Microsoft Edge: Wen muss der Browser mit seinem Neustart überzeugen?
Der neue Microsoft Edge auf Chromium-Basis geistert seit vorletzter Woche durchs Netz, der aus Sicht von Microsoft unfreiwillige Beta-Test hat damit begonnen. Es sind vorwiegend Windows-Fans und Enthusiasten, die sich die geleakte Version anschauen, die Mehrheit der Nutzer tut weiterhin das, was sie von Anfang an getan hat: Sie ignoriert Edge.
Die kleine, aber eben durchaus vorhandene Fan-Gemeinde von Microsoft Edge schaut mit Sorge auf den aktuellen Stand und fürchtet, liebgewonnene Funktionen wie die Leseliste oder die Möglichkeit, Notizen direkt auf Webseiten zu kritzeln, könnten im Zuge der Umstellung verloren gehen. Solche Sorgen sind verfrüht, denn der aktuelle Entwicklungsstand war ja noch gar nicht für unsere Augen bestimmt. Ich greife es deshalb auf, weil in den Meinungsblasen der Microsoft-Communities derzeit ein Zerrbild entsteht, und ich gebe zu, ich bin diesem Trugschluss zunächst auch auf den Leim gegangen: Ich dachte nämlich, es würde eine Rolle spielen, ob der neue Edge seinen aktuellen Nutzern gefallen wird oder nicht.
Genau das ist aber völlig unerheblich, ein Blick auf die Nutzer-Statistiken schreit uns das förmlich ins Gesicht: Fünf Prozent nutzen Edge, 95 Prozent nutzen ihn nicht. Ob diese fünf Prozent vom neuen Edge begeistert sind oder ob sich die Hälfte davon in Richtung eines anderen Browsers verabschiedet – wen sollte das interessieren? Schlimmer als aktuell kann es doch ohnehin kaum noch kommen.
Der neue Edge muss die Leute ansprechen, die ihn derzeit nicht nutzen. Das wird in der Tat schwer genug werden, die auf Basis der geleakten Version von den Fans kritisierte Ähnlichkeit mit Google Chrome ist dabei aber garantiert eher nützlich als schädlich. Schließlich will sich ein potenzieller Umsteiger nicht komplett umgewöhnen müssen. Wenn der neue Edge seine alten Nutzer mitnehmen kann, ist das gut. Entscheidend für die Zukunft ist es aber nicht, über diese entscheiden die anderen 95 Prozent.
Es gibt allerdings im Bezug auf die Überschrift dann doch noch einen speziellen Kundenkreis, den der neue Edge wirklich abholen muss, und das sind die Firmen. Vor allen Dingen in den traditionellen Großbetrieben herrscht ein zum Teil fürchterliches Browser-Chaos, ich kenne das aus eigenem Erleben: Nach der Migration auf Windows 10 ist grundsätzlich Edge der Standard-Browser, teilweise wird aber der Internet Explorer noch benötigt, weil ein paar alte Web-Anwendungen ihn benötigen. Und für die Seiten, die weder mit dem einen noch mit dem anderen Browser ordentlich funktionieren, sind dann zusätzlich noch Chrome oder Firefox im Einsatz.
Hier muss der neue Edge nicht nur die solide Standard-Basis bilden, die alternative Browser überflüssig macht, er muss auch zwingend eine „IE-Personality“ bekommen, die den unsäglichen Zustand beendet, dass man zwischen zwei Microsoft-Browsern hin und her geschubst wird. Ich kenne das wie gesagt aus der Praxis, es ist furchtbar. Der Internet Explorer muss zu einem Tab unterhalb von Edge werden, das sollte für Microsoft kein Problem sein und das sollte sich auch in den entsprechenden Verwaltungstools (Gruppenrichtlinien etc.) niederschlagen. Es wäre ein Segen, denn der Internet Explorer als eigenständig startbarer Browser kann dann verschwinden (unter der Haube wird ihn Microsoft natürlich bis in alle Ewigkeit behalten müssen).
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Über den Autor
Martin Geuß
Ich bin Martin Geuß, und wie unschwer zu erkennen ist, fühle ich mich in der Windows-Welt zu Hause. Seit mehr als 17 Jahren lasse ich die Welt an dem teilhaben, was mir zu Windows und anderen Microsoft-Produkten durch den Kopf geht, und manchmal ist das sogar interessant. Das wichtigste Motto meiner Arbeit lautet: Von mir - für Euch!