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Die Zukunft von Windows 10: Ein S ist nicht genug

Die Zukunft von Windows 10: Ein S ist nicht genug

Mit Windows 10 S hat Microsoft einen (mutigen) Schritt in die Zukunft von Windows getan. Es ist kein Geheimnis, dass ich ein Freund dieses Konzepts bin und es an dieser Stelle auch schon mehrfach gegen Kritik verteidigt habe. Fortschritt ist nur möglich, wenn man alten Ballast hinter sich lässt. Doch je mehr ich über Windows 10 S nachdenke, desto mehr komme ich zu dem Schluss, dass es nicht weit genug geht und Windows nicht radikal genug erneuert.

Windows 10 S abgespeckt? Eben nicht!

In der Berichterstattung wird bezüglich Windows 10 gerne von einer „abgespeckten“ Version gesprochen, der Wechsel zu Windows 10 Pro wird als „Upgrade“ bezeichnet. Beides ist falsch. Man führt kein Upgrade auf Windows 10 Pro durch, sondern einen Wechsel. Selbst Microsoft achtet auf diese Art der Formulierung, weil Windows 10 S eben kein bisschen abgespeckt ist. Um mit den Desktop-Programmen aus dem Store kompatibel zu sein, muss nämlich nach wie vor der alte Ballast mitgeschleppt werden, der Windows so fett und langsam macht.

Der Plan, dass klassische Desktop-Software zunächst über die Desktop Bridge in den Store wandert und anschließend die Metarmorphose zur echten Universal App vollzieht, ist ein edler, und technisch ist das sogar machbar. Aber sehen wir es realistisch: Solche sanften Übergänge haben noch nie wirklich funktioniert, und wenn man den Weg nicht ganz zu Ende gehen kann, dann hat man rein gar nichts gewonnen.

Windows 10 S ist für den Bildungssektor gemacht, so zumindest die aktuelle Vermarktungs-Strategie. Aber wenn man sich die Frage stellt, ob es sinnvoll ist, eine spezielle Windows-Version für eine spezielle Zielgruppe zu bauen und diese jahrelang zu pflegen, dann kommt man zügig zu dem Schluss, dass dies nicht der Plan von Microsoft sein kann.

Die Universal Apps werden es nicht reißen

Schlimmer noch als das oben aufgezeigte Problem ist der Umstand, dass Universal Apps auch zwei Jahre nach dem Start von Windows 10 noch nicht „erwachsen“ geworden sind. Welche App für Windows 10 würdest du einer klassischen Desktop-Anwendung vorziehen, weil sie performanter ist, sich einfacher bedienen lässt und mindestens einen ähnlichen Funktionsumfang bietet?
Siehst du, mir fällt auch keine ein…
Ich nutze zahlreiche Apps regelmäßig, sie sind aus meinem Workflow nicht mehr wegzudenken. Aber sie sind eben nur ein Teil davon, eine Ergänzung, und ich sehe (leider) nicht, dass sich daran in absehbarer Zeit etwas ändern wird.

Windows braucht einen echten Neustart aus der Cloud

Ihr erinnert euch sicher: Windows 10 S machte zunächst unter dem Namen Windows 10 Cloud die Runde, und man vermutete ein ähnliches Konzept wie das hinter Googles Chrome OS. Vorsorglich wurde schon gemeckert, dass ein System, welches eine Online-Verbindung voraussetzt, zu nichts zu gebrauchen sei. Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber wenn ich an meinem PC sitze und das Internet ausfällt, dann sitze ich da und warte, bis es wieder funktioniert. Und so lange tue ich….effektiv nichts.

Wir müssen nicht über Onlinezwang diskutieren, weil er bereits Realität ist. Darum ist es Zeit, den ganzen Schritt hin zu einem Cloud OS zu gehen. Nicht ein Cloud-Betriebssystem ist limitiert, die lokal installierten Betriebssysteme sind es. Die modernste und fortschrittlichste App muss, wenn sie lokal läuft, immer mit der Leistung auskommen, die lokal zur Verfügung steht. Microsoft verfügt mit Azure und all dem, was daran hängt, über Rechenleistung jenseits jeder Vorstellungskraft. Ein System, welches mir diese Leistung nach Hause bringt, ist alles andere als „light“, es ist fetter als alles bisher Dagewesene.

Ich fand Chromebooks immer lächerlich (und tue es weiterhin), weil sie nichts weiter als ein Browser im Gehäuse sind, der kleine Web-Apps ausführt, die mit leistungsfähigen Applikationen nicht mithalten können. Genau daran gilt es anzusetzen, so muss und darf es in Zukunft nicht bleiben. Microsoft hält alle Werkzeuge in der Hand, um den Desktop wirklich neu zu erfinden. Mit Web-Applikationen, die dem User nur ihr Frontend zeigen und die im Hintergrund auf praktisch unendliche Rechenleistung und KI zugreifen.

Windows braucht einen Neustart, steht oben. Vielleicht ist sogar das nicht weit genug gedacht. Vielleicht braucht Microsoft mehr als das. „Die letzte Version von Windows“ haben sie Windows 10 genannt. Es wird Zeit, das Versprechen einzulösen. Microsoft muss den Nachfolger von Windows liefern. Wenn sie es nicht tun, dann tut es ein Anderer.

Über den Autor

Martin Geuß

Martin Geuß

Ich bin Martin Geuß, und wie unschwer zu erkennen ist, fühle ich mich in der Windows-Welt zu Hause. Seit mehr als 17 Jahren lasse ich die Welt an dem teilhaben, was mir zu Windows und anderen Microsoft-Produkten durch den Kopf geht, und manchmal ist das sogar interessant. Das wichtigste Motto meiner Arbeit lautet: Von mir - für Euch!

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