E-Auto-Roadtrip: BMW 7er – die High-Tech-Limo im Alltagstest
Die Dreamcar-Tage gehen bei Dr. Windows weiter, nachdem ich euch jüngst mit auf meine Erlebnisse mit dem Porsche Taycan-Bruder Audi e-tron GT genommen habe. Hätte mir 2017 jemand gesagt, dass ich mal einen BMW 7er pilotieren darf, hätte ich das nicht geglaubt. Doch dank fleißiger Unterstützung durch die Blog-Leser und beharrlicher Arbeit in unzähligen Freizeit-Stunden ist es möglich gewesen, den aktuellen BMW 7er (interner Code: G70) zu fahren. Es ist das teuerste und größte Auto, das ich gefahren bin – bislang zumindest.
Wie alle aktuellen BMW-Modelle steht der 5,39 m lange S-Klassen-Konkurrent auf einer Multi-Energy-Plattform, sodass mittels einer Konstruktion wahlweise Benzin/Diesel, Hybrid oder vollelektrische Modelle aufsetzen können. Mit dieser Plattform-Strategie kann BMW flexibel auf die Nachfrage reagieren und die Kunden müssen sich nicht an eine neue Optik gewöhnen, selbst wenn man vom Verbrenner zum Elektro-7er wechselt. Zwar rümpfen etliche E-Automobilisten die Nase bei einer Multi-Energy-Plattform, doch die Verkaufszahlen sprechen im Vergleich der drei deutschen Premium-Autobauer klar für die BMW-Strategie.
Technische Daten
- Modell: BMW i7 (interner Code: G70),
- Fahrzeugklasse: Oberklasse-Limousine,
- Antrieb: 2x E-Motoren von BMW mit 400 kW/544 PS,
- Abmessungen: 5,39 m Länge, 2,19 m Breite (inkl. Außenspiegel), 1,54 m Höhe,
- Radstand: 3,10 m,
- Kofferraum: 500 Liter,
- Reifen: Mischbereifung von Pirelli mit 21-Zoll-Felgen. Vorne: 255/40 9J; hinten: 285/35 10,5J
- Akku: Lithium-Ionen-Akku mit 105 kWh (Netto: ca. 101 kWh),
- Basispreis: 140.000 €,
- Testwagenpreis: 193.800 €
Wie fährt sich der vollelektrische BMW i7?
Abseits der kontrovers diskutierten Optik mit den zweigeteilten Frontscheinwerfern und den riesigen Nieren, die bei der E-Auto-Version ohne Funktion sind, lässt sich einiges zum Fahren sagen. Noch nie bin ich ein Automobil gefahren, das derart perfekt abgestimmt ist. Die Ingenieursleistung wird zur Kunstform erhoben, was sich vor allem beim Fahrwerk zeigt. Mit aktiver Wankstabilisierung bleibt die Karosserie immer waagerecht, egal, wie schnell man in die Kurven geht oder wie viele schnelle Richtungswechsel vollzogen werden. Das hat den praktischen Vorteil, das den mitfahrenden Passagieren während der Fahrt nicht schlecht wird, weil man keinerlei Neigungsbewegung spürt. Neben der Wankstabilisierung ist auch das Luftfahrwerk für den hervorragenden Fahrkomfort verantwortlich. So werden Unebenheiten, etwa beim Kopfsteinpflaster in einer Altstadt, glatt gebügelt. Auf Wunsch kann das Luftfahrwerk jedoch auch die Dämpfer straffer stellen und somit etwas mehr Härte zu den Mitfahrenden bringen. Allerdings wird der BMW i7 dabei nie so hart, wie beispielsweise ein BMW 3er mit M-Sportfahrwerk.
Neben dem Fahrwerk überzeugt auch die Lenkung, die im Zusammenspiel mit der Hinterachslenkung fast vergessen lässt, dass man sich in einer fast 5,40 m langen Luxuslimo befindet. Mit dem kleinen Finger lässt sich der über 2,7 Tonnen schwere vollelektrische 7er BMW zielsicher dirigieren – jedes Mal aufs Neue verblüffend, wie hier die Physik ausgetrickst wird. Typisch Elektroauto ist der sofortige Vortrieb. Schon ein kleiner Tipp auf das Gaspedal führt dazu, dass es schnell nach vorne geht. Die Herstellerangabe von knapp 4,7 Sekunden aus dem Stand aus 100 km/h ist absolut glaubwürdig.
Ein Amazon Fire TV Stick im Auto
Herrschaftlich sind die Platzverhältnisse im vollelektrischen BMW i7 Bei einem Radstand von 3,21 m haben alle vier Passagiere in jede Richtung mehr als ausreichend Bewegungsspielraum. Im Gegensatz zu früheren Generationen gibt es den BMW 7er/i7 mit dem internen Code G70 ausschließlich als Langversion mit größerem Radstand. In den Hauptabsatzmärkten China und USA ist Platz für die hinten sitzenden Passagiere am Wichtigsten, sodass man die kaum gekaufte „kurze“ Version gleich gar nicht mehr entwickelt hat. Beeindruckend sind die vielen technischen Spielereien im BMW 7er, die ihren eigenen Reiz ausstrahlen. So gibt es in den hinteren Türen kleine Touchscreens, mit denen sich etliche Einstellungen vom Infotainment steuern lassen. Wer möchte, kann etwa die abgespielte Musik aus der Soundanlage ändern oder die Klimatisierung sowie Sitz- und Flächenheizung aktivieren. Denn neben einer fast schon profan anmutenden Sitzheizung verfügt der aktuelle 7er der 7. Generation über beheizte Armlehnen in den Türen sowie der Mittelarmlehne. Wer in diesem Auto friert, dem ist wohl wirklich nicht mehr zu helfen…Ebenfalls über das in der Tür verbaute „Smartphone“-Display lassen sich Telefongespräche führen, wobei ein Mikrofon direkt bei den Fondpassagieren verbaut ist, damit der Chauffeur nicht gestört wird. Wer möchte, kann auch die Ambientebeleuchtung verändern oder den monströsen BMW Theatre Screen dirigieren.
Dieser 31 Zoll große 4k-Touchscreen ist eine Schau, die jeder im Leben gesehen haben sollte! Es ist mir immer noch ein Rätsel, wie BMW diesen Bildschirm durch die Zulassungsbehörde bekommen hat. Schließlich müssen etliche Vorschriften etwa in Sachen Crash-Sicherheit erfüllt werden. Doch der BMW i7 hat – gegen Aufpreis – den BMW Theatre Screen. So lässt sich im Theatre Mode ein kleines rollendes Kino erschaffen, bei dem automatisch die elektrischen Rollos hinten hochgefahren sowie die Sitze in eine gemütliche Lage gebracht werden. Dann fährt der Bildschirm vom Dachhimmel herunter. Als Betriebssystem läuft auf dem BMW Theatre Screen das Amazon Fire OS, wobei er sich wie ein herkömmlicher Fire TV Stick 4K verhält. So lässt sich während der Fahrt die Lieblingsserie bei Prime Video oder Netflix schauen. Dank Bluetooth-Modul kann auch drahtlos ein Xbox-Controller mit dem BMW Theatre Screen verbunden werden, um dann etwa Xbox Cloud Gaming nutzen zu können und Spiele wie Forza Motorsport, Call of Duty usw. unterwegs zu spielen. Ein absolut einmaliges Erlebnis!
Als Internetverbindung steht eine eigene 5G-e-SIM zur Verfügung, die man etwa mit einem Mobilfunkvertrag der Telekom betreiben kann. Voraussetzung zur Nutzung ist neben einem Vertrag bei einem Internetprovider auch das BMW Connected Package Professional, das nach Ablauf eines Testzeitraums eine Monats- oder Jahresgebühr kostet. Wer auf die Anbindung des Fire TV Sticks verzichten kann, kann den 31 Zoll großen Touchscreen dank HDMI-Anschluss auch nutzen, um etwa ein Laptop daran anschließen und bequem arbeiten zu können. Immer wieder ertappte ich mich dabei, wie ich mir vorstelle, wie wohl eine Urlaubsfahrt mit diesem BMW 7er aussehen würde, als ich noch ein kleiner Junge war. Für Kinder und solche, die es geblieben sind, geht damit ein Traum in Erfüllung. Leider gibt es den BMW Theatre Screen aktuell ausschließlich im BMW 7er G70. Es wäre zu schön, wenn es dieses Feature auch in anderen BMW-Modellen geben würde, bitte BMW! Unpraktisch für den Fahrer ist, dass bei ausgeklapptem 31,3 Zoll großen BMW Theatre Screen der Blick in den Rückspiegel verwehrt bleibt. Hier wäre es eine Überlegung wert, die Rückansicht im kleinen Fenster auf dem mittigen Infotainmentbildschirm anzuzeigen.
Bei aller Euphorie über die mannigfaltigen Einstellungsmöglichkeiten in Sachen Infotainment, muss der BMW i7 auch Kritik über sich ergehen lassen. So stylisch die beleuchtete Interaction Bar an der Mittelkonsole ist, so unpraktisch ist die Bedienung. Bei der Interaction Bar handelt es sich um Touch-Bedienfelder für Lichtsteuerung, sowie Scheibenheizung und max. Klimaleistung. Leider lassen sich diese Bedienfelder nicht blind ertasten. Für die Klimabedienung gibt es nichts besseres als physische Tasten – auch wenn ich mich da wiederhole. Mit einem Druck oder einmal drehen kann, ohne den Blick von der Straße abzuwenden, die Temperatur verstellen. Intuitiver geht’s nicht, nur leider spart sich BMW diese Tasten für die Klimasteuerung. Dabei wäre es sicherheitsrelevant, die Innenraumklimatisierung ablenkungsfrei steuern zu können. Schließlich müssen die Scheiben frei sein, um Fahren zu können und insbesondere der Fahrer sollte sich im Auto wohlfühlen von der Temperatur her, um sicher fahren zu können. Neben diesem Kritikpunkt zur Klimabedienung muss ich die Interaction Bar erneut kritisieren. Wie im Alltagstest aufgefallen ist, spiegelt sich die Beleuchtung der Leiste unangenehm im Außenspiegel, sodass man nachts weniger sehen kann. Natürlich kann man die Beleuchtung deaktivieren, doch dann gibt es gleich gar keine Ambientebeleuchtung mehr, was viel Atmosphäre im restlichen Innenraum raubt.
Wie weit der 2,7 Tonnen schwere vollelektrische BMW i7 mit einer Akkuladung kommt, wie gut die Ladeleistung ist und was mein Fazit nach zwei Wochen Testfahrt ist, erfahrt Ihr im zweiten Teil.
Themen:
- Connected Cars
- E-Mobility
Über den Autor
Claus Ludewig
Ich bin mit Windows 98 aufgewachsen und habe seitdem jede Windows- und Office-Version genutzt. Zum Entspannen dient die Xbox. Neben der engen Verbundenheit zu Microsoft-Produkten, schaue ich auch gerne mal über den Tellerrand hinaus in die weite Welt. Ich interessiere mich für alles, was vier Räder hat. In diesem Sinne nehme ich Euch gerne zu einer Spritztour mit.