Edge-Leaks: Microsoft ist außerordentlich sauer
Leaks sind in jedem News-Segment so etwas wie das Salz in der Suppe. Inoffizielle Informationen sind für die Leute eben besonders spannend, was ja auch der Grund ist, warum Leaks gerne strategisch eingesetzt werden. So mancher „Leak“ ist sorgfältig geplant und gesteuert, weil die PR-Leute wissen: Selbst mit einem schlechten Leak bekommt man immer noch mehr Aufmerksamkeit als mit einer guten Pressemitteilung.
Im Fall des neuen Microsoft Edge darf man allerdings getrost davon ausgehen, dass dem nicht so ist. Am vergangenen Wochenende kamen zuerst bebilderte Artikel zum aktuellen Entwicklungsstand des neuen Edge auf Chromium-Basis auf, dann folgten einige Videos und schließlich wurde sogar der Installer geleakt, mit dem sich nun jedermann die eigentlich interne Testversion installieren kann.
Für Microsoft eigentlich Business as usual, es ist ja weiß Gott nicht das erste Mal, dass interne Software den Weg ins Internet findet. Bei Edge aber reagiert das Unternehmen außerordentlich verschnupft. So erhielten die Windows Insider MVPs am Samstag ein Rundschreiben, in dem davon abgeraten wurde, in irgendeiner Weise über diese Leaks zu sprechen bzw. zu schreiben.
Ich bin seit mittlerweile zehn Jahren dabei, eine derartige Ansage hat es in dieser Zeit aber nie gegeben. Natürlich hat man uns empfohlen, nicht über inoffizielle Dinge zu sprechen, denn es könne ja grundsätzlich sein, dass die an irgendeiner Stelle einsehbar sind, auf die wir zugreifen können, und dann wäre es ein Verstoß gegen die Vertraulichkeits-Vereinbarung, die wir alle unterschrieben haben.
Die Mail vom Samstag war da eindeutig anders, und wer in der stets betont freundlichen Kommunikation zwischen den Zeilen lesen kann, der erkennt darin auch eine mehr oder weniger ernste Drohung, aus dem Programm zu fliegen, wenn man sich an der Verbreitung der Leaks beteiligt.
Ich habe dieses Bedürfnis gar nicht erst verspürt, wie ich auch in meinem Video-Wochenrückblick nochmal betont habe und wie es auch in meinem Kommentar Microsoft Edge auf Chromium-Basis: Der allererste Schuss muss sitzen nachzulesen ist: Wir sollten uns erst ein Urteil über den neuen Edge bilden, wenn er sich dem finalen Stand nähert, und darum sollte auch Microsoft die Preview erst freigeben, wenn sie eine entsprechende Reife hat.
Ich weiß aus zuverlässiger Quelle, dass genau das der Plan ist – oder besser gesagt, er war es bis zum Wochenende. Möglicherweise ändert er sich jetzt, denn Microsoft kann das inoffizielle Installationspaket nicht mehr einfangen. (Das übrigens mit einer gewissen „kriminellen Energie“ erstellt wurde. Sollte der verantwortliche Mitarbeiter ausfindig gemacht werden, wird er sich in seiner dann reichlich vorhandenen Freizeit fragen können, ob es das wert war). Der einzige Weg, die inoffizielle Nutzung der Edge-Preview zu beenden, ist jener, dass man den Leuten etwas Offizielles an die Hand gibt.
Wenn ich die inoffizielle Version ausprobiert und den „Drohbrief“ nicht erhalten hätte, dann würde ich jetzt vielleicht schreiben, dass dies weit weniger schlimm wäre, als ich das befürchtet hätte, weil sie schon sehr gut läuft und teilweise auch schon richtig nach Edge aussieht. Aber kann ich natürlich nicht tun, weil ich sie nicht angerührt habe. Echt jetzt.
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Über den Autor
Martin Geuß
Ich bin Martin Geuß, und wie unschwer zu erkennen ist, fühle ich mich in der Windows-Welt zu Hause. Seit mehr als 17 Jahren lasse ich die Welt an dem teilhaben, was mir zu Windows und anderen Microsoft-Produkten durch den Kopf geht, und manchmal ist das sogar interessant. Das wichtigste Motto meiner Arbeit lautet: Von mir - für Euch!