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Windows 10: Der S-Modus braucht einen Notausgang

Windows 10: Der S-Modus braucht einen Notausgang

Im Frühjahr 2017 startete Microsoft eine Produkt-Offensive, um den Vormarsch der Chromebooks im Bildungsmarkt aufzuhalten. Die Geräte mit Googles Chrome OS sind in den USA extrem beliebt und im US-Bildungssektor inzwischen sogar führend, was man sich hierzulande nur schwer vorstellen kann. In Deutschlands Klassenzimmern ist nach wie vor meist der Overhead-Projektor das modernste Gerät, aber das ist ein anderes Thema.

Die Chromebooks sind aus zwei Gründen beliebt: Sie sind preisgünstig in der Anschaffung und einfach in der Bedienung. Dass sie weniger können als ein Windows-PC, ist kein Mangel, sondern ein Vorteil. Microsofts Antwort konnte also auf keinen Fall nur aus günstigeren Windows-PCs bestehen.

Was ebenfalls gebraucht wird, ist ein einfacheres Windows. Aus diesem Grund wurde Windows 10 S aus der Taufe gehoben – eine neue Version von Windows 10, die nur Software aus dem Microsoft Store installieren kann. Der Vorstoß kam ein wenig zu früh, denn das Angebot im Store war in 2017 einfach noch zu dünn. Inzwischen sieht es deutlich besser aus, dennoch hat Microsoft einen kleinen Rückzieher gemacht. Aus Windows 10 S wurde Windows 10 im S Modus, aus einer eigenen Version wurde also ein Konfigurations-Zustand, technisch hat sich allerdings nichts geändert. Der “Rückzieher” bezieht sich eher auf das Marketing, Windows 10 im S Mode wird nicht mehr so intensiv beworben, und da es keine eigenständige Edition mehr ist, kann man auch jederzeit kostenlos auf die “Vollversion” Home oder Pro umsteigen.

Genau hier liegt der Knackpunkt: Ich bin ein bekennender Freund des S Modus, und ich kenne genügend Anwender, die durchaus Vorteile darin sehen, Software nur aus dem Store zu beziehen, zum Beispiel automatische Updates auf neue Versionen. Natürlich gibt es auch Gegenargumente wie zum Beispiel die Frage “was ist, wenn ein Anbieter ein gekauftes Programm einfach aus dem Store nimmt?”, aber diese Grundsatzdiskussion würde ich für heute gerne ausblenden.

Was ich viel öfter erlebe, ist folgendes Szenario: Jemand ist dem S Modus gegenüber aufgeschlossen, ist sogar bereit, nach Alternativen für ein Programm zu suchen, welches nicht im Store ist, oder gar ganz darauf zu verzichten. Aber dann ist da DIESES EINE Programm, auf das man zwingend angewiesen ist. Und genau dieser eine fehlende Baustein wirft dann jedes Mal das komplette Konzept über den Haufen, soll heißen: Der Nutzer verlässt den S Modus.

Das Problem: Es ist ein Weg ohne Wiederkehr: Hat man den S Modus verlassen, gibt es kein Zurück. Eine Reaktivierung ist nicht möglich, ohne das Gerät komplett neu aufzusetzen. In aller Regel bedeutet es auch, dass der Nutzer den S Modus als “nicht tauglich” abhakt.

Dafür muss eine Lösung her. Und die könnte so aussehen, dass Windows 10 im S Modus einen “Notausgang” bekommt. Eine vorübergehende Aufhebung der Store-Beschränkung, um eben dieses eine Programm installieren zu können. Natürlich lässt sich so das Marketing-Versprechen vom “Hochsicherheits-Windows” nicht mehr aufrecht erhalten, aber hier geht es darum, dass das Konzept als solches nicht grundsätzlich aufgegeben wird – und dafür muss man Kompromisse machen.

Die Frage ist natürlich, ob Microsoft an einer Etablierung des S Modus inklusive des Store als Quelle für klassische Win32-Software überhaupt noch Interesse hat, ich hege daran inzwischen ein paar Zweifel. Das Product Lite könnte darauf hindeuten, dass man Win32-Software zumindest langfristig komplett los werden und nur noch virtualisiert aus der Cloud unterstützen will. Bis dahin wäre es allerdings noch ein weiter Weg, auf den man die Kunden mitnehmen muss. Das geht nur mit Kompromissen – wie etwa dem Notausgang für den S Modus.

Über den Autor

Martin Geuß

Martin Geuß

Ich bin Martin Geuß, und wie unschwer zu erkennen ist, fühle ich mich in der Windows-Welt zu Hause. Seit mehr als 16 Jahren lasse ich die Welt an dem teilhaben, was mir zu Windows und anderen Microsoft-Produkten durch den Kopf geht, und manchmal ist das sogar interessant. Das wichtigste Motto meiner Arbeit lautet: Von mir - für Euch!

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