Connected e-Roadtrip: E-Raumschiff BMW iX im Test – Teil 2
Im ersten Teil habe ich Euch mitgenommen und die Features vom neuen Festeinbau-Navi mit BMW Operating System 8.0 im BMW iX erklärt. Nun wird es Zeit, raus auf die Straße zu rollen und zu überprüfen, was das Elektroauto BMW iX im Alltag in Sachen Leistung, Reichweite und Ladegeschwindigkeit zu bieten hat.
Es gibt den SUV in drei verschiedenen Versionen. Als Einstieg dient der rund 78.000 Euro teure xDrive 40, welcher einen kleinen Akku mit 76,6 Kilowattstunden Kapazität (nutzbar sind davon 71 kWh) offeriert. Darüber rangieren der xDrive 50 und das Top-Modell M60.
Als Testwagen rollte der mindestens 102.000 Euro teure xDrive 50 zu mir, welcher ebenfalls über zwei E-Motoren verfügt, aber einen Lithium-Ionen-Akku mit einer Kapazität von 111 Kilowattstunden verbaut hat. Von diesen 111 kWh sind 105 Kilowattstunden nutzbar, der Rest dient als Reserve, damit der Akkumulator auch bei 100 Prozent angezeigtem Ladestand nicht ganz voll ist und somit die Akkuzellen geschont werden. Tesla verzichtet übrigens auf die Unterteilung in Brutto- und Nettokapazität, die meisten anderen Autohersteller teilen die verbaute Traktionsbatterie auf. Schließlich gilt auch beim E-Auto-Akku, dass man einen aufladbaren Akku möglichst nie ganz aufladen sollte, um die Zellen zu schonen, sodass die Akkuzellen nicht so schnell altern und länger halten. Eine derartige Empfehlung gilt auch für Laptops, Smartphones, Tablets & Co.
Daten zum BMW iX
- Modell: iX (interner Code: i20),
- Fahrzeugklasse: Oberklasse-SUV,
- Antrieb: 2x E-Motoren von BMW mit 385 kW/523 PS,
- Abmessungen: 4,95 m Länge, 2,23 m Breite (inkl. Außenspiegel), 1,69 m Höhe,
- Radstand: 3 m,
- Kofferraum: 500 Liter, mit umgeklappten Rücksitzen: 1.750 Liter,
- Reifen in der Dimension 275/40 R22 von Bridgestone mit 22-Zoll Aerodynamikfelgen (Sonderausstattung zum Preis von 1.150 Euro extra),
- Akku: Lithium-Ionen-Akku mit 111 kWh (Netto: 105 kWh),
- Basispreis: 102.000 Euro,
- Testwagenpreis: ca. 131.500 Euro
Spaßige Beschleunigung und schlechte Sitze
Auffällig ist, wie sportlich der immerhin fast 2,6 Tonnen schwere, 4,95 m lange, 2,23 m breite und knapp 1,70 m hohe SUV unterwegs ist. Die beiden stromerregten Synchronmotoren leisten zusammen 523 PS und ermöglichen somit den Sprint von 0 auf 100 km/h in unter fünf Sekunden. Als Vmax gibt BMW 200 km/h an. Gerade die immense Beschleunigung macht einfach süchtig.
Schade ist jedoch, dass die Sitze zu den schlechtesten gehören, die es bei BMW gibt. Die Integralsitze erzwingen eine unbequeme Sitzposition, weil die nicht verstellbare Kopfstütze weit nach vorne geneigt ist, sodass man mit gebeugtem Kopf unterwegs ist. Zur bequemeren Sitzposition kann man zwar die Rückenlehne nach hinten verstellen, aber dann fehlt Auflagefläche für Rücken und Schulter. Erschwerend kommt noch hinzu, dass Fahrer- und Beifahrersitz kaum Seitenhalt bieten, lediglich im Sport-Modus packen die Seitenlehnen minimal besser zu, sind aber immer noch weit entfernt von den bequemen Sitzen in einem 5er BMW oder 3er BMW. Im Elektroauto BMW iX würde ich mir Sitze mit individuell einstellbarer Kopfstütze sowie einem weiten Verstellbereich für Seitenwangen, Rückenlehne, Lordosenstütze wünschen. Zudem sollte es eine umfassendere Massagefunktion geben, die nicht nur – wie aktuell beim iX – den oberen Rücken therapieren kann, sondern auch die Lendenwirbel.
Im Fond sind die Sitze im iX leider auch schlechter als in anderen BMW-Modellen. So lassen sich die Kopfstützen der äußeren Rücksitze nicht verstellen oder umklappen und sind somit bei jedem Schulterblick im Weg. Es ist nur ein schwacher Trost, dass die Sitze gegen Aufpreis mit Naturleder bezogen werden, das mit Olivenblattextrakt umweltschonend gegerbt wurde. Wer möchte, kann auch veganes Leder alias Alcantara-Kunstleder bekommen oder man macht es sich auf Stoffsitzen bequem. Schön ist es, dass es keinen Mitteltunnel im Fahrzeug gibt, sodass die Passagiere auf den hinteren Sitzplätzen auch mal ihre Beine ausstrecken können und ein luftiges Raumgefühl entsteht. Zwischen Fahrer- und Beifahrersitz gibt es eine nicht durchgängige Mittelkonsole, die allerdings nutzlos ist, weil alles, was dort abgestellt wird, theoretisch unter die Pedale rutschen könnte. Eine Idee wäre, hier ein Ablagefach einzubauen.
Was verbraucht der BMW iX?
Als Werksangabe wird ein Verbrauch zwischen 19,8 kWh und 20,4 kWh pro 100 km angegeben. Wie üblich wird im WLTP-Messverfahren ohne Klimaanlage gefahren und die Höchstgeschwindigkeit beträgt 130 km/h. Mit diesen Vorgaben sollen die ermittelten Werte möglichst valide sein, also einfach vergleichbar mit anderen Autos. In der realen Welt habe ich im zweiwöchigen Testzeitraum mit aktiver Klimaanlage, eingeschaltetem Licht und Radio folgende Werte erzielt.
- Stadt und Überland mit max. 100 km/h bei Temperaturen um den Gefrierpunkt: 20,4 kWh.
- Stadt und Überland mit max. 100 km/h bei Temperaturen um 15 Grad Celsius: 19,7 kWh.
- Autobahn mit max. 130 km/h bei Temperaturen um 15 Grad Celsius: 21,9 kWh.
- Autobahn mit max. 160 km/h bei Temperaturen um 15 Grad Celsius: 25,5 kWh.
Es zeigt sich, dass durch den Einsatz der serienmäßigen Wärmepumpe die Klimatisierung des Innenraums nur rund 0,7 Kilowattstunden verbraucht. Falls man die Standheizung nutzt, fällt dieser Mehrverbrauch noch etwas niedriger aus. Im Gegensatz zum Mercedes-Benz EQS verfügt der BMW iX ohne Extrakosten immer über eine Wärmepumpe, die die Abwärme vom Akkupaket und Elektromotoren nutzt, um den Innenraum zu klimatisieren, sodass der Klimakompressor nicht so viel arbeiten muss. So leidet die Reichweite auch bei Extremtemperaturen nicht so stark, wie etwa beim Mercedes-Benz EQS.
Wenn es draußen die „Wohlfühltemperatur“ für den Akku zwischen 15 und 25 Grad Celsius hat, dann lässt sich beim BMW iX – in der Stadt – die Werksangabe erreichen, wobei in der Herstellerangabe noch 11 Prozent sogenannte Ladeverluste enthalten sind. Schließlich kommt es auf die Ladesäule an, wie viel des Stroms über das Ladekabel tatsächlich beim E-Auto ankommen.
Auf die kleinen Details kommt’s an
Im Gegensatz zum Audi e-tron S Sportback, den ich im November 2021 getestet habe, zeigt sich, dass der BMW iX deutlich effizienter zu Werke geht und letztlich auch weiter kommt. Bei „Wohlfühltemperatur“ hatte der Audi e-tron S Sportback einen Verbrauch von 25 kWh, um den Gefrierpunkt waren es in der Stadt rund 30 kWh. Von diesen Werten ist der BMW weit entfernt. Das der iX deutlich sparsamer zu fahren ist, hat gleich mehrere Gründe. Zunächst ist die Aerodynamik bei einem Elektroauto wichtig für den Verbrauch und die Reichweite. Neben der Stirnfläche entscheidet hier ein möglichst niedriger cw-Wert. BMW gibt für den Elektro-SUV iX einen cw-Wert von 0,25 an, der Audi ist mit 0,27 etwas schlechter. BMW hat den iX mit aktiven Lüftungsgittern in der Front ausgestattet, sowie mit definierten Abrisskanten für die Luft und einem Diffusor am Unterboden, um den cw-Wert möglichst optimal zu gestalten.
Neben der Aerodynamik sind auch die Elektromotoren und die generelle Abstimmung von Motor und Rekuperation entscheidend beim Verbrauch. BMW setzt auf zwei stromerregte Synchronmotoren, die effizienter arbeiten als die Asynchronmotoren im Audi e-tron S Sportback. Wer sich für die verschiedenen Arten von Elektromotoren interessiert, dem empfehle ich diese Übersicht, die ich dazu erstellt habe. BMW nutzt bei der adaptiven Rekuperation im Kartenmaterial des Festeinbau-Navis hinterlegte Informationen. So wird die Rekuperationsleistung automatisch vor Ampeln, Kreuzungen und Kreisverkehren erhöht und man kann in Fahrstufe B ohne Betätigung des Bremspedals zum Stehen kommen. Alternativ lassen sich auch manuell drei verschiedene Rekuperationsstufen anwählen. Leider versteckt BMW diese Einstellung im Fahrmodus-Menü. Wesentlich intuitiver wäre es, entweder verschiedene Stufen direkt beim Einlegen der Fahrstufe B anzuzeigen oder einfach Schaltwippen für die Rekuperation zu verbauen.
Wie weit kommt der BMW iX mit einer Akkuladung?
Je nach Aerodynamikausstattung und Rad-Reifen-Kombination sollen zwischen 590 Kilometer bis zu 630 Kilometer möglich sein, verspricht BMW. Beim Testwagen sind die gegen Aufpreis erhältlichen 23-Zoll-Alufelgen montiert, sodass BMW bei dieser Konfiguration eine Reichweite von 590 Kilometer angibt. Im Alltagstest wird immer mit aktiver Klimatisierung, eingeschaltetem Radio, Navi und Licht gefahren. Folgende Reichweite konnte ich während des zweiwöchigen Testzeitraums erzielen:
- In der Stadt und auf Landstraßen (max. 100 km/h) beträgt die Alltagsreichweite bei Temperaturen über dem Gefrierpunkt 520 Kilometer.
- Maximal kommt man in der Stadt mit aktiver Klimaanlage knapp 560 Kilometer weit, zumindest wenn die Außentemperatur bei mehr als 15 Grad Celsius liegt.
- Auf der Autobahn mit max. 130 km/h beträgt die Alltagsreichweite bei Temperaturen über dem Gefrierpunkt knapp 480 Kilometer.
- Auf der Autobahn mit Geschwindigkeiten zwischen 130 km/h und kurzen Etappen mit 160 km/h beträgt die Alltagsreichweite knapp 400 Kilometer, zumindest wenn die Außentemperatur bei mehr als 15 Grad Celsius liegt. Wenn man noch schneller fährt, dann sinkt die Reichweite auf rund 350 Kilometer.
Mit Reichweiten von bis zu 560 Kilometer kommt der BMW iX xDrive 50 mehrere hundert Kilometer weiter als der Ingolstädter Konkurrent Audi e-tron S Sportback (mit einem Akku mit nutzbaren 85 Kilowattstunden). Insgesamt gefällt der BMW iX mit seiner Effizienz und der – für ein Elektroauto – hohen Alltagsreichweite.
Ladegeschwindigkeit beeindruckt wenig
So gut die Effizienz ist, so mittelmäßig ist die Ladegeschwindigkeit des iX. BMW verspricht eine Spitzenleistung von 195 Kilowatt beim Schnellladen. Im Test kam der BMW iX dieser Angabe nur für rund zwei Minuten nahe, danach brach die Ladeleistung spürbar ein, sodass die Herstellerangabe von 35 Minuten, um von 10 auf 80 Prozent zu kommen, verfehlt wurde. An der Ladesäule kann es nicht gelegen haben, da die EnBW-Ladestation bis zu 300 Kilowatt Ladeleistung liefern kann. Zudem herrschte mit 15 Grad Celsius Wohlfühltemperatur für den E-Auto-Akku. Insgesamt lag die durchschnittliche Ladeleistung bei nur 70 Kilowatt. Nach knapp 70 Minuten war der Akku des BMW iX wieder zu 100 Prozent gefüllt. Im Kapitel Ladegeschwindigkeit ist der Audi e-tron S Sportback schneller, weil eine höhere durchschnittliche Ladeleistung an der gleichen Ladestation anliegt.
An einer Wallbox mit 11 Kilowatt dauert eine Vollladung des BMW iX knapp 11 Stunden. BMW sollte künftig am Ladetempo arbeiten, da gerade an Schnellladestationen Potenzial verschenkt wird. In diesem Zusammenhang wäre auch eine detailliertere Anzeige zum Akkuverbrauch und zur Ladeleistung im Infotainmentsystem wünschenswert. Zudem ist es schade, dass die Vorkonditionierung vom Akku, wenn man eine Ladestation als Ziel im Festeinbau-Navi angegeben hat, nicht ihr volles Potenzial ausschöpft. So würde ich mir etwa Tipps wünschen, wie ich eine höheres Ladetempo erzielen kann, etwa indem das Navi angibt, wann der Akku seine optimale Temperatur erreicht hat.
Fazit
Der BMW iX ist ein besonderes Auto, bei dem Ihr von der Konzeptphase bis zum Serienfahrzeug dabei wart. Ich war sehr gespannt, wie viel vom BMW Vision iNext tatsächlich im kaufbaren E-Auto BMW iX gelandet ist. Letztlich überzeugt das vollelektrische SUV mit viel Platz im Innenraum, einem bequemen Einstieg und – in jeder Fahrsituation – mehr als ausreichend Power. Vor allem beeindruckt jedoch die Effizienz, mit der die von BMW selbst entwickelten E-Motoren arbeiten und somit eine Testreichweite von rund 560 Kilometern ermöglichen. Zwar bietet der Technologieträger viel Platz, doch es gibt durchaus noch Raum für Verbesserungen etwa bei der Ladegeschwindigkeit, den unbequemen Integralsitzen, spiegelnden Kristallglas-Schaltern und dem langsamen Navigationssystem.
Themen:
- Connected Cars
- E-Mobility
Über den Autor
Claus Ludewig
Ich bin mit Windows 98 aufgewachsen und habe seitdem jede Windows- und Office-Version genutzt. Zum Entspannen dient die Xbox. Neben der engen Verbundenheit zu Microsoft-Produkten, schaue ich auch gerne mal über den Tellerrand hinaus in die weite Welt. Ich interessiere mich für alles, was vier Räder hat. In diesem Sinne nehme ich Euch gerne zu einer Spritztour mit.