Microsoft-Konten: Ein halbes Happy End und eine Geschlechtsumwandlung
Seit Monaten beschäftige ich mich mit der Problematik gesperrter Microsoft-Konten. Einigen Leuten konnte ich helfen, anderen nicht, wieder anderen musste ich erklären, was sie möglicherweise falsch gemacht haben, obwohl das ja nicht meine Aufgabe wäre, sondern die von Microsoft.
Vor zwei Wochen habe ich meine Erlebnisse der letzten Monate in dem Artikel Wird die Nutzung eines Microsoft-Kontos zum unkalkulierbaren Risiko? zusammengefasst, und der Tenor ist: Es kann Jeden jederzeit treffen, und es ist aufgrund der mangelhaften und intransparenten Prozesse bei Microsoft reine Glückssache, ob man sein Konto wieder bekommt.
Ich will an dieser Stelle nochmals betonen, dass es nicht primär um Schuld oder Unschuld der Betroffenen geht, sondern darum, dass sich genau das nicht klären lässt, weil Microsoft nicht sauber kommuniziert und es sehr schwer ist, Kontakt mit einem Menschen zu bekommen, der tatsächlich etwas bewegen kann. Der 1st Level Support, bei dem man als Endkunde bei Microsoft landet, kann rein gar nichts. Da sitzen auch keine Microsoft-Mitarbeiter, sondern Callcenter-Agenten, deren Arbeitgeber das Outsourcing nach dem Prinzip “billigst erhält den Zuschlag” gewonnen hat.
Ich werde bei dem Thema nicht locker lassen. Nicht, weil ich Microsoft ärgern möchte, sondern weil ich viele Produkte und Dienste weiterhin auch für Endkunden für die besten halte und ich mir deshalb sehnlichst wünsche, dass Microsoft in diesem Punkt besser wird. Meine Chancen, wirklich etwas zu bewegen, schätze ich realistisch ein, keine Sorge. Trotzdem will ich es nicht unversucht lassen.
Heute habe ich euch neben der Nachricht, dass sich in den letzten beiden Wochen wieder mehrer neue Betroffene gemeldet haben, zwei kuriose Geschichten mitgebracht.
Die Erste betrifft einen der “Hauptdarsteller” aus dem Beitrag von vor zwei Wochen. Es war jener Kunde, der durch die Sperre seines Kontos Spiele und Apps im Wert von etwa 2.000 Euro verloren hatte. Nach einer aufwändigen Prozedur, mit der seine Identität geklärt werden sollte, schlug man ihm sozusagen kurz vor dem Ziel die Tür vor der Nase zu und teilte ihm mit, dass sein Konto nun endgültig geschlossen sei.
Gegen Ende der letzten Woche meldete er sich wieder bei mir und erzählte, er habe in seinem Frust in schneller Folge zehn Anfragen an den Support geschickt und mit rechtlichen Schritten gedroht, sollte man ihm sein Konto nicht sofort zurück geben. Er erhielt tatsächlich Antwort: Eine Sophie vom Microsoft-Kundendienst (Die haben dort viele Sophies oder diese eine ist sehr fleißig, so oft wie ich den Namen lese) meldete sich und erklärte, sie könne sein Problem nicht nachvollziehen, sein Konto sei doch gar nicht gesperrt.
In der festen Überzeugung, Microsoft wolle sich jetzt auch noch über ihn lustig machen, versuchte er sich anzumelden – und war drin. Das Konto ist nun wieder frei, die Apps und Spiele sind wieder da, allerdings ist sein Gamerscore von 140.000 auf 40.000 gefallen und eine Erstattung für die umsonst bezahlte Zeit bei Xbox Live wird er ebenfalls nicht bekommen – es lag ja schließlich nie ein Problem vor. Die Freude über den wiedererlangten Account bewegt sich daher in engen Grenzen, von einem Happy End kann man da nur mit viel gutem Willen reden. Seine Entscheidung, nie mehr auch nur einen Cent bei Microsoft auszugeben, will der Betroffene deshalb auch nicht mehr revidieren.
Die Geschichte von Stefan Sexl
Der zweite Fall ist eher ein Kuriosum und Schmunzeln ist ausdrücklich erlaubt, dennoch zeigt er den Nachholbedarf, den Microsoft bei seinen automatisierten Kontoprüfungen hat, sehr gut auf. Es geht um Stefan Sexl und vielleicht ahnt ihr ja schon ein bisschen was. Glaubt mir, es kommt viel besser.
Herr Sexl hatte über viele Jahre ein Microsoft-Konto und nutzte dieses völlig unbehelligt und zu seiner vollsten Zufriedenheit. Eines Tages jedoch öffnete er sein OneNote und wurde als Britta Strasser begrüßt. Auf den ersten Blick erschrak er zu Tode, denn er musste ja glauben, OneNote habe soeben das Notizbuch einer völlig fremden Person geöffnet, was wiederum bedeuten könnte, dass just in diesem Moment jemand anderes Zugriff auf seine Notizen hat. Auf den zweiten Blick schnaufte er zunächst durch, denn alle sichtbaren Inhalte waren seine eigenen.
Stefan schaute etwas genauer nach und stellte fest, dass aus einem zunächst nicht nachvollziehbaren Grund der Name im Profil seines Microsoft Kontos von Stefan Sexl in Britta Strasser geändert wurde. Folglich trugen auch sein OneDrive und von ihm erstellte Office-Dokumente nun diesen Namen.
Der Versuch, den Namen wieder zu korrigieren, brachte schließlich Licht ins Dunkel: Der Name “Sexl” enthält ein unzulässiges Wort. Stefan postete seine Geschichte auf LinkedIn und durfte sich allerhand lustige Sprüche anhören.
Der “Böse Worte Bot” war also über den Namen gestolpert und hatte sich kurzerhand entschlossen, dem Besitzer nicht nur einen neuen Namen, sondern auch ein neues Geschlecht zu verpassen.
Selbstverständlich lassen sich gewisse Regeln bei der Vielzahl von Konten nur mit Automatismen überwachen. Eine schlaue KI, von der Microsoft oft und gerne behauptet, sie zu besitzen, würde jedoch anhand verschiedener Parameter überprüfen, ob es sich hier tatsächlich um einen Fake Account handelt. Im Falle von Stefan Sexl hätte sie bemerkt, dass dieses Konto “lebt”, regelmäßig genutzt wird und in so ziemlich allen Eigenschaften einem Fake Account widerspricht.
Stefan Sexl hat sich entschlossen, sein digitales Leben bei Microsoft vorerst als Stefan Fischer weiterzuleben.
Thema:
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Über den Autor
Martin Geuß
Ich bin Martin Geuß, und wie unschwer zu erkennen ist, fühle ich mich in der Windows-Welt zu Hause. Seit mehr als 17 Jahren lasse ich die Welt an dem teilhaben, was mir zu Windows und anderen Microsoft-Produkten durch den Kopf geht, und manchmal ist das sogar interessant. Das wichtigste Motto meiner Arbeit lautet: Von mir - für Euch!