Gedankenkiste Windows: Braucht es das Linux-Backup-System?

Wenn wir in der Microsoft-Community alte Binsenweisheiten austauschen, gehört der Spruch „Kein Backup? Kein Mitleid!“ sicherlich zu den Klassikern. Während wir damit in der Regel die klassische Datensicherung meinen und manche von euch bei der Überschrift direkt an das bevorstehende Supportende von Windows 10 denken werden, gehen meine Gedanken in diesem Punkt deutlich weiter. Das liegt vor allem an den vergangenen vier Jahren, aus denen wir als Windows-Nutzer vielleicht gewisse Lehren ziehen sollten.
Um diese Gedankengänge zu verstehen, müssen wir einen Blick zurück in die Zeit der Corona-Pandemie werfen. Das war nicht nur die Zeit der Ausgangsbeschränkungen, auch Microsoft hat in dieser Zeit viele Nutzer durch eine Flut von Kontosperrungen vor die Tür gesetzt, worüber wir in mehrfacher Hinsicht berichten mussten. Im Ergebnis ist das generelle Vertrauen in die Redmonder damals auf einen Tiefpunkt gesunken und viele Nutzer, mich eingeschlossen, sind mit der Nutzung ihrer Online-Dienste vorsichtiger geworden. Dass es dabei auch keinen großen Knall bräuchte, haben auch kleinere Vorfälle etwa bei den Microsoft Rewards bereits gezeigt.
Sowas gibt mir gerade vor dem Hintergrund zu denken, dass Microsoft die Verbindung von Windows mit dem Microsoft-Konto immer mehr in den Vordergrund gerückt hat und es durch Microsofts interne Strukturen extrem schwierig sein kann, sein gesperrtes Konto wieder zu befreien, auch wenn hier nur eine KI möglicherweise fehlerhaft Amok gelaufen ist. Schließlich sind die Systeme zur Überwachung bei den Privatnutzern voll automatisiert und Microsoft, als Entwickler zu 90 % ganz auf Unternehmen und staatliche Kunden fixiert, macht für normale Endkunden in aller Regel nicht den Hof, wenn man von der Xbox einmal absieht.
Jetzt bin ich auf der einen Seite jemand, der einer Abkehr von Windows und dem Microsoft-Ökosystem grundsätzlich erstmal eine Absage erteilen würde und wo Windows 11, selbst wenn ich voraussichtlich das zusätzliche Jahr für mein Bestandssystem mit Windows 10 ziehen werde, fest in der Zukunftsplanung verankert ist. Windows ist und bleibt letztlich „mein Zuhause“ und das Betriebssystem, womit ich mich immer noch am Wohlsten fühle. Gleichzeitig ist aufgrund der Ereignisse aus der jüngeren Vergangenheit die Idee gereift, dass eine zusätzliche Absicherung für den Notfall eine gute Idee wäre. Dafür gibt es einen guten Vergleich: Wenn Backups angefertigt werden, geben manche schließlich auch den Rat, eines davon außerhalb zum Beispiel bei einem Familienmitglied aufzubewahren, falls es im eigenen Haus zu einem Brand, einem Diebstahl oder einem ähnlichen Vorfall kommen sollte.
Linux ist für mich in dem Punkt nicht nur ein alter und vertrauter Verbündeter, er bringt auch viele Vorteile mit. Man kann grundsätzlich mit einem lokalen Konto arbeiten, man ist unabhängiger von stark steigenden Mindestanforderungen anderer Betriebssysteme und es lässt sich auch dank älterer Hardware meistens kostengünstig umsetzen, wenn man es möchte oder aufgrund der finanziellen Verhältnisse vielleicht auch muss. Zudem hat Linux viele Fortschritte gemacht, welche die Nutzung für Windows-Veteranen mittlerweile angenehmer machen. Freunde portabler Programme können AppImages nutzen, während gerade die universellen Paketformate wie Flatpak eine Kombination aus stabilem Betriebssystem und moderner Software möglich machen, wie viele das gerade bei Windows XP und Windows 7 enorm geschätzt haben. Aber auch sonst haben etliche größere Entwickler mittlerweile offizielle Linux-Versionen ihrer Produkte veröffentlicht.
Noch ist es von meiner Seite aus auch nur ein Gedankenspiel, aber mittlerweile denke ich sehr stark darüber nach, dass ich in einen kommenden Migrationsprozess auch zumindest ein Gerät mit einer Linux-Distribution wie Linux Mint Debian Edition einplanen möchte. Es geht nicht um das Verlassen von Windows oder irgendwelche Missionierungsgedanken, aber ein „Notfallsystem“, was ich im Zweifelsfall einfach aus dem Regal ziehen kann und in den Grundzügen weiter voll handlungsfähig bin, dürfte aufgrund mancher Aktionen von Microsoft zunehmend zu einer immer besseren Idee werden.
Was denkt ihr über sowas? Schreibt es gerne in den Kommentarthread, mich interessiert wirklich, wie andere für sowas planen und wie ihr vielleicht auch auf die Kontensperrungen von Microsoft damals reagiert haben. Dass wir eine größere Zahl zumindest an parallelen Linux-Nutzern haben, zeigt ja nicht zuletzt auch unser offizieller Thread im Forum dazu.
Themen:
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Über den Autor

Kevin Kozuszek
Seit 1999 bin ich Microsoft eng verbunden und habe in diesem Ökosystem meine digitale Heimat gefunden. Bei Dr. Windows halte ich euch seit November 2016 über alle Neuigkeiten auf dem Laufenden, die Microsoft bei seinen Open Source-Projekten und der Entwicklerplattform zu berichten hat. Regelmäßige News zu Mozilla und meinem digitalen Alltag sind auch dabei.