Weg mit Altlasten – auch 3D Pinball wurde einst entfernt

Windows. Ein Betriebssystem, das in manchen Bereichen so herrlich überladen ist, weil viel alter Krempel von einer Version in die nächste umziehen muss. Nur, damit der Anwender zufrieden ist und Dinge, die seit Anbeginn der (Windows) Zeit vorhanden sind, nicht vermisst. Und damit herzlich willkommen im Dr. Windows-History Kanal. Erst kürzlich entbrannte heftiger Widerstand aufgrund der Meldung, dass Microsoft „Paint“ aus Windows 10 entfernen würde. Ein Umstand, den man eigentlich nur begrüßen kann, da dieses antiquierte Malprogramm seit Windows 1.0 nie ernsthaft weiterentwickelt wurde und seit Jahrzehnten auch von Windows-Usern kaum genutzt wird. Dass man sich von urzeitlichen Programmen in Windows trennen kann, zeigte Microsoft mit 3D Pinball, welches seit Windows Vista nicht mehr mit an Bord ist.
Um die Entfernung von 3D Pinball aus Windows gab es viele Spekulationen. Die Wahrheit schrieb Raymond Chen (Programmierer-Urgestein von Microsoft) 2012 in seinem Blog “oldnewthing” auf der Microsoft Developer-Webseite. Chen war damals damit beschäftigt, die Code-Zeilen von 32-Bit auf 64-Bit zu hieven, damit die 64-Bit Version von Windows XP veröffentlicht werden konnte. Dabei entdeckte man den Bug im Spiel.
Schuld trägt ein Bug in 3D Pinball
“Die 64-Bit-Version von 3D Pinball hatte einen sehr üblen Bug in der Kollisionsabfrage. Die Kugel passierte andere Objekte wie ein Geist. Wurde das Spiel gestartet und die Kugel abgefeuert, so glitt sie durch alles hindurch, selbst durch den Federkolben zum Abfeuern der Kugel und blieb dann am unteren Bildschirmrand des Flipper-Tisches liegen”.
Man verstand den Code einfach nicht
Chen und seine Kollegen versuchten den Fehler zu finden, was aber nicht gelingen wollte, da man den Code einfach nicht verstehen konnte. Denn der Code von 3D Pinball wurde einst von einem externen Unternehmen erstellt, das sich auch nicht die Mühe machte den Code ausreichend zu dokumentieren. Somit konnten Raymond Chen und seine Kollegen nicht herausfinden, wo der Fehler in der Kollisionsabfrage lag, sie konnten nicht einmal die Kollisionsabfrage selbst finden. Da die Zeit drängte, bot sich keine Gelegenheit, sich weiter mit dem Problem zu befassen, und so wurde 3D Pinball nicht auf 64-Bit gehoben und kam seitdem nicht mehr in nachfolgenden Windows Versionen vor. Später wurde der Quellcode von einem anderen Unternehmen lizenziert und vertrieben.
Ähnlich sollte auch unter Windows 10 vorgegangen werden. Die Altlasten an internen Programmen raus und in den Store damit, wer es vermisst kann es sich herunterladen und ist glücklich. Wer es nicht vermisst, hat ein schlankeres Windows-Betriebssystem. Etwas, was von den gleichen Windows-Usern seit Jahrzehnten gefordert wird, die aber auf nichts Altes verzichten wollen.
Windows-User oder Messi – gibt es da einen Unterschied?
Ein Dozent verglich einst den „typischen“ Windows-User mit einem Messie. Ein Messie sammelt über die Jahre alles und legt Dinge dort ab, wo vermeintlich noch Platz ist. Wird er genötigt umzuziehen, zieht auch das Gesammelte mit, denn vielleicht braucht er das ja irgendwann nochmal. Mit der Zeit vergisst der Messie, dass er bestimmte Dinge überhaupt besitzt und wenn man ihm dann sagt, dass Dieses oder Jenes weggeworfen wurde, wird er wütend und fordert es zurück. Eben wie ein „typischer“ Windows-User.
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Über den Autor

Dirk Ruhl
Microsofts Fliesenwelt ist mein Zuhause, egal ob Windows 10 auf Desktop, Tablet, Phone oder Xbox One...es muss kacheln. Der schönste Urlaubsort für mich wären die Microsoft Research Labs. Ich danke meiner Familie und meinem Arbeitgeber, ohne deren Unterstützung könnte ich mein Hobby nicht leben!