Mercedes stellt neues Infotainmentsystem MBUX vor – Update
Update:
Ab sofort ist ein Webspecial zum MBUX verfügbar. Hier kann man mal etwas mit dem neuen Infotainmentsystem von Mercedes spielen und die Bedienlogik selbst ausprobieren.
Ursprünglicher Artikel
Mit der CES ist die erste Tech-Messe des Jahres in vollem Gange. In Las Vegas sind auch Automobilkonzerne wie Mercedes-Benz vertreten. Der Erfinder des Automobils hat nun sein neuestes Infotainmentsystem vorgestellt. Käuflich zu erwerben wird es (zunächst) in der neuen A-Klasse – intern W177 genannt – sein. Diese feiert im Mai Premiere. Bevor wir uns dem neuesten Infotainment-Spross widmen, folgt zum besseren Verständnis zuerst eine kleine Einweisung in die Thematik.
Mercedes und das COMAND-Infotainmentsystem
Im Jahr 1998 debütierte in der S-Klasse, Baureihe 140, das erste COMAND-Infotainmentsystem. Es belegte den Doppel-DIN-Schacht und stellte Fahrhinweise auf einem 4:3-Bildschirm da. Die Navigationsfunktion kostete damals 4.200 DM – entspricht ca. 2.100 € – Aufpreis. Falls eine dynamische Routenführung gewünscht wurde, mussten nochmal 1.000 DM – also etwa 500 € – oben drauf gelegt werden. Über die Jahre wurden einige COMAND-Generationen verbaut, ehe dann in 2003 zum ersten Mal das COMAND APS NTG 1 (NTG steht für Neue Telematik Generation) in der E-Klasse, verfügbar war. Hierbei war das Europa-Kartenmaterial auf DVD gespeichert und ein 16:9-Monitor stellte die Karte dar. Die Recheneinheit war im Kofferraum verbaut, jedoch nicht für den Austausch durch den Fahrzeuginhaber gedacht. Produziert wurde das System von Becker. Das Unternehmen war später erneut Lieferant für die günstige Navigationseinheit Becker Map Pilot. Denn neben den Top-Modellen, die allesamt COMAND heißen, offeriert Mercedes auch kostengünstigere Festeinbau-Navis. In der C-Klasse ab 2007 wurde der Becker Map Pilot als Alternative zum Highend-Navi verbaut. Die gesamte Hardware, um aus dem standardmäßigen Radio mit Bildschirm, ein Festeinbau-Navi zu machen, war in einem kleinen Kästchen im Handschuhfach untergebracht. Die Besonderheit dabei: Bei Nichtgebrauch der Navigation konnte und sollte das Navimodul einfach vom Fahrer entfernt werden. Updates sollten einfach via USB-Kabel am PC erfolgen. Jedoch war einerseits die zwingend notwendige Becker Content Manager-Software unzuverlässig und andererseits passten manche Aktualisierungsdateien gar nicht aufs Gerät, weil der interne Speicher zu klein war. Zwar war ein SD-Kartenslot verfügbar, dieser konnte aber nicht zur Speichererweiterung genutzt werden. Unter anderem in der seit 2014 angebotenen C-Klasse des Typs W204 wird optional der Garmin Map Pilot verbaut. Dabei verzichtet man auf ein herausnehmbares Modul. Die gesamte Recheneinheit wird fest im Fahrzeug verbaut. Nur das Kartenmaterial kommt via SD-Karte in den Mercedes. Eine bewegte Geschichte also, bei der viel experimentiert wurde.
MBUX – Mercedes Benz User Experience
Nun wurde das neue von Mercedes gemeinsam mit Hardware-Partnern – unter anderem Harman inklusive Displays von Samsung – entwickelte Mercedes-Benz User Experience (kurz MBUX) der Öffentlichkeit vorgestellt. Das System besteht immer aus zwei Bildschirmen. Einer sitzt hinter dem Lenkrad als Ersatz für das Kombi-Instrument. Der andere Screen bildet das Zentralinstrument. Das digitale Instrumentendisplay wird ausschließlich via dem linken Touchpad am Lenkrad bedient. Die Bedienung des Infotainmentscreens erfolgt dagegen entweder via Sprache, Touchscreen oder über Touchpads, die in der Mittelkonsole und im Lenkrad integriert sind. Die Bedienlogik erkennt dabei Wischbewegungen in alle vier Himmelsrichtungen. Begrüßt werden die Insassen vom Homescreen. Dieser enthält frei konfigurierbare Elemente mit Live-Informationen – warum muss ich da nur an die Live-Kacheln von Windows 8 bzw. 10 denken?! Außerdem hat jede der drei Kacheln noch zwei kleine Buttons, um Schnellaktionen – wie z.B. das nächste Lied abspielen – ausführen zu können. Wischt der Nutzer nach unten, so werden Favoriten und empfohlene Inhalte angezeigt. Letztere erlernt ein Algorithmus. Mit einem Tipp auf eine der zentral abgebildeten Symbole gelangt man dann zur zweiten Ebene. Auf dieser sogenannten Baseebene wird eine App inklusive der wichtigsten Bedienelemente dargestellt. Alle weiteren Optionen befinden sich im Untermenü, das mit einem Tipp auf die Schaltflächen am unteren Rand des Bildschirms erreicht werden kann.
Die Sprachsteuerung Linguatronic wurde überarbeitet. Nun versteht das System natürlich gesprochene Aussagen, wie z.B. “Mir ist kalt”, und stellt die Klimaautomatik entsprechend wärmer ein. Mit der Zeit lernt die Dame die Stimme der Passagiere, denn die Informationsverarbeitung wird zwischen dem Auto samt verbauter Recheneinheit und der Cloud aufgeteilt. Die Spracherkennung funktioniert also auch offline, wenn mal wieder kein oder sehr schwaches Internet zur Verfügung steht. Um die Sprachsteuerung zu aktivieren, muss man nur “Hey Mercedes” sagen. Eine Analogie also zu Amazon Alexa und Co, sowie die Hommage an den Mädchennamen Mercedes, der ja als Inspirationsquelle für den Markennamen dient.
In der A-Klasse gibt es keine klassischen Instrumenten mehr, sondern ausschließlich Bildschirme. Es gibt drei verschiedene Ausführungen des MBUX, die ich Euch in der nachfolgenden Tabelle aufgelistet habe.
Die optional erhältliche Navigationsfunktion verwendet die Karten von HERE. Diese sind dabei immer auf dem fest verbauten Speicher abgelegt und dienen so der Offline-Routenführung. Adressen können nun – alternativ zur herkömmlichen Eingabe – auch mit drei Worten eingestellt werden. Dazu hat das Start-Up What3words ein System entwickelt, bei dem der ganze Globus in drei mal drei Meter große Quadrate eingeteilt ist. So kann jeder Ort auf der Welt als Adresse verwendet werden, selbst wenn keine Anschrift verfügbar ist. Allerdings muss man die drei Worte, die zum Ort gehören, natürlich kennen.
Mercedes me-Dienste
Updates für das MBUX-System erfolgen over-the-air, da alle Versionen über eine integrierte LTE-SIM-Karte verfügen. Die Aktualisierungen werden erst nach einer eingehenden Überprüfung seitens Mercedes verfügbar sein und mit TLS-Verschlüsselung übertragen. Jedes MBUX kann auf die Mercedes me-Dienste zugreifen. Kostenfrei nutzbar sind der Notruf mit Ortungsfunktion (lässt sich auch deaktivieren), Wartungsdienste und Telediagnose. Daneben können Kunden kostenpflichtige Dienste hinzubuchen. Dabei stehen verschiedene Pakete zur Wahl:
- Fahrzeug-Setup: Anzeige des aktuellen Fahrzeugstatus, wie Tankfüllstand, Kilometerstand am Smartphone oder via Webseite abrufen. Ebenfalls ist es möglich, aus der Ferne das Auto abzuschließen.
- Fahrzeug-Monitoring: Überprüfen, ob das Fahrzeug einen vorher definierten Bereich verlässt. Ermittlung des Fahrzeugortes sowohl während der Fahrt (Teilen via Web), als auch am Zielort, um den geparkten Wagen leichter zu finden.
- Digitaler Fahrzeugschlüssel: Ein via NFC-gekoppeltes Smartphone dient als Autoschlüssel.
- Navigationsdienste: Hier offeriert Mercedes einige Dienstleistungen, die alle einzeln abonniert werden können. Angefangen von den Echtzeitverkehrsinfos, über Online-Kartenupdates, der Anzeige von Elektro-Ladestationen, Preisen von Tankstellen, Wetter- und Parkplatz-Infos bis hin zur Send2Car-Funktion, um Naviziele vom Smartphone ans Festeinbau-System zu verschicken.
Vorhersage-Funktion und Vernetzung mit smarten Geräten
Ein interessantes Feature sind die “Prediction Features”. Hierbei wird durch künstliche Intelligenz erlernt, was der Fahrer häufig macht. Nicht nur zu bestimmten Tageszeiten gefahrene Routen, sondern auch daran gekoppelte Playlisten oder häufig gewählte Telefonnummern schlägt MBUX dem Fahrer vor. Um Smartphones in MBUX einbinden zu können, stehen sowohl Apple CarPlay als auch Android Auto zur Wahl. Ferner steht für iOS und Android-Smartphones sowie Smartwatches die Mercedes connect me-App zur Verfügung. Darüber können einerseits Remote-Funktionen gesteuert und andererseits Abonnements verwaltet werden. Befindet sich ein Gerät mit Google Home oder Amazon Alexa im Besitz, so können auch darüber Remote-Dienste bedient werden. Diese Funktion ist momentan auf USA, Großbritannien und Deutschland beschränkt. Ein ebenfalls spannendes Feature stellen die Augmented-Reality-Karten dar. Hierbei kann das Navi auf die Daten der Frontkamera zugreifen und somit Fahrhinweise in das reale Bild einblenden. Die auf diese Weise erstellte Ansicht wird auf Wunsch im 10-Zoll-Display angezeigt.
Quellen: Daimler, La Rocco, Nicholas: Mercedes-Benz User Experience: Infotainmentsystem MBUX setzt auf Touch und Nvidia-SoC.
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Über den Autor
Claus Ludewig
Ich bin mit Windows 98 aufgewachsen und habe seitdem jede Windows- und Office-Version genutzt. Zum Entspannen dient die Xbox. Neben der engen Verbundenheit zu Microsoft-Produkten, schaue ich auch gerne mal über den Tellerrand hinaus in die weite Welt. Ich interessiere mich für alles, was vier Räder hat. In diesem Sinne nehme ich Euch gerne zu einer Spritztour mit.