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Nach dem Nein der Briten zur Activision-Übernahme: Zwischen Kampf- und Katerstimmung

Nach dem Nein der Briten zur Activision-Übernahme: Zwischen Kampf- und Katerstimmung

Die britische Kartellbehörde CMA hat in der vergangenen Woche ihre Zustimmung zur Übernahme von Activision durch Microsoft verweigert. Während das Sony-Lager jubelt, zeigen sich Microsoft und Activision wütend und schockiert. Wie geht es nun weiter? Ich versuche nachfolgend die wichtigsten Informationen zusammenzutragen.

Dass die direkt oder mittelbar beteiligten Parteien eine subjektive Sicht auf die Dinge haben, liegt in der Natur der Sache. Der Tenor in der Fachpresse und unter unabhängigen Marktexperten ist allerdings weitgehend einstimmig: Die Entscheidung der CMA ist falsch, beruht auf falschen oder spekulativen Annahmen und zeugt insgesamt von grober Unkenntnis. Einige Beobachter warnen sogar vor ernsten Folgen für die britische Wirtschaft, weil diese Entscheidung vor Investitionen in Großbritannien abschrecken könne.

Formal geht es jetzt mit einer Berufung vor dem Competition Appeal Tribunal, kurz CAT, weiter. Microsoft und Activision geben sich logischerweise optimistisch, dass eine Berufung erfolgreich sein wird, ein Blick auf die Historie zeigt aber, dass die große Mehrzahl der Einsprüche abgewiesen wird. Das Berufungsverfahren kann zwischen wenigen Monaten und mehreren Jahren dauern, und am Ende wird das CAT die Entscheidung selbst im günstigsten Fall nicht einfach aufheben, sondern die CMA zu einer erneuten Überprüfung verpflichten. Sollte es auf diesem Weg tatsächlich zu einer nachträglichen Zustimmung kommen, so wird diese realistisch gesehen frühestens im Spätjahr erfolgen.

Die amerikanische FTC, die den Deal ebenfalls blockieren möchte, hat bekanntermaßen ein Verfahren vor dem internen Schiedsgericht in die Wege geleitet, um die Übernahme untersagen zu lassen. Hier ist ebenfalls frühestens im Spätjahr mit einer Entscheidung zu rechnen.

Am 22. Mai endet die selbst gesetzte Deadline der Europäischen Kommission. Es könnte sein, dass eine Entscheidung schon vorher verkündet wird. Sollte die EU die Übernahme genehmigen, wird es spannend, denn das würde sowohl die CMA als auch die FTC unter Druck setzen. Sollte die EU ebenfalls den Daumen senken, kann ich mir nur schwer vorstellen, dass die Übernahme noch stattfindet.

Ein weiterer Stichtag ist der 18. Juli. Die Übernahmevereinbarung zwischen Microsoft und Activision sieht vor, dass der Deal bis zu diesem Zeitpunkt besiegelt ist. Gelingt das nicht, muss Microsoft eine Vertragsstrafe in Höhe von drei Milliarden US-Dollar bezahlen – es sei denn, die Parteien einigen sich vorher auf eine Verlängerung. Das wird davon abhängen, inwieweit sich die Gemengelage bis dahin verändert.

Nach wie vor ist das Szenario möglich, dass Microsoft die Übernahme ohne jede Rücksicht auf die Entscheidung der Kartellbehörden einfach durchzieht. In diesem Fall hätten die Gerichte das Sagen, und im Falle eines Scheiterns müsste alles rückabgewickelt werden. Es ist daher recht unwahrscheinlich, dass Microsoft dieses Risiko eingeht.

Unter den derzeit herrschenden Umständen scheint es ausgeschlossen, dass Microsoft das selbst gesteckte Ziel, nämlich den Abschluss der Activision-Übernahme vor dem Ende seines Geschäftsjahres am 30. Juni 2023, noch erreichen kann. Es ist vielmehr fraglich, ob es überhaupt noch dazu kommt.

Über den Autor

Martin Geuß

Martin Geuß

Ich bin Martin Geuß, und wie unschwer zu erkennen ist, fühle ich mich in der Windows-Welt zu Hause. Seit mehr als 17 Jahren lasse ich die Welt an dem teilhaben, was mir zu Windows und anderen Microsoft-Produkten durch den Kopf geht, und manchmal ist das sogar interessant. Das wichtigste Motto meiner Arbeit lautet: Von mir - für Euch!

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