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Sound-Duell: Microsoft Surface Headphones gegen Bose QC 35 II

Sound-Duell: Microsoft Surface Headphones gegen Bose QC 35 II

Mit seinen allerersten Kopfhörern greift Microsoft sofort in der Oberklasse an (die diversen Chat-Headsets, die es gab und gibt, lassen wir an dieser Stelle unter den Tisch fallen, die waren nicht zum Musikhören gemacht). Die Surface Headphones liegen mit einer UVP von 379 Euro sogar ganz weit oben in der Preistabelle. Da darf und muss man höchste Ansprüche an die Klangqualität haben.

Zum direkten Vergleich stehen mir die beliebten Bose Quiet Comfort 35 II zur Verfügung, die man inzwischen für rund 250 Euro bekommt. Ich habe keinen Überblick über Marktanteile, gefühlt sehe ich die QC 35 in freier Wildbahn am häufigsten. Aber sei’s drum, das soll nicht das Thema sein.

Ich habe am Sonntag mehrere Stunden damit verbracht, mit beiden Kopfhörern Musik zu hören, um mir ein möglichst objektives Urteil bilden zu können, welcher von den beiden denn nun den besseren Klang hat. Das ist gar nicht so einfach, denn die Musikgeschmäcker gehen ja nicht nur bei den Musikrichtungen weit auseinander. Es gibt auch durchaus gegensätzliche Ansichten, wie Musik denn nun klingen sollte.

Und als wäre das nicht schon schwierig genug, steht auch noch die Frage im Raum, wie man das Gehörte so niederschreibt, dass sich der Leser ein Bild machen kann. Ich habe mich für folgende Vorgehensweise entschieden: Nachfolgend liste ich fünf verschiedene Musiktitel auf, die ich mir sowohl mit den Surface Headphones als auch mit den Bose QC 35 II mehrfach und besonders intensiv angehört habe, um die klanglichen Unterschiede herauszuarbeiten. An beiden Kopfhörern habe ich das Noice Cancelling für diesen Vergleich abgeschaltet (was bei den Surface Headphones Stufe 11 von 12 ist, mehr dazu weiter unten)

Ich träume oft davon, ein Segelboot zu klau’n
(Udo Lindenberg, MTV Unplugged 2)
Der Eröffnungs-Song von Lindenbergs zweitem Unplugged-Album beginnt extrem ruhig, nur mit Stimme und Akustik-Gitarre. Er steigert sich dann langsam bis zum furiosen Finale mit Begleitung eines kompletten Symphonie-Orchesters. Bis auf tiefe Bässe wird  den Kopfhörern hier also alles abverlangt. Bei diesem Song ist Bose ganz klarer Punktsieger, der Klang ist feiner und detailreicher, auch der Live-Charakter des Liedes kommt besser zum Ausdruck.

Are you ready
(Disturbed, Evolution)
Dieses Lied habe ich ausgewählt, weil hier Gitarrenrock mit elektronischen Komponenten vermischt wird. Die Gefahr, dass dabei akustischer Matsch entsteht, ist entsprechend hoch. Beide Kopfhörer meistern diese Herausforderung, Bose erneut einen Tick besser, allerdings gleichen die Surface Headphones das durch mehr “Tiefgang” und mehr Klangfülle aus und haben deshalb die Nase leicht vorn.

Be Quiet
(16 Bit, INAXYCVGTGB)
Da bin ich gespannt, wer das überhaupt noch kennt. Das zugehörige Album ist von 1987 und ich höre es heute noch regelmäßig, es zählt für mich zu den besten Elektropop-Alben, die je gemacht wurden (Die Hits “Where are you” und “Changing Minds” sind die schwächsten Stücke, das aber nur am Rande). “Be Quiet” setzt mit mehreren dumpfen Tiefbässen ein, es ist mein Standard-Song, wenn ich testen möchte, wie weit ein Kopfhörer oder Lautsprecher nach unten kommt. Hier gewinnen die Surface Headphones deutlich, die feinen Synthie-Klänge arbeiten dann die Bose QC 35 II wieder etwas besser heraus.

Rythm is a dancer
(Snap, The Madman’s Return)
Oh mein Gott. Ich hoffe, ihr wisst zu schätzen, was ich mir hier für euch antue. Rythm is a cancer wäre der passendere Titel für diesen Eurodance-Schund aus den 90ern, dem vermutlich furchtbarsten Musikjahrzehnt der Menschheitsgeschichte. Aber was muss, das muss.
Bei diesem Disco-Fetzen können die Surface Headphones ihren Hang zum Bass natürlich ganz vorzüglich ausleben, die Bose QC 35 II klingen hier insgesamt zu dünn. Wenn so etwas überhaupt gut klingen kann, dann hat Microsoft das besser hinbekommen.

The Way of Vikings
(Amon Amarth, Jomsviking)
Kommen wir nun zu einer anderen Art von Krach, mit der ich wesentlich besser zurecht komme. Amon Amarth spielen “Melodic Death Metal”. Klingt irgendwie lustig, ist aber geil. Das ist Musik der Marke “Knüppel aus dem Sack”, bei der es durchaus gewollt ist, dass sie dreckig klingt. Die QC 35 II halten die einzelnen Töne in diesem Chaos erneut besser auseinander, aber sie machen zu wenig “Druck” auf den Ohren, wie das bei dieser Art von Musik nun mal sein muss. Punkt für die Surface Headphones.

Everglow
(Coldplay, A Head Full of Dreams)
Zum Abschluss lassen wir es nochmal ruhiger werden. Everglow ist eine Ballade, hat aber viel mehr Bässe, als man das auf Anhieb vermuten mag. Den Song habe ich deshalb ausgewählt, weil der bassbetontere Klang der Surface Headphones bei diesem Lied wirklich störend wirkt. Wenn Chris Martins Stimme aufdreht, stellen sich die Härchen auf den Unterarmen bei den Bose QC 35 II außerdem deutlich steiler als beim Surface, weshalb dieser Vergleich wieder klar an Bose geht.

Noise Cancelling

Beide Kopfhörer sind mit einer aktiven Geräuschunterdrückung ausgestattet. Bei Bose hat man die Wahl zwischen drei Einstellungen (Maximal, Mittel, Aus), bei den Surface Headphones kann das Noise Cancelling durch Drehen an der linken Ohrmuschel in 12 Stufen eingestellt werden. Ein direkter Vergleich fällt hier schwer, denn beim Surface bedeutet die niedrigste Stufe nicht “Aus”, sondern sie bewirkt eine Verstärkung der Umgebungsgeräusche, damit man seine Umwelt besser wahrnimmt.

Wirklich objektiv vergleichen kann man also nur die maximale Unterdrückung. Hier haben die Bose QC 35 II die Nase vorn, die Abschottung von der Außenwelt gelingt hier besser. Getestet habe ich das bei völliger Stille auf den Kopfhörern, also ohne Musikwiedergabe. Sobald Musik läuft, ist der Unterschied nur noch mit großer Anstrengung auszumachen. Letztlich macht es den Unterschied zwischen “sehr gut” und “noch besser”.

Wegen der feineren Einstellmöglichkeiten und der zusätzlichen Verstärkungs-Option gewinnen die Surface Headphones diesen Vergleich aus meiner Sicht trotzdem, weil man insgesamt mehr Möglichkeiten hat. Gleichwohl darf man die Frage aufwerfen, ob die vielen Abstufungen wirklich nötig sind bzw. wie oft sie tatsächlich genutzt werden, oder ob die Nutzer den Regler nicht sowieso meistens von einem Anschlag zum anderen drehen.

Fazit

Für einen Newcomer in diesem Bereich hat Microsoft mit den Surface Headphones wirklich hervorragende Arbeit geleistet. Was den Klang angeht, merkt man aber dann eben doch, dass eine Marke wie Bose hier einen Erfahrungsvorsprung hat. Der Klang ist bei den QC 35 II “Out of the Box” objektiv betrachtet besser. Dass die Surface Headphones bei der Musik, die ich bevorzugt höre, eine etwas bessere Figur machen, ist für mich als Surface-Fan eine glückliche Fügung.

Es gilt noch anzumerken, dass man die jeweiligen Schwächen der Kopfhörer durch entsprechende Einstellungen weitgehend ausgleichen kann. Wem die Bässe bei den Surface Headphones zu betont sind, der regelt sie runter, wem sie bei den QC 35 II zu schwach sind, der regelt sie hoch. Im Mittel- und Hochton-Bereich verhält es sich ähnlich, und dennoch muss man anerkennen, dass Bose den Spagat über alle Frequenzen einfach besser hin bekommt.

Dass ein Neuling frische Ideen auf den Tisch bringt, beweist das Noise Cancelling, welches bei den Surface Headphones insgesamt durchdachter und pfiffiger umgesetzt ist.

Über den Autor

Martin Geuß

Martin Geuß

Ich bin Martin Geuß, und wie unschwer zu erkennen ist, fühle ich mich in der Windows-Welt zu Hause. Seit mehr als 16 Jahren lasse ich die Welt an dem teilhaben, was mir zu Windows und anderen Microsoft-Produkten durch den Kopf geht, und manchmal ist das sogar interessant. Das wichtigste Motto meiner Arbeit lautet: Von mir - für Euch!

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