Microsoft warnt vor den Gefahren des Internet Explorer - und bietet keine Alternative

Heute konnte ich auf vielen Seiten die Meldung lesen, dass Microsoft von Office 2019 abraten würde. Hintergrund ist ein Marketing-Gag, in dem Microsoft die Vorzüge von Office 365 hervor hebt. Eine klassische Nicht-News also. Dabei könnte man doch heute eine Geschichte erzählen, die wirklich paradox ist und bei der man auch nichts verdrehen muss.
„Die Gefahren bei der Verwendung des Internet Explorer als Standardbrowser“ lautet die Überschrift eines Beitrags auf einem offiziellen Microsoft-Blog, und es ist nicht etwa eine Marketing-Veröffentlichung, sondern ein technischer Artikel. Verfasst wurde er von Chris Jackson, bei Microsoft weltweit hauptverantwortlich für das Thema Cybersecurity.
Was Jackson in dem Artikel schreibt, ist keineswegs neu: Der Internet Explorer ist technisch vollkommen veraltet. Er holt allerdings noch weiter aus und beschreibt schonungslos, wie Microsoft jahrelang allerlei technischen Murks in den Internet Explorer integrierte und dabei keine Rücksicht auf Standards genommen hat. Wer heute eine brandneue Webseite erstellt und sie im Internet Explorer aufruft, der laufe Gefahr, dass sie mit 20 Jahre alten Implementierungen gerendert wird.
Jackson stellt in seinem Artikel sinngemäß fest, dass der Internet Explorer eigentlich gar kein Browser mehr ist, sondern lediglich ein Kompatibilitäts-Werkzeug. Mit dem Enterprise Modus können Firmen ihre (veralteten) Web-Applikationen weiterhin nutzen. Web-Entwickler testen und entwickeln nur noch für moderne Browser und haben den Internet Explorer gar nicht mehr auf dem Schirm. Wer ihn noch als Standardbrowser verwendet, läuft also Gefahr, die Möglichkeiten moderner Web-Apps nicht ausnutzen zu können.
Das wäre der Punkt, an dem man üblicherweise zur eigenen Lösung überleitet. Genau an der Stelle aber endet der Artikel von Jackson. Microsoft Edge wird mit keinem Wort erwähnt.
Damit beschreibt Jackson unfreiwillig, aber perfekt das Dilemma, in das Microsoft vor allen Dingen seine Unternehmenskunden gestürzt hat. Für private Endnutzer war die Sache einfach: Nachdem Microsoft den Internet Explorer beerdigt hatte, ohne mit Edge einen adäquaten Ersatz zu liefern, sind die Nutzer in Scharen zu Google Chrome gewechselt. In Unternehmen tut man sich damit natürlich nicht so leicht.
Ich erlebe in einem großen Unternehmen beinahe täglich, welches Chaos da angerichtet wurde. Manche Intranet-Seiten öffnen sich standardmäßig in Edge, manche im Internet Explorer. Egal welchen Browser man startet, nach ein paar Klicks landet man immer im anderen. Und da manche Seiten weder mit dem IE noch mit Edge ordentlich funktionieren, stehen optional auch noch Chrome und Firefox zur Verfügung. Es ist ein heilloses Durcheinander und die Leute sind permanent am Fluchen.
Mit dem neuen Chromium-Edge kann dieses Chaos wieder einigermaßen aufgeräumt werden, für die Unternehmenskunden kann er gar nicht schnell genug kommen. Die Vorbehalte gegenüber Google könnten Microsoft hier davor bewahren, in eine ähnliche Browser-Bedeutungslosigkeit zu stürzen wie im privaten Umfeld.
Kommentare
Allerdings dürfen wir hier lokal sowieso fast nichts steuern. Das Problem ist ja hauptsächlich dieses Hin und Her zwischen den Browsern. Ich hoffe deshalb auch sehr, dass es beim neuen Edge so gelöst wird, dass man immer im selben Fenster bleibt.
Nein, die neuen Webseiten sind überwiegend eine Katastrophe. Würde man die ganzen überflüssigen Animationen entfernen, die Werbung auf 15 % des Informationsanteils (nach Datenvolumen gemessen) reduzieren sowie Programmierer beschäftigen, die ihr Handwerk verstehen, gäbe es viel weniger Probleme.
Und es wird immer schlimmer!
Gruß
Hafe
Das hat man bei uns in der Pilotphase damals auch versucht. Als man dann per GPO die Startseite von Edge aufs Intranetportal gestellt hat und damit genau Lukas Szenario bekam, ist endlich jemandem aufgefallen dass das eine saublöde Idee ist.
Dann hat man das zum Glück alles zurück gerudert. Edge öffnet nie mehr den IE. Und scheinbar sind User doch nicht so doof wie man glaubte oder die Anzahl inkompatibler Webanwendungen gar nicht mehr so hoch... aber im Grunde weiß jeder, dass man Intranet im Zweifel über den IE macht und sonst den Bowser seiner Wahl.
Dieses IE-Elend mit den in die Jahre gekommen Anwendungen im Intranet hat m.E. auch Ursachen bei den kurzsichtigen IT-Entscheidern. Viel zu lange wurde "Standard" hoch gehalten und die IE-spezialisierte Entwicklung vorangetrieben. Nachweise von deutlichen Geschwindigkeitsvorteilen beim Rendern einer Anwendung, die regelmäßig von über 2000 Anwendern genutzt wurde? "Aber IE ist Standard".
Nun sitzen auch sie mit in den alten "Propellermaschinen".
Dumm wenn Seiten für proprietäre Erweiterungen gemacht werden und Browser Features entfernen wegen Sicherheit u.ä..
1. Microsoft würde lieber heute als morgen den IE aus Windows 10 entfernen. Problem dabei ist das es ganz viele Firmen gibt, die eben noch Intranet Seiten haben, die speziell für eine IE Version entwickelt wurden. Oder aber diese haben eine Jave Plugin, welches nur noch im IE läuft, da kein anderer Browser solche Plugins mehr unterstützt.
2. Aus diesem Grund wurde der Enterprise Mode geschaffen und verschiedene andere Policies um bestimmte Websites noch im IE öffnen zu können. Der Edge soll aber für moderne Websites, entweder intern oder extern verwendet werden.
3. Der Artikel ist leider sehr unglücklich (wie so oft) formuliert, die Alternative im Enterprise Umfeld ist für viele Kunden schon der Edge. Es gibt aber auch manche Kunden die gleich andere Browser einsetzen.
@Granolche: Ja, das wäre schön, nur wäre der Sturm der Entrüstung bei vielen Kunden, gerade auch großen Firmen, groß, das kann man nicht so einfach.
@harfer: Hier geht es eher um Intranet Seiten, da ist eher weniger Werbung.
@Martin: Welche Lösung würdest Du dir denn wünschen? Ich denke nicht das das klappt IE Seiten mit Plugins usw. im Edge Fenster zu öffnen.
Das Problem ist ja, dass viele Unternehmen einfach den enormen Aufwand und die dahinter stehenden Kosten scheuen, die damit erstmal verbunden wären. Das rächt sich jetzt. Damals wurden die ganzen Anwendungen ja alle auf den Internet Explorer zugeschnitten, und das zu einer Zeit, wo Microsoft auf Webstandards und dergleichen mehr oder weniger gepfiffen hat. Heutige Webstandards haben solche Plugins im Grunde überflüssig gemacht und selbst bei Java, was ja das Paradebeispiel ist, kommt man normalerweise heute ohne das Plugin aus. Das wird von Oracle ja schon lange nicht mehr weiterentwickelt.
Das Problem bleibt aber auch nach dem Wechsel von EdgeHTML auf Chromium/Blink bestehen, wenn Edge den Wechsel dann vollzogen hat. Chromium ist nicht weniger restriktiv, insofern müssten die Admins und Entwickler trotzdem eine Umstellung in Angriff nehmen.
Sag doch was, das du bei uns gerade wieder zu Besuch bist und dir unser IT System anschaust.
Es ist in der Tat wie beschrieben, da einige SAP Applikationen im Edge nicht funktionieren geht es mit dem IE weiter, bis man dort wieder auf Seiten und Funktionen trifft, die nur Edge darstellen kann.
Und andere Browser sind verboten ;)
@geoigeek: Edge Chromium wird wahrscheinlich auch für Server kommen, ist noch nicht 100% bestätigt, aber sehr sehr sicher.
Ja, so wird es wohl werden, aber weißt ja, Support usw. ;)
Echt? Find ich gut. :D
Wäre dann ja auch eine gute Basis für Crossplattform-Kompatiblität. Der Edge auf Mac OS, das wäre doch was. ;)
Nun ja, ich hatte vor kurzen ein W10-Update, danach waren meine Netzwerkgeräte weder über IP noch über die Hostnames erreichbar. Dies ließ sich nur über einen Workaround mit dem Internet Explorer lösen. Auch wenn ich diesen gar nicht mehr nutze, war ich da froh ihn noch zu haben.
Und im Bericht von Microsoft geht es genau darum, dass der seit Jahren planmäßig feature-complete IE für alte Intranet-Apps keinesfalls als Web Browser heutzutage noch genutzt werden sollte.
Jede Werbung in diesem wichtigen Hinweis für einen beliebigen anderen Browser wäre daher dumm und ablenkend. Scheint ja hier das Ziel erreicht zu haben.
Webseiten optimiert man für User nicht für Browser.
Lutz
Windows Updates laufen immer durch, und BIOS halte ich so oder so aktuell, auch ohne spectre und Co. Also vermutlich habe ich auf BIOS ebene schon irgendwelche patches abbekommen...
Ja, eine kurze Antwort, die bestimmt auch andere trottel wie mich interessiert, wäre cool.
Danke.
EDIT
ich weiß nicht warum das hier steht, sollte ins forum über spectre 🤪
Welcher Schutz aktiv ist, läßt sich mit https://support.microsoft.com/de-de/help/4074629/understanding-the-output-of-get-speculationcontrolsettings-powershell überprüfen. Welche Microcode-Updates im BIOS oder Windows zur Verfügung stehen, zeigt https://www.heise.de/ct/entdecken/?keywords=showmc
Manche Seiten, zu Beispiel unser Mitarbeiterportal zur Zeit- und Lohnabrechnung wollen einfach nicht sauber in Edge (Standardbrowser) laufen. Also sind manche Seiten per unübersichtlicher XML in einer Gruppenrichtlinie hinterlegt, die dem Rechner sagt, wann für Kompatibilität der IE genutzt werden soll. Da haben schon viele Rückfragen gestellt, warum das genau SO ist. Richtig ätzend und vor allem wird die XML mit steigender Anzahl an inkompatiblen Webseiten nicht übersichtlicher ;-)
Bei Apple scheint man auch noch nicht´s vom Niedergang des IE´s zu wissen. Spiele gerade mit Pages herum und kann es am Windows PC nur mit Chrome oder IE nutzen.