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Google, Microsoft, Chromium und Tracking: Das wird noch spannend

Google, Microsoft, Chromium und Tracking: Das wird noch spannend

Jeder Internetnutzer kennt das: Man recherchiert zu einem Thema im Internet, zum Beispiel nach einer schönen Gegend zum Wandern. Anschließend bekommt man tagelang auf jeder Webseite, die man besucht, passende Werbung zu sehen: Wanderschuhe, Outdoor-Kleidung und so weiter.

Der Grund dafür sind Tracker, die von Werbenetzwerken gesetzt werden und die uns beim Surfen überall hin verfolgen. Sie wissen, welche Seiten wir besuchen, kennen demzufolge unsere Interessen und versuchen, nur solche Werbeanzeigen einzublenden, bei denen auch eine realistische Chance besteht, dass wir diese tatsächlich anklicken.

Das Werbegeschäft im Internet wird von Google dominiert, die ihrerseits existenziell auf Werbeeinnahmen angewiesen sind. Nur, um das deutlich zu machen: Werbeeinnahmen sind für Google nicht irgendwie bedeutsam oder ein wichtiges Standbein – sie sind das Rückgrat des Konzerns. Ohne Werbeeinnahmen würde Google auf der Stelle aufhören zu existieren, einen signifikanten Rückgang dieser Einnahmen könnte Google in keiner Weise kompensieren.

In seinen neuen, auf Chromium basierenden Edge-Browser hat Microsoft einen Tracking-Schutz integriert, welcher die Nutzer vor “bösen Trackern” schützen soll. In den Vorabversionen ist dieser Schutz seit dieser Woche generell aktiv. In der Standardeinstellung ist dieser Tracking-Schutz bereits aggressiv eingestellt und sorgt dafür, dass “weniger relevante Anzeigen” angezeigt werden.

Microsoft Edge Tracking Schutz

Lasst euch hier nicht von den edlen Motiven täuschen, die Microsoft vorgibt. Hier geht es nicht darum, etwas für die Nutzer zu tun. Der Tracking-Schutz im neuen Edge ist von einer einzigen Motivation getrieben: Es geht darum, Google einen finanziellen Schaden zuzufügen. Darum ist dieser Schutz auch in keiner Weise transparent. Welche Tracker blockiert werden und welche nicht, entscheidet Microsoft, und der Nutzer hat keine Möglichkeit, das zu kontrollieren. Vielleicht ist mein Verdacht, dass Google-Tracker aggressiv, die von Microsoft Advertising aber gar nicht blockiert werden, völlig aus der Luft gegriffen…ich kann das ja nicht überprüfen.

Microsoft sind nicht die Einzigen, die gegen Tracker mobil machen, auch Apple und Mozilla wollen dagegen vorgehen. Google ist mit seinem Chrome-Browser zwar die führende Kraft, dennoch kann es äußerst schmerzhafte wirtschaftliche Folgen haben, wenn die Konkurrenz mobil macht.

Man darf ohne Übertreibung davon ausgehen, dass bei Google bereits Panik ausgebrochen ist. Diese hat sich in dieser Woche sogar einen Weg an die Öffentlichkeit gebahnt. Unter der Überschrift “Building a more private web” kündigt man eine neue Funktion für den Browser Chrome an, die sich Privacy Sandbox nennt. Tatsächlich versucht Google hier einen Spagat zu schaffen: Mehr Privatsphäre für den Nutzer, ohne dass die Personalisierung von Werbeanzeigen darunter leiden muss.

Google umreißt das Problem so: Weil immer mehr User Cookies blockieren, sammeln die Werbenetzwerke andere Informationsfetzen wie z.B. Browser, Systeminfos, Bildschirmauflösung und andere Details, um daraus einen “Fingerabdruck” zu erstellen, anhand dem sie den Besucher auf allen Webseiten identifizieren können. Darum will man zusammen mit anderen Browser-Entwicklern neue Standards etablieren, die das Fingerprinting verhindern, aber trotzdem sicherstellen, dass Werbeanzeigen weiterhin personalisiert werden können.

Das wird noch sehr spannend werden, denn die unterschwellige Botschaft lautet: Wir kriegen euch sowieso. Entweder ihr einigt euch mit uns auf unsere Spielregeln, oder wir spielen fies. Aufgrund seiner oben beschriebenen Abhängigkeit von den Werbeumsätzen hat Google nicht den geringsten Spielraum für irgendwelche Kompromisse. Wenn Microsoft es mit dem Tracking-Schutz in seinem Chromium-Browser zu bunt treibt, wird Google das nicht unbeantwortet lassen.

P.S.: Als jemand, der zwar nicht existenziell, aber doch zu einem guten Teil auf Werbeeinnahmen angewiesen ist, habe ich eine andere Sicht auf die Dinge. Das schränkt meine Objektivität bei diesem Thema ein und ich bin Google gegenüber da freundlicher gesinnt als viele andere Nutzer, vielleicht sogar mehr, als mir das selber lieb ist. Vielleicht schreibe ich das mal in einem separaten Beitrag auf – falls euch das interessiert?

Über den Autor

Martin Geuß

Martin Geuß

Ich bin Martin Geuß, und wie unschwer zu erkennen ist, fühle ich mich in der Windows-Welt zu Hause. Seit mehr als 17 Jahren lasse ich die Welt an dem teilhaben, was mir zu Windows und anderen Microsoft-Produkten durch den Kopf geht, und manchmal ist das sogar interessant. Das wichtigste Motto meiner Arbeit lautet: Von mir - für Euch!

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