Wegen Microsoft 365: Die EU-Kommission klagt gegen ihren eigenen Datenschützer

Ist es eine waschechte Posse oder ein abgekartetes Spiel? Im März hatte der oberste EU-Datenschützer die EU-Kommission aufgefordert, bei der Nutzung von Microsoft 365 für Rechtssicherheit hinsichtlich der Datenverarbeitung zu sorgen. Darauf hat die Kommission mit einer Klage reagiert.
Bereits am 14. Mai wurde die Klageschrift eingereicht (via X, Winfuture). Die EU-Kommission wirft ihrem hauseigenen Datenschützer darin die fehlerhafte Auslegung von Verordnungen vor und bemängelt zudem die falsche Beurteilung von Tatsachen sowie einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Der EU-Datenschutzbeauftragte Wojciech Wiewiórowsk hatte den Einsatz von Microsoft 365 bei der EU seit 2021 untersucht und im März seinen Bericht dazu vorgelegt. Alles, was er darin bemängelte, kennen wir bereits zu gut:
Die Übertragung von persönlichen Daten in die USA sei nicht ausreichend klar geregelt und somit unzulässig. Die Standard-Klauseln in den Vertragsbedingungen von Microsoft würden den Redmondern insgesamt zu viel Spielraum geben, gegen die Bestimmungen der DSGVO zu verstoßen. Zudem fehlt es an Transparenz, welche persönlichen Daten erfasst werden und was mit diesen geschieht.
Wiewiórowsk setzte der EU-Kommission eine Frist bis zum 9. Dezember, hinsichtlich der Mängel für Klarheit zu sorgen und diese zu beheben.
Ich schrieb es bereits im März und ich kann es jetzt nur wiederholen: Entweder Herr Wiewiórowsk macht lediglich konsequent seine Arbeit und sorgt auf diesem Weg für eine kuriose Posse, oder aber es handelt sich um eine bewusst herbeigeführte Eskalation mit dem Ziel, eine Klärung zu erreichen.
Seit Jahren laufen die Datenschützer immer wieder Sturm gegen Microsoft 365, worauf sich Microsoft mit ebensolcher Regelmäßigkeit gegen die Vorwürfe wehrt und betont, man sei vollumfänglich konform mit der DSGVO. Es wird ein wenig diskutiert und dann ist wieder Ruhe, von einem Zustand der Rechtssicherheit sind wir weit entfernt.
Insofern ist es am Ende egal, welche tatsächliche Ursache dieser Konflikt hat und wie sehr das nach Realsatire aussieht: Es besteht immerhin die Chance, dass durch eine höchstrichterliche EU-Rechtsprechung Bedenken beseitigt werden und/oder Microsoft gezwungen wird, Anpassungen vorzunehmen. Das Verfahren könnte sich aber durchaus über mehrere Jahre ziehen.
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Über den Autor

Martin Geuß
Ich bin Martin Geuß, und wie unschwer zu erkennen ist, fühle ich mich in der Windows-Welt zu Hause. Seit mehr als 17 Jahren lasse ich die Welt an dem teilhaben, was mir zu Windows und anderen Microsoft-Produkten durch den Kopf geht, und manchmal ist das sogar interessant. Das wichtigste Motto meiner Arbeit lautet: Von mir - für Euch!