Microsofts Geschäftsmodell für digitale Assistenten: Langweilig, aber erfolgversprechend

In der letzten Woche fand mit der Consumer Electronics Show in Las Vegas die erste große Technikmesse des Jahres 2019 statt. Eine Messe, die früher ohne Microsoft unvorstellbar war. Bis zum Jahr 2012 war es sogar eine feste Tradition, dass der Microsoft-CEO die Eröffnungs-Keynote hält, dann zogen sich die Redmonder von der CES zurück.
Es gab auf der diesjährigen CES zwar einige Windows-Highlights, Microsoft selbst aber war nicht vertreten und wurde auch nicht vermisst. Digitale Assistenten wie Google Home oder Amazons Alexa spielten in diesem Jahr einmal mehr die Hauptrollen. Das war schon im Jahr 2018 der Fall, und es wirkt rückblickend fast schon bizarr, dass Microsoft im letzten Jahr zeitgleich zur CES eine Pressemeldung veröffentlichte, in der Cortana eine mindestens ebenso großartige Zukunft mit zahlreichen Partnern vorhergesagt wurde.
Wenige Monate später wurde das Cortana-Führungsteam ausgetauscht und Javier Soltero übernahm, der Microsoft inzwischen aber verlassen hat. Cortana ist jetzt mausetot, aber getreu dem Motto „Cortana ist tot, es lebe Cortana“ wird Microsoft in Zukunft Sprach-Funktionen in seine Produkte einbauen, die dann unter dem selben Namen laufen, aber mit der eigentlichen Idee nichts mehr zu tun haben.
Schade für Fans, betriebswirtschaftlich sinnvoll für Microsoft, weil es für Cortana im Smart Home kein Geschäftsmodell gibt. Es gibt keinen Weg, über den Microsoft mit einem eigenen Assistenten Geld verdienen könnte, was nun mal das primäre Ziel eines Unternehmens ist.
Pünktlich zur CES hat Microsoft letzte Woche wieder Pressemeldungen herausgegeben, glücklicherweise waren diese weit weniger peinlich als die vom letzten Jahr. Im Bezug auf digitale Assistenten spricht man jetzt davon, dass man mit den verschiedenen AI-Services in Azure eine Plattform zur Verfügung stellt, auf der Partner ihre eigenen Assistenten erstellen können.
Ein Ansatz, der in der Tat erfolgversprechend sein könnte, denn wer aktuell in diesem Geschäft mitspielen möchte, der hat zwei Möglichkeiten: Entweder man entwickelt die Technik selbst, wofür nur wenige Firmen die entsprechenden Ressourcen haben, oder man begibt sich in eine Partnerschaft mit Google oder Amazon, was letztlich in einer Abhängigkeit endet.
Wir werden Sprachsteuerungen künftig in so vielen Geräten und Gegenständen des Alltags haben. Microsoft bietet mit seinem Angebot interessierten Partnern quasi die Möglichkeit, sich von einer drohenden Abhängig von Google oder Amazon „freizukaufen“ und eigene Lösungen zu entwickeln, ohne sich allerdings mit den besonderen technischen Herausforderungen herumschlagen zu müssen. Natürlich nur unter der Voraussetzung, dass Microsofts Plattform auch wirklich tauglich ist.
Aber nicht falsch verstehen: Ich werde enttäuschten Microsoft-Fans an dieser Stelle nicht erklären, dass doch eigentlich alles ganz toll ist. Wer die Technik im Hintergrund liefert, ist dem Kunden nämlich völlig Banane. Darum ist Microsofts Ansatz zwar für das Unternehmen durchaus erfolgversprechend, für den Endkunden aber langweilig und damit auch uninteressant.
Es könnte anders sein, wenn die Kunden sich bewusst für Lösungen entscheiden würden, bei der die Bereitstellung von Sprachfunktionen tatsächlich ein Produkt-Feature ist, und wo es nicht darum geht, die auf diesem Weg gewonnen Daten bestmöglich zu verwerten.
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- Künstliche Intelligenz
Über den Autor

Martin Geuß
Ich bin Martin Geuß, und wie unschwer zu erkennen ist, fühle ich mich in der Windows-Welt zu Hause. Seit mehr als 17 Jahren lasse ich die Welt an dem teilhaben, was mir zu Windows und anderen Microsoft-Produkten durch den Kopf geht, und manchmal ist das sogar interessant. Das wichtigste Motto meiner Arbeit lautet: Von mir - für Euch!