Dual-Display-Geräte: Das Lenovo Yoga Book C930 liefert einen Vorgeschmack auf die Zukunft

Das Lenovo Yoga Book C930 wurde auf der IFA 2018 in Berlin offiziell vorgestellt. Einige Tage vor dem Messestart war ich auf einem vertraulichen Intel-Event und konnte es dort in Augenschein nehmen. Ich habe mich allerdings nicht näher damit beschäftigt, ich hielt es für eine Fortsetzung des Yoga Book aus dem Jahr 2016 (was es auch ist).
Ich hatte es seither ehrlich gesagt schon wieder vergessen. Nachdem sich nun aber abzeichnet, dass Andromeda einerseits mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit beerdigt ist, Windows-Geräte mit Dual Display aber dennoch ein Thema werden, fiel es mir wieder ein, und Lenovo war so freundlich, mir ein Yoga Book C930 für einige Wochen auszuleihen.
Mir ging es bei meinem Test primär um das Szenario des doppelten Displays – das Yoga Book C930 hat ein 10,8 Zoll großes Touch-Display und ein ebenso großes E ink Display, was es letztlich zu dem außergewöhnlichen Gerät macht, das es ist. Es wie ein Notebook zu beurteilen, wird dem innovativen Charakter des Geräts nicht gerecht, gleichwohl konnte ich auf die Frage „Und wer soll das jetzt kaufen?“ irgendwie keine plausible Antwort finden.
Aber der Reihe nach – beginnen wir mit den technischen Daten meines Testgeräts:
- 10,8 Zoll IPS-Display, 2560 x 1600 Pixel, Multitouch
- CPU: Intel Core i5-7Y54
- RAM: 4 GB
- SSD: 256 GB SSD
- microSD-Slot
- 2 MP Kamera
- 2 x USB-C 3.1
- Bluetooth 4.2
- LTE
- Akkulaufzeit: ca 8,5 Stunden
- Maße: 260,4×179,4×9,9mm
- Gewicht: rund 800 Gramm
- Aktiver Eingabestift im Lieferumfang (4.096 Druckstufen)
Es gibt verschiedene Ausstattungsvarianten. Die einfachste Version mit FullHD-Display, Intel Core m3 und 128 GB SSD beginnt bei rund 900 Euro, für das Top-Modell wie oben beschrieben fallen fast 1.500 Euro an.
Die Hardware selbst wird erwartungsgemäß Premium-Ansprüchen gerecht. Das Gehäuse ist hochwertig verarbeitet, das Gehäuse fasst sich fantastisch an, hat keinerlei scharfe Kanten, und wer schon mal mit dem Scharnier der Lenovo Yogas gespielt hat, der weiß, dass man sich stundenlang damit beschäftigen könnte, es auf-, zu- und umzuklappen. Das macht einfach Spaß.
Apropos Spielen: Wenn man das Gerät öffnen möchte, heißt es: Bitte anklopfen. Zwei leichte Klopfer auf den Deckel entriegeln den Magneten, der das Gerät ansonsten geschlossen hält, und es springt etwa einen Zentimeter weit auf. Selbstverständlich nicht wirklich notwendig, aber eines dieser Details, die ich so gerne „Hab-mich-lieb-Feature“ nenne.
Um den Rest auch noch zu erwähnen: Das Display ist fantastisch und reflektiert für ein Hochglanz-Display erstaunlich schwach, und auch der Sound ist für ein Gerät dieser Bauart völlig in Ordnung. An allen Standard-Komponenten kann ich keine nennenswerten Schwächen ausmachen.
Damit kommen wir dann endlich zu der technischen Besonderheit: Das E Ink Display an der Stelle, wo bei gewöhnlichen Notebooks die Tastatur sitzt. Es bietet insgesamt drei Funktionsmodi.
1. Tastatur
Im Standard Laptop-Modus blendet das E Ink Display eine virtuelle Tastatur ein. Berührt man den Punkt unterhalb der Leertaste, erhält man Touchpad mit linker und rechter Maustaste. Der Tastendruck wird animiert dargestellt und man erhält ein haptisches Feedback. Das ist selbstverständlich kein Vergleich mit einer echten Tastatur, nach kurzer Gewöhnungsphase stellt sich aber immerhin der Gedanke „funktioniert besser als befürchtet“ ein. Vielleicht ist unter unseren Lesern jemand, der noch das Touch Cover der ersten Surface-Generation kennt. Da macht das Yoga Book C930 im direkten Vergleich eindeutig mehr Spaß.
Die Tastatur analysiert außerdem, in welchem Bereich man welche Buchstaben meistens drückt. So lernt sie im Lauf der Zeit, Fehleingaben zu erkennen und automatisch zu korrigieren.
2. Notizblatt
Der zweite Funktionsmodus ist ein virtuelles Notizblatt (Der beiliegende Eingabestift kann auf beiden Displays für die Eingabe verwendet werden.) Das Schreiben auf diesem Notizblatt fühlt sich in der Tat besser an als beispielsweise mit dem Surface Pen auf einem Surface. Die Oberfläche ist weniger „glitschig“, man kommt dem Schreibgefühl auf echtem Papier ein gutes Stück näher. Allerdings gibt es auf dem E Ink Display eine Verzögerung, die beim Schreiben nicht so sehr, aber beim schnellen Ziehen von Linien deutlich auffällt.
Man kann mehrere Notizblätter anlegen und es stehen auch verschiedene Formblätter zur Verfügung (blanko, liniert, kariert), und was man auf dem E Ink Display notiert hat, kann man anschließend auch in Anwendungen importieren, und zwar entweder als Grafik, Text oder als Diagramm.
Das funktioniert prima, eine Skizze konnte ich beispielsweise in OneNote einfügen und anschließend noch Ergänzungen vornehmen (den eingefügten Inhalt kann man natürlich nicht mehr so leicht nachbearbeiten, da es eine eigenständige Grafik ist).
Die Texterkennung funktionierte zuverlässig und hatte nur mit weniger geläufigen Begriffen Probleme. Aus Geuss wurde Geass, als ich meinen Namen schrieb.
Das ist ein wirklich cooles Feature des Yoga Book C930, allerdings gestaltet sich das Übertragen der Inhalte mitunter hakelig. Die Tastenkombination STRG+V zum Einfügen kann man nicht ohne Weiteres verwenden, dazu müsste man ja erst auf die Tastatur umschalten. Das Aufrufen des Kontext-Menüs mit dem Stift kann ebenfalls schief gehen, wenn das Display „denkt“, man wolle etwas zeichnen. Bleibt also nur der Finger, um das Kontextmenü aufzurufen. Hier merkt man einfach, dass die nahtlose Unterstützung auf Plattformebene fehlt – und gleichzeitig beginnt man sich auszumalen, wie cool das werden kann, wenn genau diese Unterstützung irgendwann gegeben ist.
3. eBook Reader
Man kann das E Ink Display des Yoga Book C930 auch als Reader für eBooks verwenden, indem man beispielsweise eine lokal gespeicherte Datei öffnet (das andere Display schaltet sich dann ab). Laut Handbuch werden „PDF-Dateien und andere Formate“ unterstützt. Welche das sind, hängt von der Software-Version ab, leider konnte ich dazu keine weiteren Details herausfinden.
Gelesen werden kann horizontal, vertikal und in der klassischen Buch-Ansicht.
Fazit
Das Dual Display Konzept macht aus dem Yoga Book C930 ein Gerät, das weit über die klassische Verwendung eines Notebooks hinaus geht. Gleichzeitig ist es aber als ein solches weniger gut zu gebrauchen. Wer die wirklich pfiffigen Funktionen nicht selbst ausprobiert hat und deshalb nun denkt, das Gerät wäre weder Fleisch noch Fisch, dem kann ich das nicht verübeln, ginge mir vermutlich ähnlich.
Ich schrieb es ja schon: Ich weiß nicht so recht, wer ein solches Gerät letztlich kaufen soll, umso mutiger finde ich es, dass Lenovo mit einem solchen Konzept an die Öffentlichkeit geht. Ich habe hier viele interessante Ansätze gesehen, die meine Neugier auf Dual Display Geräte eindeutig gesteigert haben.
Über den Autor

Martin Geuß
Ich bin Martin Geuß, und wie unschwer zu erkennen ist, fühle ich mich in der Windows-Welt zu Hause. Seit mehr als 17 Jahren lasse ich die Welt an dem teilhaben, was mir zu Windows und anderen Microsoft-Produkten durch den Kopf geht, und manchmal ist das sogar interessant. Das wichtigste Motto meiner Arbeit lautet: Von mir - für Euch!