Nutzer keine Apps, ohne Apps keine Nutzer. Und nur, weil Microsoft UWP jetzt in Richtung Desktop pusht, heißt das nicht, dass die Entwickler auch folgen werden. Da müssen schon gute Gründe her.
Allerdings gibt es in diesem Fall kein Zurück, und Aufgeben ist keine Option. Das Win32 Windows ist seit Jahren kaputt, und mit jedem Tag wird es schlimmer. Ein rückwärtskompatibles Monster, welche so viel alten Ballast mit sich rumschleppt, dass es nicht schnell genug vorwärts kommt. Genau das muss sich ändern, und darum muss der ganze alte Mist raus. Jetzt. Genau das ist der Punkt, an dem die Entwickler-Story ein andere ist als z.B. bei Windows Phone. Es ist die Chance, endlich reinen Tisch zu machen. Und es ist ja keineswegs so, dass man nur für Windows 10 S programmieren muss, man erreicht ja alle Windows 10 Nutzer.
Eigentlich wäre Windows 10 S perfekt für den Business-Einsatz, sobald das Software-Angebot groß genug ist. Ein System, in dem der Anwender keinerlei Unfug anstellen kann, ist der Traum eines jeden Admins. Zumindest in den großen Unternehmen ist der Anteil an steinalter Software allerdings überdurchschnittlich hoch, was einem Wechsel im Wege steht.
Davor, dass Windows 10 S der Standard für Consumer wird, muss niemand Angst haben. Denn das wird entweder eine großartige Sache, oder es wird nicht passieren. Ich störe mich deshalb auch nicht an dem Umstand, dass man den Standardbrowser nicht ändern kann. Denn entweder wird Windows 10 S ein Flop, dann interessiert es niemanden, oder es wird ein großer Erfolg, und dann wird Microsoft das ändern müssen (genau so wie sie sich dann an anderen Stellen öffnen müssen – Stichwort Steam). Spätestens dann, wenn ein alternativer Browser wie Chrome oder Firefox in den Store kommt.
Nur über Googles Leiche, denkt ihr jetzt vielleicht im Bezug auf Chrome. Das sehe ich nicht so. Google ist fies, aber nicht doof. Wenn Windows 10 S eine nennenswerte Nutzerzahl generiert, dann werden sie kommen. Da gehe ich jede Wette. Und das gilt analog für alle anderen. Sollte Windows 10 S tatsächlich im Bildungsbereich Fuß fassen können, dann ist das ein enormer Beschleuniger. Denn nicht nur Microsoft, sondern alle Software-Entwickler wollen bei der kommenden User-Generation einen Stein im Brett haben.
Stand heute würde ich es keine zwei Tage mit Windows 10 S aushalten, ohne den „Notausgang“ über das kostenpflichtige Pro-Upgrade zu nehmen. An dem Punkt habe ich übrigens echte Bedenken – ich fürchte ein wenig, Windows 10 S könnte auf neu ausgelieferten PCs zum Standard werden, bevor die Zeit dafür wirklich reif ist, und dann begreifen es die Nutzer nicht als Chance, sondern als Upgrade-Kostenfalle. Das wäre fatal.
Wenn jedoch das Software-Angebot im Windows Store vielfältig genug wird, dann bin ich sofort dabei. Denn dann bekomme ich ein sicheres Windows, welches nicht vermüllt wird, weil mir Programminstallationen irgendeinen Mist unterschieben, den ich gar nicht haben will, sich quer übers System verteilen und sich nicht mal mehr ordentlich entfernen lassen. Dann bekomme ich ein Windows, das nach zwei Jahren noch genau so rennt wie am ersten Tag. Das ist es, was ich immer wollte – was alle schon immer wollten. Hoffentlich wird’s was.
Thema:
- Windows 10
Über den Autor
Martin Geuß
Ich bin Martin Geuß, und wie unschwer zu erkennen ist, fühle ich mich in der Windows-Welt zu Hause. Seit mehr als 17 Jahren lasse ich die Welt an dem teilhaben, was mir zu Windows und anderen Microsoft-Produkten durch den Kopf geht, und manchmal ist das sogar interessant. Das wichtigste Motto meiner Arbeit lautet: Von mir - für Euch!