Fazit zum Surface Pro 9: Intel ist die Gegenwart, ARM die Zukunft

Das Surface Pro 9 gibt es in zwei Varianten, x86 und ARM. Beide haben mehr als einen Monat auf meinem Schreibtisch verbracht, wenn auch meistens nicht nebeneinander. Nun wird es Zeit für ein Fazit.
In der Überschrift könnt Ihr dieses Fazit schon lesen, aber ich gebe gleich zu: Das klang für mich schön griffig, ist aber zu plakativ. Ich gehe davon aus, dass es auch in ein paar Jahren noch gute Gründe für eine Intel-Variante gibt, während ich der ARM-Version schon heute “Gegenwartstauglichkeit” bescheinigen kann – wenn man bereit ist, den Preis zu bezahlen.
Im obigen Bild seht ihr das Surface Pro 9 mit Intel-CPU auf der linken Seite, rechts steht das Modell mit Microsofts ARM-Prozessor “SQ3”, der wiederum auf dem Qualcomm Snapdragon 8cx Gen3 basiert. Auf den ersten Blick sind die Geräte nicht zu unterscheiden, auf den zweiten allerdings schon.
Auffälligstes Merkmal sind die zusätzlichen Aussparungen im Gehäuse bei der ARM-Version, um eine optimale Mobilfunkverbindung zu ermöglichen.
Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist die SSD-Klappe auf der Rückseite. Sie lässt sich beim Intel-Modell von Hand öffnen, beim ARM-Modell benötigt man ein SIM-Tool (siehe unten).
Meine beiden Testgeräte hatten abgesehen von der CPU eine vergleichbare Konfiguration und kosten in etwa gleich viel, was einen direkten Vergleich erleichtert.
Technische Daten der Surface Pro 9 Testgeräte
Display | 13 Zoll PixelSense Display 2.880×1.920 Pixel, Seitenverhältnis 3:2 120Hz (dynamisch) Kontrast 1200:1 10-Punkt-Multi-Touch Gorilla Glas 5 Dolby Vision IQ (nur bei der Intel-Version) |
CPU | Intel Core i7-1255U Microsoft SQ 3 mit Neural Processing Unit (NPU) |
RAM | 16 GB |
Speicher | 256 GB NVMe M.2 |
Anschlüsse | 2 x USB-C mit USB 4.0/Thunderbolt 4, Surface Connect (Intel) 2 x USB-C 3.2, Surface Connect, NanoSIM (SQ3) |
Drahtlos | Wi-Fi 6E, Bluetooth 5.1 (Intel) zusätzlich bei SQ3: 5G via NanoSIM oder eSIM, GPS |
Sensoren | Beschleunigungsmesser, Gyroskop, Magnetometer, Ambient Color Sensor (Helligkeit und Farbe) |
Kamera | 1080p Webcam mit Windows Hello 10 MP-Kamera auf der Rückseite mit 4k-Video zusätzlich bei SQ3: Windows Studio Effects (Porträtunschärfe, automatische Zentrierung, Blickkontakt) |
Audio | Zwei Fernfeld-Studiomikrofone, 2W Stereo-Lautsprecher mit Dolby Atmos 14 und Voice Clarity (Intel) Zwei Fernfeld-Studiomikrofone, 2W Stereo-Lautsprecher, Voice Focus (ARM) |
Sicherheit | IR-Kamera mit Windows Hello TPM 2.0 (Intel) Microsoft Pluton (5G) erfüllt die Secured Core PC Spezifikation |
Akkulaufzeit | bis zu 15,5 Stunden (Intel) bis zu 19 Stunden (5G) |
Betriebssystem | Windows 11 Home |
Maße | 287 mm x 209 mm x 9,3 mm |
Gewicht | 880 Gramm nur Tablet 1.168 Gramm mit Type Cover und Stift |
Preis in dieser Konfiguration | 1.859 Euro (Intel) 1.879 (ARM) optional: Type Cover: 179,99 Euro Surface Slim Pen 2: 129,99 Euro (oder beides im Bundle für 279,99 Euro) |
Nicht nur die Konfigurationen sind in etwa vergleichbar, sondern auch der Preis. Mit Type Cover und Stift muss man für beide Versionen des Surface Pro 9 jeweils etwa 2.100 Euro hinblättern.
Abgesehen von der CPU-Architektur gibt es noch weitere grundsätzliche Unterschiede bei der technischen Ausstattung: Der Bildschirm der Intel-Version beherrscht Dolby Vision IQ, die ARM-Version dagegen nicht. Falls Ihr mich jetzt nach dem sichtbaren Unterschied fragt, so muss ich sagen: Mir ist keiner aufgefallen, allerdings habe ich beide Geräte primär zum Arbeiten benutzt.
Thunderbolt 4 gibt es ebenfalls nur bei der Intel-Version, die ARM-Variante verfügt dagegen über 5G-Konnektivität. Außerdem hat das ARM-Modell dank der verbauten NPU einige KI-Tricks bei der Kamera drauf, welche beispielsweise die Person vor der Kamera “verfolgt” und sie auch dann in die Kamera schauen lässt, wenn sie gerade knapp daran vorbei schaut.
Hierzu kann ich sagen, dass es mir nicht gelungen ist, diesen Effekt in der Praxis nachzuvollziehen. Die ebenfalls auf KI basierende Geräuschunterdrückung beim ARM-Modell ist dagegen ein echtes Killer-Feature. Ein im selben Raum aktiver Staubsauger wurde bei einem Testanruf beim Gegenüber erfolgreich ausgeblendet. Die Geräuschfilterung kommt erst unter den Bedingungen an ihre Grenzen, unter denen sich ohnehin kein normaler Mensch mehr auf ein Gespräch konzentrieren könnte.
Innovation, die man hoffentlich niemals benötigt
Rein optisch herrscht im gesamten Surface-Lineup seit Jahren Stillstand, was logischerweise die Kritik provoziert, dass es keine Innovation mehr gibt. Das Surface Pro 9 sieht erneut exakt so aus wie sein Vorgänger und ist doch die vielleicht innovativste Version seit dem Surface Pro 3. Es ist allerdings eine Innovation, die man hoffentlich niemals benötigt.
Sollte am Surface Pro 9 einmal etwas kaputt gehen, lassen sich die folgenden Komponenten austauschen – mit dem notwendigen handwerklichen Geschick sogar selbst:
- Bildschirm
- Kickstand
- SSD
- USB-C & Audio-Ports
- Surface Connector
- Lautsprecher
- Wi-fi Modul
- Batterie
- Kühleinheit
- Kameras (vorne und hinten)
- Hauptschalter und Lautstärketasten
Siehe dazu auch:
- Surface Pro 9 erhält bisher beste Reparatur-Bewertung, Ersatzteile ab 2023 auch für Privatkunden
- Do it yourself: Video-Reparaturanleitungen für Surface Pro 9, Surface Laptop 5 und Surface Studio 2+
Wie gesagt, im Idealfall muss man auf diese Möglichkeit niemals zurückgreifen. Angesichts der Investition, die das Gerät von seinem Käufer verlangt, ist es aber dennoch sehr beruhigend, das zu wissen.
Type Cover
Beim Type Cover hat sich im Vergleich zur vorherigen Generation (und der davor) nichts geändert. Nach wie vor ist das Schreiben auf der Anstecktastatur eine Frage der Gewohnheit, ich finde das Schreibgefühl jedenfalls exzellent. In manchen Testberichten wird kritisch erwähnt, dass das flache Cover beim Tippen immer so ein bisschen nachgibt, ich finde das positiv, weil es für eine gefühlte Verlängerung des naturgemäß kurzen Tastenhubs sorgt.
Das integrierte Touchpad ist ebenfalls unverändert und bot in der Vergangenheit wenig Anlass zur Kritik, mit seiner Größe von knapp 10×6 cm wirkt es aber allmählich etwas aus der Zeit gefallen. Ein zusätzlicher Zentimeter in der Breite und 4-5 Millimeter in der Höhe wären wohl drin und würden gefühlt einen merklichen Unterschied machen.
Performance und Kompatibilität
Wenn es um den Vergleich zwischen x86 und ARM geht, sind Performance und Kompatibilität die beiden Fragen, die am häufigsten gestellt werden.
Wer an dieser Stelle Benchmarks erwartet, den muss ich allerdings enttäuschen. Dass der Intel Core i7-1255U den Snapdragon 8cx Gen3 im direkten Vergleich in der Pfeife raucht, muss ich nicht überprüfen, das haben schon andere getan.
Was mich viel mehr interessiert, ist die “Alltagsperformance”, also Surfen im Internet, Office-Tätigkeiten, Online-Meetings etc. Hier liegen beide Varianten des Surface Pro 9 bei der gefühlten Arbeitsgeschwindigkeit gleichauf. Nur, wenn man sie direkt nebeneinander platziert und beispielsweise Programme synchron startet, fällt auf, dass die Intel-Version immer einen Tick schneller ist. Wer zumindest gelegentlich mal ein Video rendert oder aufwändige Bildbearbeitung betreibt, sollte logischerweise auf die Intel-Version setzen, um entsprechende Reserven zu haben. Ansonsten ist die ARM-Version uneingeschränkt alltagstauglich.
Jedes andere Ergebnis hätte mich an dieser Stelle überrascht, denn schließlich benutze ich Microsofts Mini-PC auf ARM-Basis seit zwei Monaten quasi ausschließlich und hatte bisher noch nie das Gefühl, an einer “lahmen Gurke” zu sitzen.
Hinsichtlich der grundsätzlichen Kompatibilität von Windows on ARM verweise ich auf die Daten, welche die Community zusammengetragen hat: Microsofts Mini-PC mit ARM-Prozessor: Erfahrungen der Community zur Kompatibilität.
Die Zeiten, in denen man von einem ARM-PC wegen Bedenken bei der Kompatibilität abgeraten hat, sind vorbei. Gleichzeitig sollte man das aber auch nicht schönfärben. Ein Restrisiko ist nach wie vor vorhanden, und wer sich ein solches Gerät kauft, muss sich darüber im Klaren sein.
Es fällt zwar nicht unbedingt unter Performance, aber es sei noch ein interessantes Detail erwähnt: Einen “Geräuschvorteil” hatte die ARM-Version in meinem Test wider Erwarten nicht, denn auch das i7-Modell entwickelte im Normalbetrieb praktisch kein Lüftergeräusch – man musste schon das Ohr ans Gehäuse drücken, um etwas zu hören. Unter Last sieht das natürlich anders aus.
Akkulaufzeit
Für die Intel-Version des Surface Pro 9 gibt Microsoft eine Akkulaufzeit von “bis zu 15,5 Stunden” an, “bis zu 19 Stunden” sind es beim ARM-Modell. Das sind beides Werte, die so gut wären, dass es beinahe egal ist, welches der beiden länger durchhält.
Wie so oft kommen die in Praxis erzielbaren Laufzeiten aber nicht einmal in die Nähe der offiziellen Herstellerangaben. Das Surface Pro 9 5G mit ARM-Prozessor erreichte bei mir im Schnitt eine Laufzeit von etwa 10 Stunden, die Variante mit dem Intel Core i7 musste etwa alle achteinhalb Stunden an die Steckdose. Aufgefallen ist mir außerdem, dass die Laufzeit bei der Intel-Version an arbeitsreichen Tagen schneller in den Keller fällt, wenn man beispielsweise viele Programme geöffnet hat und über längere Zeit ohne Pause arbeitet.
Insgesamt zeigt das ARM-Modell also erwartungsgemäß mehr Ausdauer, allerdings nicht in dem Maß, wie es die Plattform eigentlich hergeben würde. Ich weiß nicht, was genau Microsoft bei der Firmware seiner Surface-Geräte anders macht, denn es ist ja eine grundsätzliche Eigenschaft dieser Geräte, dass sie bei vergleichbarer Ausstattung kurzatmiger sind als andere Marken.
Und wie lautet nun das Fazit?
Das Surface Pro 9 mit Intel-CPU bleibt die sichere Bank. Wer mit der geringeren Akkulaufzeit und fehlender Mobilfunkoption kein Problem hat, dafür aber 100%ige Sicherheit benötigt, dass wirklich alle Programme darauf laufen (auch solche, die man vielleicht erst in Zukunft kennenlernt), der greift zu dieser Variante.
Umgekehrt formuliert: Wer eine mobile Internetanbindung und mehr Akkulaufzeit benötigt, greift zum Surface Pro 9 5G mit ARM-Prozessor, vergewissert sich vorher aber nochmal, ob die benötigte Software auch wirklich läuft. Ist das der Fall, macht man mit diesem Gerät keinen Fehler.
Wäre die ARM-Version nicht so absurd teuer, würde ich sie ohne zu zögern zur bevorzugten Wahl erklären.
Falls dieser Artikel einige allgemeine Fragen zum Surface Pro 9 ausgelassen hat, so verweise ich auf meinen Testbericht des Modells vom letzten Jahr, denn die wesentlichen Merkmale des Geräts haben sich nicht verändert: Surface Pro 8 im Test: Das Imperium schlägt zurück
Disclaimer: Die Testgeräte wurden von Microsoft leihweise zur Verfügung gestellt. Eine Einflussnahme auf die Berichterstattung oder eine Verpflichtung zur Veröffentlichung gab es nicht.
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Über den Autor

Martin Geuß
Ich bin Martin Geuß, und wie unschwer zu erkennen ist, fühle ich mich in der Windows-Welt zuhause. Seit 15 Jahren lasse ich die Welt an dem teilhaben, was mir zu Windows und anderen Microsoft-Produkten durch den Kopf geht, und manchmal ist das sogar interessant. Das wichtigste Motto meiner Arbeit lautet: Von mir - für Euch!