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Windows 10 und Microsoft Edge: Der Browserkrieg hat erst begonnen

Windows 10 und Microsoft Edge: Der Browserkrieg hat erst begonnen

Der Windows 10-Browser Microsoft Edge konnte in fast drei Jahren gerade mal knappe fünf Prozent der Nutzer für sich gewinnen. Im selben Zeitraum hat sich Google Chrome vom alternativen Browser zum Weltmarktführer entwickelt. Microsoft versucht Edge zu pushen, in dem er mit bestimmten Windows 10-Funktionen fest verdrahtet wird. Es begann mit der Suche, ab Redstone 5 wird die Mail-App Links nur noch in Edge öffnen. In Windows 10 S, das zukünftig “S Mode” heißen wird, kann man erst gar keinen anderen Standard-Browser auswählen. Wer denkt, Microsoft könne auf seinem Feldzug durch zorniges Feedback aufgehalten werden, der täuscht sich. Der Krieg hat gerade erst begonnen.

(Es hat übrigens einen guten Grund, warum man sich die Mail App ausgesucht hat. Die wird kaum benutzt, dementsprechend wird es wenig Proteste geben, was Microsoft wiederum als “positives Feedback” verkaufen wird – aber das nur am Rande).

Es geht nur um und gegen Chrome

Google hat unter Windows etwas, was Microsoft unter Android auch gerne hätte: Eine echte Killer-Applikation, ohne die zahlreiche Nutzer nicht mehr leben möchten. Rund zwei Drittel der Windows-Nutzer setzen auf Chrome, und Windows 10 S ist ein perfektes Beispiel, wie wichtig der Google-Browser vielen Leuten ist: Immer wieder kann man lesen: So lange es Chrome nicht gibt, ist Windows 10 S / S Mode für mich kein Thema. Um es ganz deutlich zu formulieren: Der S Mode könnte deutlich mehr Sicherheit, Akkulaufzeit, Stabilität und nahezu sämtliche klassische Windows-Software bieten – ohne Chrome bliebe er für nicht wenige Nutzer ein No-Go.

Nun könnte man meinen, die Lösung wäre ganz einfach: Microsoft könnte den S Mode aufwerten, in dem es für Chrome eine Ausnahme macht. Ich gehe aber davon aus, dass sie das niemals tun werden, denn Chrome und dessen Dominanz ist einer der Gründe, warum es den S Mode überhaupt gibt. 5.000 Nutzer im S Mode mit Edge sind Microsoft lieber als 500.000 im S Mode mit Chrome.

Der Browser ist das Betriebssystem der Zukunft

Als das Internet in den 90er Jahren seinen Siegeszug antrat, hörte man die Visionäre sagen: Bald gibt es keine lokalen Programme mehr, alles läuft dann im Browser. Es hat die Kleinigkeit von 20 Jahren gedauert, aber nun stehen wir tatsächlich an der Schwelle zu einer Zeit, in welcher der Browser die wichtigste Komponente überhaupt wird – die Progressive Web Apps sind nur der Anfang. Der Browser wird das eigentliche Betriebssystem, auf welcher Basis er letztlich läuft, spielt kaum eine Rolle.

Ginge es nur darum, mit welchem Produkt der Nutzer seine Lieblings-Webseiten besucht, könnte es Microsoft völlig egal sein, ob er das nun mit Chrome, Firefox, Opera, Edge oder womit auch immer tut. Der Browser wird aber in Zukunft darüber bestimmen, in welchem Ökosystem man sich aufhält. Sobald Google sich gut genug aufgestellt sieht, wird es damit beginnen, via Chrome die Nutzer gnadenlos von Windows weg und hin zu seinem eigenen System zu verschieben, ob das nun Android, Chrome OS oder Fuchsia heißen mag.

Microsoft muss versuchen, das zu verhindern, darum werden die Zwänge, unter Windows 10 Edge zu verwenden, in Zukunft noch verstärkt werden, davon bin ich überzeugt. Ob sich die EU da nochmal einmischt, ist fraglich, die Zwangsverknüpfung mit dem System-Browser ist inzwischen ja längst kein exklusives Windows-Thema mehr.

Der Weg des geringsten Widerstandes wäre natürlich der, dass man aus Edge einfach den besten Browser macht, der allen anderen derart überlegen ist, dass die Nutzer freiwillig in Scharen überlaufen und von angeblichen Zwängen gar nichts mitbekommen. Ganz sicher wird sich Microsoft weiterhin bemühen, Edge besser zu machen, aber sie werden nicht abwarten, ob die Nutzer ihn freiwillig verwenden. Der Kampf Edge gegen Chrome ist ein Kampf um Windows, das bringt Microsoft in die paradoxe Situation, beim Kampf um die eigenen Kunden ein Stück weit auch gegen genau diese zu kämpfen.

Über den Autor

Martin Geuß

Martin Geuß

Ich bin Martin Geuß, und wie unschwer zu erkennen ist, fühle ich mich in der Windows-Welt zu Hause. Seit mehr als 16 Jahren lasse ich die Welt an dem teilhaben, was mir zu Windows und anderen Microsoft-Produkten durch den Kopf geht, und manchmal ist das sogar interessant. Das wichtigste Motto meiner Arbeit lautet: Von mir - für Euch!

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