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Windows und Apple: Gedanken über die mögliche Zukunft

Windows und Apple: Gedanken über die mögliche Zukunft

Ich bin ein Mensch, der in den meisten Fällen ziemlich genaue Vorstellungen davon hat, was er umsetzen möchte und wie er das zumindest in groben Zügen erreichen kann. Bei technologischen Themen kennt ihr das von mir ja schon lange, aber auch wenn es um das Thema Multimedia geht, bin ich immer auf der Suche nach guter Musik, gut gemachten Serien und nicht zuletzt auch den besten Anime, die mich im Rahmen meiner Leidenschaft für japanische Popkultur schon seit über 25 Jahren begleiten. Ähnliches gilt beim Thema Gaming, wo ich natürlich auch meine Vorlieben habe.

Normalerweise verändere ich auch eher selten etwas an den Services, die ich hierfür nutze, und so konnten sich Anbieter wie Netflix, Spotify und iTunes von Apple schon seit vielen Jahren bei mir etablieren. Mittlerweile mache ich mir aber gerade wegen Apple sehr viele Gedanken, wie ich meinen Konsum in Zukunft ausgestalten möchte. Das liegt zum Teil daran, dass mein iPad Air im Sommer sicher aus dem Support fliegt und ein entsprechender Nachfolger gefunden werden muss, aber auch etliche Schritte, die Apple selbst in den vergangenen Monaten vollzogen hat, beschäftigen mich. Die zentrale Frage lautet dabei: Welche Rolle kann oder darf Windows im Zusammenspiel mit Apple noch spielen?

Chronistenpflicht

Den Rückzug auf Raten betreibt Apple bei Windows schon seit mehreren Jahren. Die Einstellung von Safari für Windows kam bereits 2012 mit Version 5.1.7, später hat man Quicktime 7 für Windows mehr oder weniger am offenen Arm verhungern lassen, was bei Entwicklern wie Adobe für einigen Stress gesorgt hat. Auch in der jüngeren Vergangenheit hat Apple keine großen Anstrengungen mehr unternommen, Windows besser zu unterstützen. Microsoft konnte bei der iMessage-Unterstützung für Your Phone bisher keine Ergebnisse vorweisen und die HLS-Implementierung bei Microsoft Edge dürfte mit dem Wechsel auf Chromium ebenfalls auf ihren sinnvollen Einsatz hin überprüft werden. So bleiben aktuell nur iTunes und iCloud auf der Softwareseite und die verschiedenen Webdienste der iCloud, mit denen etwa Pages, Numbers und Keynote auch über den Browser genutzt werden können.

Nachdem iTunes auf die aktuelle Generation 12.x aktualisiert wurde, hat das Programm eine ziemlich wechselvolle Serie von Updates hinter sich. Zunächst wurde die Oberfläche nach einiger Kritik nochmal überarbeitet, anschließend hat Apple große Teile der bisherigen Funktionen wie die Klingeltöne und den Appstore aus der Software ausgegliedert und seit einiger Zeit beschränken sich die Updates mehrheitlich auf Verbesserungen bei Apple Music, die Unterstützung neuer iOS-Versionen und die übliche Fehler- und Sicherheitskorrekturen. Die Spekulationen, wie und ob es mit iTunes überhaupt weitergehen wird, haben derweil immer mehr zugenommen. Nun könnte nach jüngsten Gerüchten auch tatsächlich Bewegung in die Geschichte kommen.

Project Marzipan

Auf der WWDC 2018 gab Apple einen Ausblick auf ein aktuelles Konzept, was uns bei Windows 10 nur allzu bekannt vorkommen dürfte und bis 2021 abgeschlossen sein soll. Mit Project Marzipan arbeitet man in Cupertino daran, dass in Zukunft einheitliche Universal Apps neben iOS auch unter macOS lauffähig werden. Mit macOS 10.14 Mojave hat man mit Apple News, Aktien, den Sprachmemos und der Home-App bereits vier Vertreter auf macOS portiert und im Herbst wird bei macOS 10.15 mindestens ein weiterer Vertreter mit der runderneuerten Apple TV-App hinzustoßen. Selbst dabei dürfte es wohl nicht bleiben.

Am Samstag berichtete Caschy über einen Tweet von Entwickler Steve Troughton-Smith, der dafür bekannt ist, sehr tief in die Apple-Firmware einzutauchen und – ähnlich wie Walking Cat bei uns – Entwicklungen aufzuzeigen, die dann später offiziell wurden. Aktuell stellt er die These auf, dass Apple neben der TV-App auch Apple Music, Podcasts und neue Bücher-Apps für den Mac in der nächsten macOS-Version portieren könnte. Damit würde iTunes auf dem Mac überflüssig werden, zumal Apple schon seit längerer Zeit das Backup über die iCloud bevorzugt. Das Problem: Was mit iTunes unter Windows passieren würde, ist völlig unklar. Sicher ist nur, dass Apple in aller Regel keine Extrawürste für Plattformen verteilt, die außerhalb des eigenen Ökosystems liegen.

Services, Services, Services

Normalerweise soll man mit Gerüchten immer vorsichtig sein und ich bin auch niemand, der allzu viel auf entsprechende Leaks gibt. Im konkreten Fall wurde aber das Apple-Event, welches im März stattgefunden hat, zu einem ganz guten Indikator, wohin Apple mit seinen Ambitionen im Bereich Streaming will und in welcher Art und Weise auch andere Plattformen unterstützt werden sollen. Hier sieht es für die Microsoft-Plattformen und zum Teil auch Android echt düster aus…

  • Die runderneuerte Apple TV-App wird neben den eigenen Plattformen auch für den Amazon Fire TV und Smart TVs diverser Hersteller erscheinen. Ausgenommen sind davon neben anderen Plattformen auch Windows und die Xbox. Entsprechend werden wir von Apple TV+, wenn es so bleibt, auch (erstmal) nicht profitieren.
  • Apple News+, auch wenn es für uns absolut irrelevant ist, wird für Apples eigene Plattformen exklusiv bleiben. Texture wird auch unter Android ersatzlos gestrichen.
  • Apple Arcade ist und bleibt exklusiv für ihre eigenen Plattformen.
  • Apple Music wird auch unter Android weiter unterstützt und hier wird demnächst auch eine Unterstützung für den Chromecast erwartet. Die große Frage, die bei einem Aus für iTunes aufkommen würde, wäre allerdings, wie Windows dann zukünftig von Apples Musikstreamingdienst profitieren wird.

Eine Konzentration auf die Services, wie sie Apple als neue Einnahmequelle und Entlastung gegenüber den iPhone-Verkäufen anstrebt, hätte dabei noch weitere Nebeneffekte. iTunes ist immerhin eines der zentralen Podcast-Verzeichnisse und für viele Podcaster sehr wichtig, wenn es darum geht, den eigenen Podcast einem größeren Publikum bekannt zu machen. Außerdem haben viele von uns dort Musik und in Einzelfällen sicherlich auch Filme oder Serien dort gekauft. Wenn iTunes eingestellt werden sollte, dürfte aber immerhin das Backup von iOS-Geräten gesichert sein, auch wenn hier dann das Backup über die iCloud als offizieller Weg zur Pflicht werden könnte.

Alternativen? Ja, aber…

Mir geht es bei diesem Beitrag nicht darum, irgendetwas künstlich aufzubauschen und damit Entwicklungen, die möglicherweise vielleicht eintreten könnten, vorzugreifen. Die Einstellung oder zumindest die Aufspaltung von iTunes in kleinere und leichtere Apps ist eigentlich schon lange überfällig. Das Problem ist bei Apple aber, dass sie, wenn sie etwas verändern oder einstellen, ihre Nutzer in den meisten Fällen sehr plötzlich und konsequent vor vollendete Tatsachen stellen und dabei auch sehr radikal alte Zöpfe abschneiden. Dass in diesem Jahr so oder so etwas in der Art auf die Nutzer zukommen wird, sieht man an ihren eigenen Plattformen. Neben Technologien wie OpenGL werden dabei vor allem etliche Codecs in naher Zukunft nicht mehr unterstützt werden, wobei gleichzeitig ein größerer Kahlschlag bei der unterstützten Hardware vermutet wird. Der Frühjahrsputz scheint in Cupertino diesmal also ziemlich gründlich auszufallen.

Mögliche Alternativen gibt es zwar, aber auch hier haben sich gerade große Akteure nicht mit Ruhm bekleckert. Besonders Google hatte in den vergangenen Monaten einen regelrechten Kahlschlag fabriziert und dabei Projekte wie Google Inbox, Google+, Chromecast Audio, Google Allo, Teilen von YouTube, Teilen der Hardware-Sparte, dem URL-Shortener goo.gl, dem Google Play Artist Hub oder Hangouts Classic in die ewigen Jagdgründe geschickt oder wird das demnächst tun. Das Vertrauen, sofern es mal vorhanden war, ist stark angekratzt und jüngere Produkte wie YouTube Music und Stadia sind für viele entweder keine Alternative oder werden gleich kritisch betrachtet. Amazon macht es besser, aber gerade Twitch als Tochter ist aktuell besonders mit der neuen Desktop-App gebeutelt. Twitch 8.0 wurde vor gut einem Monat ausgerollt und die Fehlerliste, die ich bisher so auf Twitter mitbekommen habe, reicht von nach Namensänderungen plötzlich geschlossenen Accounts über gelöschte oder nicht zugängliche Modpakete bis zum Problem, dass die neue App – wie bei mir – einfach die komplette Verbindung zu Twitch verliert, sobald ein Stream aufgerufen wird (und die neue App ist eigentlich nur die Website im Electron-Gewand).

Ironischerweise ist es ausgerechnet Microsoft, die für mich noch die größte Sicherheit im derzeitigen Wirrwarr ausstrahlen. Natürlich stellen sie auch in Randbereichen gewisse Sachen ein und zeigen Pannen wie bei Outlook.com, aber in den meisten Kernbereichen wie Office oder Visual Studio sind sie verlässlich und angesichts von Googles Gewohnheiten würde ich beim Gamestreaming auch eher auf xCloud als auf Stadia vertrauen. Das weitaus größere Problem bleibt aber, dass Windows auch aufgrund der (sofern noch) vorhandenen Apps für mich einfach keine Alternative für das iPad Air ist. Ob sich das mit Windows Lite ändern würde, kann durchaus sein, aber großes Vertrauen bringe ich Microsoft aufgrund ihrer Historie in der Hinsicht nicht entgegen.

Schlusswort

Momentan habe ich noch keine Entscheidungen getroffen, wie ich mich generell in Zukunft aufstellen will und wie das genaue Setup dann aussehen wird. Allerdings bereiten mir gerade die Signale, die Apple unter anderem auf der März-Keynote ausgesendet hat, als Windows- und Android-Nutzer doch zunehmend Magenschmerzen und der Wunsch, sich möglichst umfassend von Apple zu trennen und auf andere Anbieter zu setzen, wird auch immer stärker, um nicht irgendwann eine böse Überraschung zu erleben. Sicherlich kann man Backups von iOS-Geräten auch anders realisieren und Themen wie die Podcasts können auch über andere Anbieter wie Spotify abgewickelt werden, aber zumindest mein größtes Problem stellt aktuell die Sicherung der immerhin mehreren hundert Songs dar, die ich im Laufe der Jahre bei iTunes gekauft habe. Apple kann und wird den Zugriff darauf sicherlich nicht blockieren, aber wenn sie irgendwann komplett auf Apple Music aufgrund ihrer Streamingambitionen umstellen, will ich da vorbereitet sein.

Auf der anderen Seite merkt man aktuell, dass man eigentlich bei allen großen Technologiekonzernen mittlerweile vorsichtig und in Maßen auch skeptisch sein muss. Auch Google, Microsoft und Amazon haben zum Teil eher fragwürdige Entscheidungen getroffen und die Nutzer mit einem gewissen Scherbenhaufen zurückgelassen. Der Rat kann also nur lauten, alles so gut wie möglich abzuwägen und immer genau zu hinterfragen, wie sicher die Beständigkeit eines Service, auf den man im Zweifel bauen möchte (oder als Unternehmer ggf. auch muss), tatsächlich ist. In meinem Fall habe ich mir vorgenommen, bis Ende Juni spätestens einen Plan zu haben, wie es weitergeht. Eine grobe Vorstellung, wie ich sie oben angedeutet habe, gibt es zumindest schon.

Über den Autor

Kevin Kozuszek

Kevin Kozuszek

Seit 1999 bin ich Microsoft eng verbunden und habe in diesem Ökosystem meine digitale Heimat gefunden. Bei Dr. Windows halte ich euch seit November 2016 über alle Neuigkeiten auf dem Laufenden, die Microsoft bei seinen Open Source-Projekten und der Entwicklerplattform zu berichten hat. Regelmäßige News zu Mozilla und meinem digitalen Alltag sind auch dabei.

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