Windows on ARM: Qualcomms Produktstrategie gefährdet angeblich den Erfolg der neuen Oryon-CPUs
Im Oktober wird Qualcomm seine neuen ARM-Chips mit dem Codenamen „Oryon“ enthüllen. Diese werden die ersten echten Desktop-CPUs für Windows on ARM sein, Qualcomm verspricht Leistung auf dem Niveau von Apples M-Chips. Diese sollen sie einem Bericht zufolge sogar erreicht haben, mit einer fragwürdigen Produktpolitik bringt Qualcomm die Hersteller allerdings gegen sich auf. Am Ende könnte diese Strategie sogar einen negativen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit der Geräte mit Oryon-Prozessoren haben.
Zuerst das Positive: Qualcomm hat den Mund mächtig voll genommen und angekündigt, man wolle mit seinen neuen Prozessoren Apples M-Serie hinter sich lassen. Das wurde von vielen Beobachtern belächelt. Wie das Magazin SemiAccurate, das sich sehr intensiv mit Qualcomms Produkten beschäftigt, in Erfahrung gebracht hat, sollen die Oryon-Prozessoren Apples M2 leistungsmäßig tatsächlich leicht übertreffen. Angesichts der Tatsache, dass es Qualcomms erster Wurf ist, was echte Desktop-Prozessoren betrifft, wäre das eine kleine Sensation. Die wird zwar nicht lange anhalten, denn wenn Apple den M3 vorstellt, wird es mit einer möglichen Vorherrschaft wieder vorbei sein, dennoch sind das im Hinblick auf Windows on ARM rosige Aussichten.
Wie SemiAccurate weiter schreibt, gefährdet Qualcomm allerdings den eigenen Erfolg, weil es für das Unternehmen wichtiger ist, mehr eigene Komponenten zu verkaufen, als aus den Oryon-CPUs das Optimum herauszuholen.
Es geht hierbei um die PMIC-Chips (Power Management Integrated Circuit). Das sind Chips, die in batteriebetriebenen Geräten für die Energieverwaltung zuständig sind. Sie regeln die Spannungsversorgung, das Laden der Batterie und noch so Einiges mehr. Qualcomm besteht darauf, den PC-Herstellern seine eigenen PMICs zu verkaufen, obwohl diese noch für Smartphones optimiert sind und eine für PCs optimierte Version derzeit noch nicht zur Verfügung steht. Die Folge davon ist, dass die Oryon-Prozessoren weniger effizient betrieben werden.
Ein einzelner PMIC reicht außerdem nicht aus, deshalb ist die Rede davon, dass vier bis sechs dieser Chips in einem Oryon-PC benötigt werden. PMICs, die besser geeignet und außerdem billiger sind, gibt es am Markt. Weil Qualcomm den PC-Herstellern die Oryon-Prozessoren aber nur im Bundle mit den PMICs verkaufen wird, sollen einige Hersteller sogar erwogen haben, diese Chips einfach wegzuwerfen und bessere PMICs zu kaufen und zu verbauen. Das ist aber nicht möglich, weil Qualcomm bewusst ein proprietäres SoC to PMIC Protokoll implementiert hat, welches sicherstellt, dass die Oryon-Prozessoren nur mit den eigenen PMICs betrieben werden können. Laut SemiAccurate will Qualcomm den Herstellern also ein leistungsmäßig schlechteres Paket liefern, das zudem sehr viel teurer ist, als es eigentlich sein müsste.
Es ist nachvollziehbar, dass die PC-Hersteller unter diesen Umständen wenig Interesse zeigen, weil es so kaum möglich ist, einen entsprechenden PC zu einem wettbewerbsfähigen Preis auf den Markt zu bringen. An diesem Punkt wird es dann vollends kurios, denn als Ausgleich für die zwangsweise mit verkauften PMICs bietet Qualcomm den PC-Herstellern Rabatte bzw. Bonuszahlungen an.
Unter dem Strich glaubt SemiAccurate, dass die Oryon-Prozessoren beeindruckende Benchmark-Ergebnisse liefern werden, im Gegenzug aber die Effizienz enorm leiden wird. Entsprechende PCs werden demnach nicht ihre volle Leistungsfähigkeit entfalten können oder aber eine weniger gute Akkulaufzeit haben.
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Über den Autor
Martin Geuß
Ich bin Martin Geuß, und wie unschwer zu erkennen ist, fühle ich mich in der Windows-Welt zu Hause. Seit mehr als 17 Jahren lasse ich die Welt an dem teilhaben, was mir zu Windows und anderen Microsoft-Produkten durch den Kopf geht, und manchmal ist das sogar interessant. Das wichtigste Motto meiner Arbeit lautet: Von mir - für Euch!