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digital|inklusiv #2: Bemühen, Behörden, Betriebswirtschaft – Digitales in der Schlüsselrolle

digital|inklusiv #2: Bemühen, Behörden, Betriebswirtschaft - Digitales in der Schlüsselrolle

Bereits im vergangenen Februar hatte ich die Einleitung zu meiner neuen Artikelreihe geschrieben, nun soll es nach genau zwei Monaten ein umfassendes Update geben. Der elektronische Personalausweis steht mir mittlerweile zur Verfügung und hier stehen zunächst drei Vorhaben im Mittelpunkt. Einerseits geht es natürlich um die Deutschland-ID, damit man den Perso überhaupt sinnvoll nutzen kann, daneben möchte ich mittelfristig aber auch den Zugang zum Justizpostfach und die Verwendung mit PostIdent absichern.

Interessant wurde es in den vergangenen Wochen an vielen anderen Punkten, weswegen nun schon ein größeres Update fällig wurde. Dabei zeigt sich immer mehr, dass der Ausbau der Digitalisierung nicht nur ein sinnvolles Vorhaben ist, um die Auswirkungen meiner Agoraphobie im Alltag zu mildern und mehr Eigenständigkeit zu erreichen. Stattdessen kommt ihr voraussichtlich eine ganz zentrale Schlüsselrolle zu, die auch von externen Faktoren beeinflusst wird.

Digitale Assistenz

Die Schlüsselrolle beginnt schon damit, dass wesentliche Teile meiner Assistenz, die ich durch die Eingliederungshilfe nach dem Schwerbehindertenrecht bekommen, komplett durchdigitalisiert sind. Neben der klassischen E-Mail kommt dem Signal Messenger hier eine große Bedeutung zu, aber unabhängig davon führten wir in den letzten Wochen auch Gespräche, an welchen alltäglichen Stellen man sonst kleine Veränderungen vornehmen könnte, um das auszubauen. Mir kommt da auch zugute, dass meine Assistentin selbst, die mich unterstützt, ziemlich digital arbeitet und das Smartphone da zum Dreh- und Angelpunkt geworden ist.

Allgemein sollte man aber nicht zu zimperlich sein, diese Karte auch zu spielen. In diesen Tagen merke ich wieder, dass der betriebswirtschaftliche Druck nicht nur bei den Brennpunkten wie der Pflege eine Rolle spielt, sondern auch Elemente der Eingliederungshilfe davon betroffen sind. Das gilt gerade dann, wenn die Assistenz öfter mit oder für euch unterwegs ist und die Fahrtkosten sich entsprechend anhäufen. Das spielt bei mir persönlich aufgrund der Charakteristik meiner Angststörung kaum eine Rolle, aber insgesamt kommt der wirtschaftliche Optimierungsbedarf bei solchen Dienstleistern gegenüber der Eingliederungshilfe immer wieder mal zum Tragen.

Heißt auf Deutsch: Trotz der bei mir geringen Rolle muss ich mich auf Veränderungen einstellen. Schmeckt mir das? Nein. Fraglich bleibt trotzdem, inwieweit man das abwenden könnte, auch wenn mein Verbleib bei dem Dienstleister und in der Assistenz gesichert ist und ich als Klient sowieso das letzte Wort habe. Fahrtkosten bedeutet bei mir aufgrund der Agoraphobie derzeit eben in erster Linie, dass die Assistenz für die Termine zu mir nach Hause kommt und auch wieder fährt. Sonderfahrten gab es mit einer Ausnahme bisher nicht, insofern ist bei mir persönlich auch das Sparpotenzial arg begrenzt. Das kann man letztlich nur, indem man Fahrten im Grunde grundsätzlich vermeidet – da wären wir wieder bei der Digitalisierung.

Eine Frage der Retrospektive

Abseits von Assistenz und elektronischem Personalausweis schaue ich derzeit nach weiteren Faktoren, um die Hürden für die Zusammenarbeit gerade mit öffentlichen Stellen weiter zu senken. Wichtig bleibt dabei vor allem die Videokonferenz, wo ich auch bei der Hardware wie der Webcam noch Anschaffungen machen muss, aber auch bei den Dokumenten muss ich sehen, dass ich sie a) rechtssicher speichern und b) digital signieren kann. Das war in der Vergangenheit nicht nur einmal so, dass ich Dokumente kurzfristig digital zusenden musste, insofern lohnt sich hier der optimierende Blick.

Worüber ich mich auch Gedanken mache, ist die Möglichkeit, digital faxen zu können. Das klingt erstmal lustig, als würde ich auf der Retrowelle reiten wollen, aber letztlich muss ich der deutschen Bürokratie eben auf der Ebene entgegenkommen, wo sie aktuell steht. Meine Behinderung bedeutet eben auch, dass ich Briefe zwar schreiben, aber nicht selbst zur Post bringen könnte. Das kann meine Assistenz für mich machen, das schlägt aber wieder auf die Fahrtkosten drauf. Und die traditionelle E-Post wurde bekanntlich eingestellt, auch wenn es immer noch Anbieter in anderer Form gäbe. Ein digitales Fax ist da noch vergleichsweise unbürokratisch.

Von Windows 10 zu Windows 11

Auch der von Microsoft forcierte große PC-Refresh wirkt sich auf die derzeitigen Planungen aus. Mein primäres System ist immer noch ein Rechner mit Windows 10 Version 22H2, der nicht zu einem Upgrade auf Windows 11 fähig ist und wo sich eine Aufrüstung der verbauten Komponenten wirtschaftlich kaum lohnt, wo auch sonst noch andere Investitionen im digitalen Bereich notwendig werden. Dass ich das zusätzliche Jahr im ESU-Programm ziehen werde, dürft ihr als gesichert betrachten. Trotzdem werde ich spätestens im kommenden Jahr eine Antwort auf diese zentrale Frage geben müssen.

Ohne den aktuellen Zollhammer bereits einzupreisen, müsste ich bei einem günstigen Gerät trotzdem mit bis zu 400,00 Euro planen. Das ist keine Summe, die ich mal eben aus dem Ärmel schütteln kann. Ob das mit den Systemspezifikationen reichen würde, wo auch ein Fernstudium in meinem Gesamtplan als Kernziel fest verankert ist und worauf ich entsprechend hinwirken soll/muss, ist die nächste Frage. Es gibt bei meinem Vater zwar bereits ein älteres ThinkPad, was mit Windows 11 versorgt wurde und absolute Basisspezifikationen hat, aber das braucht er für seine alltäglichen Aufgaben letztlich auch selbst. Wie ich das Problem aus der Welt schaffe, muss ich also noch sehen.

Und bevor das jetzt einer in den Raum wirft: Ja, natürlich könnte ich theoretisch auf Linux ausweichen und die verschiedenen Distributionen mit Debian und Arch als bevorzugten Ablegern beherrsche ich genauso gut wie Windows. Ich hätte keine Angst davor, auch eine Linux-Distribution parallel einzusetzen. Am Ende des Tages brauche ich trotzdem die Kompatibilität von Windows selbst, sodass an Windows 11 kein Weg vorbei führt. Nur mal als ein Beispiel: Die AusweisApp gibt es auch für Linux etwa als Flatpak, aber für diese Varianten gibt Governikus keinen Support, ähnlich wie für den F-Droid-Ableger unter Android oder der Windows-Version bei Chocolatey.

Open Source wird zulegen

Dennoch ist es so sicher wie das Amen in der Kirche, dass Open Source insgesamt wieder eine deutlich größere Rolle spielen wird. Teils hat das wirtschaftliche Gründe, teils liegen die Gründe auch bei Microsoft selbst. Meine Gedankenspiele zu einer Linux-Backup-Lösung hatte ich ja an anderer Stelle schon mal geteilt und durch unsere Berichterstattung über die damaligen Kontosperrungen ist diese Idee ja erst gereift. Wir müssen nicht um den heißen Brei reden: Microsoft forciert die Verwendung vom Microsoft-Konto bei Windows 11 und gerade durch Copilot wird auch das Thema KI aggressiv gepusht. Dass solche Probleme also zunehmen könn(t)en, wo Microsoft beim Consumer auf Vollautomatisierung im Backend setzt, dafür muss man kein Prophet sein.

Momentan geht ein Blick von mir zu TrueNAS, wo kürzlich Version 25.04 erschienen ist und mir ermöglichen würde, auch Services wie NextCloud, PiHole oder FreshRSS hier zu betreiben. Das wird zwar alles noch geprüft, aber das wäre eine nachhaltigere Lösung als ein Raspberry Pi. Außerdem diskutieren wir ja aktuell bekanntlich sowieso mehr Nachhaltigkeit auch bei Microsoft, wie wir das hier geschrieben haben.

Schlusswort

Ich möchte bei all den Schilderungen nochmal betonen, dass es hier absolut fehl am Platz wäre, auf die öffentlichen Stellen zu schimpfen. Der Sinn hinter der Eingliederungshilfe nach dem Schwerbehindertenrecht ist immer, dass Betroffene zwar gleichwertig und gleichberechtigt, aber ohne eigene Vorteile oder Bevorzugung am Leben teilhaben können und dabei die verfügbaren Ressourcen als Hilfe zur Selbsthilfe bestmöglich zu aktivieren. Was die für mich zuständigen Leute in dieser Sache betrifft, kann ich persönlich in keinster Weise irgendetwas Böses sagen und habe hier tatsächlich großes Glück gehabt.

Trotzdem ist es so, dass nicht zuletzt auch aufgrund der Chronifizierung meiner Angststörung niemand sagen kann, wann und in welchem Umfang ich selbst nach einer Psychotherapie, wo es in Fällen wie meinem tatsächlich passende Modelle gäbe, die hier oben aber noch nicht verfügbar sind (sucht mal nach Stationsäquivalenter psychiatrischer Behandlung, wenn ihr möchtet), wieder „normaler“ am Leben teilhaben kann. Das wird auch unabhängig von den knappen Kassenplätzen kein Kinderspiel. Deswegen gilt die Digitalisierung als ein zentrales Schlüsselelement bei mir, um in wesentlichen Punkten die Eigenständigkeit zu stärken, zumal sie auch sehr wohl von meiner Arbeit hier bei Dr. Windows wissen und meine Fähigkeiten in dem Bereich einschätzen können.

Einerseits ist es ohnehin so, dass ich auch wegen Dr. Windows selbst die Sache weiterentwickeln und Antworten finden muss. Ich brauch halt einen sicheren Rechner, damit ich hier weiter mitschreiben kann. Aber vor allem geht es auch um die Punkte, die ich hier im aktuellen Update angerissen habe, wobei man da auch nur an der Oberfläche kratzt. Die Ideen in der Assistenz gehen deutlich weiter. Wir reden da neben dem Fernstudium zum Beispiel auch über Sport, wo ich Ängste, Stress und Anspannung abbauen soll, oder so alltägliche Dinge wie die Überwachung der Prospekte im Einzelhandel.

Wenn ihr Fragen oder Anmerkungen habt, schreibt sie gerne in den Kommentarthread. Ich habe den natürlich im Auge. Näheres gibt es ansonsten im nächsten Update, das dürfte aber frühestens im Juni nach der BUILD und dem Xbox Games Showcase soweit sein.

Über den Autor

Kevin Kozuszek

Kevin Kozuszek

Seit 1999 bin ich Microsoft eng verbunden und habe in diesem Ökosystem meine digitale Heimat gefunden. Bei Dr. Windows halte ich euch seit November 2016 über alle Neuigkeiten auf dem Laufenden, die Microsoft bei seinen Open Source-Projekten und der Entwicklerplattform zu berichten hat. Regelmäßige News zu Mozilla und meinem digitalen Alltag sind auch dabei.

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