Microsoft To-Do: Weiterentwicklung krankt an schleppender Portierung von AWS zu Azure
Im April 2017 schickte Microsoft das von den aufgekauften 6Wunderkindern entwickelte „Microsoft To-Do“ ins Rennen und erklärte es zum offiziellen Nachfolger von Wunderlist. Die fehlenden Funktionen sollten zügig nachgerüstet werden, Wunderlist dagegen wurde offiziell in den Wartungsmodus versetzt. Was seither geschah, ist bekannt: To-Do hat sich nicht nennenswert weiterentwickelt, essentielle Funktionen wie zum Beispiel geteilte Listen fehlen noch immer.
Im November schrieb ich den Artikel „Geschichte wiederholt sich: Nach dem Edge- nun der Wunderlist-Effekt“ und stellte in diesem fest, dass Microsoft erneut einen noch nicht marktreifen Nachfolger für ein populäres Produkt an den Start schickt und dann nicht nachlegt – mit dem Ergebnis, dass sich die Nutzer abwenden und nach Alternativen schauen. Für April, wenn sich der Start von To-Do jährt, hatte ich das Thema auf Wiedervorlage, nun ist mir aber Kollege Caschy zuvor gekommen und hat auf Twitter seinen Unmut über den Zustand von To-Do geäußert – auch er ist inzwischen zu Todoist abgewandert.
Christian Reber, Gründer von 6Wunderkinder, gab dazu gleich mehrere Statements ab und klang dabei ziemlich resigniert. In einem Tweet schreibt er:
„Ich habe mich langsam damit abgefunden, war keine angenehme Erfahrung… Wunderlist wird es noch deutlich länger geben als angekündigt, es gab technische Herausforderungen bei der Portierung. Ich wünsche dem Team das es gelingt.“
Dann ergänzt er:
Ursprünglich war das Ziel die App noch ~1 Jahr laufen zu lassen, und dann Microsoft To-Do fertig zu haben. Wird aber noch länger dauern, solange bleibt Wunderlist auch online (was ja Sinn macht)“.
Schließlich erklärt er auch noch den technischen Grund für die Verzögerung:
„Erklärung: Wunderlist’s API läuft auf AWS, und sollte dann auf Azure portiert werden. Das war aber extrem aufwändig, deshalb musste alles neu geschrieben werden (auch für Exchange/Office Integration). Ist aber leichter gesagt als getan, deshalb dauert es so lange.“
Der aktuelle Stand ist also der, dass noch immer offen ist, ob und wann To-Do mit Wunderlist wirklich gleich zieht, was die fortgeschrittenen Funktionen zur Zusammenarbeit betrifft. Das wäre noch nicht einmal schlimm, hätte Microsoft nicht völlig ohne Not die Verbindung zwischen den beiden Diensten hergestellt und Wunderlist zu früh auf’s Abstellgleis geschoben. Gewiss, die Leute haben sich lange Zeit gefragt, wofür Microsoft eigentlich zwei Apps zur Aufgabenplanung benötigt, diese Frage schien im April 2017 beantwortet.
Jetzt ist die Situation aber völlig verfahren. Einerseits läuft man Gefahr, dass immer mehr Wunderlist-Nutzer zu anderen Diensten abwandern, denn auch wenn es nach wie vor seinen Dienst tut: Niemand fühlt sich so wirklich wohl damit, einen abgekündigten Dienst zu nutzen. Andererseits kommt To-Do dabei völlig zu Unrecht viel zu schlecht weg. Ich liebe es gerade wegen seiner Schlichtheit, Wunderlist war für meine Zwecke immer zu überladen. Statt zwei wirklich guter Produkte hat man nun zwei, mit denen irgendwie niemand so richtig glücklich ist.
Thema:
- Software
Über den Autor
Martin Geuß
Ich bin Martin Geuß, und wie unschwer zu erkennen ist, fühle ich mich in der Windows-Welt zu Hause. Seit mehr als 17 Jahren lasse ich die Welt an dem teilhaben, was mir zu Windows und anderen Microsoft-Produkten durch den Kopf geht, und manchmal ist das sogar interessant. Das wichtigste Motto meiner Arbeit lautet: Von mir - für Euch!