Firefox und seine Derivate: Gibt es gute Zweitbrowser neben dem Original?

Sucht man die für sich passenden Webbrowser zusammen, wird man heute in erster Linie Vertretern aus der Chromium-Familie begegnen. Neben Google Chrome als Flaggschiff haben sich mit Microsoft Edge, Opera One, Brave, Vivaldi, Samsung Internet oder dem Ecosia Browser zahlreiche Derivate gebildet, die eine umfassende Auswahl ermöglichen. Gleichwohl gibt es immer noch Nutzer, die lieber die Firefox-Basis mit der Gecko-Engine verwenden möchten. Die Auswahl ist hier mit der Einstellung von Cyberfox, SlimBrowser, Comodo IceDragon und anderen zunächst kleiner geworden, es gibt aber immer noch reichlich Auswahl.
Mit diesem Beitrag will ich mal einen gewissen Überblick über die aktuelle Lage geben und einige ausgewählte Vertreter vorstellen, die euch als Zweitbrowser neben Firefox selbst dienen könnten. Vorab sei aber gesagt, dass ich Firefox selbst natürlich nicht erwähnen muss, zudem werde ich mit SeaMonkey, LibreWolf und dem auf dem Fork Goanna basierenden Pale Moon drei Browser außenvor lasse. Das hat mit verschiedenen Gründen zu tun, denen teilweise auch Sicherheitsbedenken zugrunde liegen und weswegen ich diese Vertreter nicht guten Gewissens auf euch loslassen möchte.
Firefox Klar
Beginnen wir mit dem Derivat, was Mozilla selbst für die mobilen Plattformen von iOS und Android entwickelt. Firefox Klar basiert unter iOS immer noch auf WebKit2, während unter Android wie bei Firefox selbst immer die aktuellste Gecko-Engine zugrunde liegt. Der Browser ist extrem minimalistisch aufgebaut und beschränkt sich mehr oder weniger auf die wichtigsten Funktionen, die alle im Bereich Datenschutz und Privatsphäre beheimatet sind.
Unter iOS kann er zusätzlich als Adblocker verwendet werden. Solltet ihr hier also mit Safari unterwegs sein, könnt ihr trotzdem von Firefox Klar auch in der Hinsicht profitieren.
Waterfox
Unter den Derivaten dürfte Waterfox aus Großbritannien noch zu den bekanntesten Vertretern gehören, der noch aktiv entwickelt und von seinem Entwickler Alex Kontos betreut wird. Zwischenzeitlich war er mal Teil von Startpage, ehe er im Sommer 2023 wieder unabhängig wurde. Aktuell wird die Versionsreihe 6.5.x entwickelt, die dem aktuellen ESR-Zweig 128.x entspringt und dementsprechend eher auf die Nutzer ausgerichtet ist, die einen Vertreter mit Langzeitunterstützung und stabilerer Basis haben möchten.
Funktionell bewegt sich Waterfox ziemlich nah an Firefox selbst, sodass er als Zweitbrowser neben ihm im Alltag noch am Besten passen dürfte, wenn ihr euch nicht allzu sehr umgewöhnen möchtet. Neben der Desktop-Variante existiert auch eine Android-Version, die ich euch verlinken werde.
Zen Browser
Mit dem Zen Browser hat im vergangenen Sommer ein noch sehr junger Vertreter die Bühne betreten, der sich optisch und von der Bedienung her an dem Arc Browser orientiert und sehr minimalistisch daher kommt. Derzeit befindet sich der Browser in der Beta, insofern muss man davon ausgehen, dass bestimmte Sachen wie die DRM-Unterstützung bei Streamingseiten noch nicht oder nicht richtig funktionieren. Die technische Basis folgt dem Rapid Release von Firefox, sodass es alle vier Wochen die üblichen Plattformupdates gibt.
Für den Zen Browser gibt es zudem verschiedene Mods, die man sich zusätzlich installieren und den Browser so weiter anpassen kann. Derzeit gibt es den Browser nur für Desktop-Systeme, über eine mobile Version ist derzeit nichts bekannt.
Tor Browser
Ebenfalls ganz kurz erwähnen möchte ich den Tor Browser, der weiterhin auf Firefox ESR aufbaut und über die Verwendung des Tor-Netzwerks eine extrem datenschutz- und privatsphärefreundliche Nutzung erlaubt. Für die ganz normale Nutzung im Alltag ist der Browser natürlich weniger geeignet. Neben der Desktop-Version gibt es auch einen offiziellen Vertreter für Android, der nachfolgend verlinkt wird.
Floorp
Der Floorp Browser hat neben dem Zen Browser gerade in der Open Source-Community gefühlt zuletzt an Popularität gewonnen, allerdings ist der Browser aus Japan erst seit Version 10.0 tatsächlich quelloffen. Bis zur aktuellen Version 11.x folgen die Entwickler dem ESR-Zweig, die nächste Version 12.0 wird auf das Rapid Release wechseln und dann alle vier Wochen die neuen Plattformverbesserungen für Gecko bekommen.
Floorp richtet sich an Poweruser und bietet entsprechend eine ganze Reihe von Anpassungsmöglichkeiten. Die Verfügbarkeit ist aktuell auf Desktop-Systeme beschränkt, eine mobile Version gibt es derzeit nicht.
Midori
Midori ist ein uralter Hase im Browsergeschäft, der zu früheren Zeiten auf WebKit basierte und auf GTK-Basis auch für Windows verfügbar war. Nachdem das Projekt vor einigen Jahren von Astian übernommen wurde, basiert er mittlerweile auf Gecko und es gibt eine engere Zusammenarbeit mit dem Floorp-Projekt. Neben dem Desktop-Browser gibt es mittlerweile auch eine Android-Version, die ich nachfolgend verlinke.
Bevor man sich für Midori entscheidet, sollte allerdings erwähnt sein, dass er ähnlich wie Firefox an unterschiedliche Dienste von Astian andockt. Das betrifft vor allem eine Suchmaschine und einen VPN-Dienst. Wenn das für euch ein Contra-Argument ist, solltet ihr besser auf einen der anderen Vertreter ausweichen.
Mullvad Browser
Mit Mullvad verbindet Mozilla nicht nur die gemeinsame technische Basis für Mozilla VPN, das schwedische Unternehmen hat auch einen eigenen Browser im Angebot dabei. Der Mullvad Browser steht ausschließlich für Desktop-Systeme zur Verfügung und folgt dem aktuellen ESR-Zweig. Die Funktionen orientieren sich nah an dem existierenden Firefox ESR.
Ob eine mobile Version geplant ist, kann ich euch zum derzeitigen Stand nicht sagen.
Wolvic
Als letztes Derivat möchte ich noch kurz Wolvic aufgreifen, der auf den Trümmern von Firefox Reality aufbaut und seit knapp drei Jahren von Igalia weiterentwickelt wird. Der VR-Browser steht für Geräte auf Basis von Android und Harmony OS zur Verfügung, darunter das Huawei VR Glass, Magic Leap 2, Lynx R1, das Pico Neo 3, Pico 4, Pico 4E sowie die Oculus Quest 2, Quest 3 und Quest Pro. Sollte ihr eines der VR-Headsets haben, steht euch hier ebenfalls ein aktueller Browser auf Gecko-Basis zur Verfügung.
Insgesamt dürften das die aktuell besten alternativen Zweitbrowser sein, die aktuell für Windows und andere Systeme zur Verfügung stehen. Bestimmte Vertreter wie Pale Moon oder LibreWolf habe ich wie gesagt ausgenommen, auch die diversen Linux-Vertreter wie Abrowser, die mehr oder weniger nur ein Firefox ohne Markenlogo sind, habe ich ausgelassen. Unterm Strich gilt aber weiterhin, dass Firefox, wenn ihr Gecko bevorzugt, weiterhin die mit weitem Abstand beste Plattform dafür ist. Solltet ihr dennoch einen Zweitbrowser brauchen, hilft euch diese Übersicht vielleicht ein bisschen weiter.
Thema:
- Software
Über den Autor

Kevin Kozuszek
Seit 1999 bin ich Microsoft eng verbunden und habe in diesem Ökosystem meine digitale Heimat gefunden. Bei Dr. Windows halte ich euch seit November 2016 über alle Neuigkeiten auf dem Laufenden, die Microsoft bei seinen Open Source-Projekten und der Entwicklerplattform zu berichten hat. Regelmäßige News zu Mozilla und meinem digitalen Alltag sind auch dabei.