@mavrik: Meine Vermutung ist, dass sie genau das vor haben. Wenn PWAs zum Standard werden und Chrome gleichzeitig auf allen Plattformen der Standard ist, dann hat Google endgültig alle Fäden in der Hand. Und dann werden sie natürlich auch anfangen, proprietäre Dinge in Chrome einzubauen, so dass möglichst niemand mehr PWAs ohne Chrome vernünftig nutzen kann.
Wenn Microsoft da jetzt gar nicht mitmachen würde, dann könnten sie nur zuschauen und es nicht verhindern. Darum versuchen sie auf Ballhöhe zu bleiben und bei den PWAs eine ähnlich relevante Rolle zu spielen. Wenn es schief geht, wird es so aussehen, als hätten sie Google sogar noch geholfen, das wird dann mehr oder weniger auch der Fall gewesen sein. Aber sie haben keine andere Option.
Das Problem ist in erster Linie die einzigartige Position, in der Google sich befindet. Damit meine ich auch nur bedingt, dass sie in etlichen Bereichen wie den Browsern, der Suche, dem Werbemarkt oder dem Kartendienst Marktführer sind. Vielmehr gehts um die Technologien, mit denen sie das Web maßgeblich selber vorangetrieben haben. Natürlich gehören die Progressive Web Apps und die Accelerated Mobile Pages dazu, die sind ja quasi parallel entstanden. Aber interessant wirds erst im Kleinen.
Wenn man die aktuelle Version der HTTP-Protokolls anschaut, wird man sehen, dass in HTTP/2 überwiegend Teile von Googles Alternative SPDY eingeflossen sind. Bei verschlüsselten Verbindungen kommt in der Regel Perfect Forward Secrecy zum Einsatz, was auch von Google kommt. Bei der Cloud-Orchestrierung ist Kubernetes das Standardwerkzeug, gehört zwar nun zur CNCF (Cloud Native Computing Foundation), stammt aber von Google. Auch die dortige Standardsprache Go stammt von ihnen. Bis auf wenige Ausnahmen hat sich Google auch maßgeblich bei der Etablierung neuer Webstandards- und -technologien durchgesetzt. Und nicht zuletzt hat das Web selber ganz gewaltig Schlagseite bekommen. Normalerweise sollten heute Webentwickler auf die Webstandards hin optimieren und nicht mehr in erster Linie auf die einzelnen Browser. Tatsächlich wird aber Chrome und damit Blink bevorzugt aufgrund des großen Marktanteils, weswegen wir eine Webkit-Orientierung haben und manche Seiten in Firefox oder Edge wie Ballast laufen. Und dann kam jüngst jetzt noch der Bad Ads Blocker dazu.
Denken wir mal weiter. Google arbeitet ja mit Fuchsia an einem neuen Betriebssystem, was wahrscheinlich, wie man vermutet, Android und Chrome OS irgendwann ablösen wird und wo neben dem bekannten Google Play Store und den Instant Apps auch die Progressive Web Apps eine Rolle spielen sollen. Geschrieben ist Fuchsia mit der eigenen JavaScript-Alternative Dart und dem eigenen Flutter SDK. Vielleicht spielt auch das eigene JavaScript-Framework Angular auch ne Rolle, das weiss ich nicht (da ist Microsofts TypeScript zwar die Standardsprache, AngularDart gibts aber auch). Google hat problemlos die Marktmacht, Fuchsia in Windeseile in den Markt zu drücken und würde damit Linux (weil eigener Zircon-Kernel) und Java (weil mit Dart geschrieben) im Massenmarkt, womit der Consumer direkt in Kontakt kommen, ganz schön anknocken.
Unter macOS, Linux und Windows können sie das aber so nicht, das liegt nicht in ihrer Hand. Da müssen sie über Google Chrome gehen und würden das dort dann wie ein Trojanisches Pferd benutzen, zumal der Google Assistant ja auch noch in Chrome kommen soll, schrieb ich hier ja schon mal. Es ist im ureigenen Interesse von Apple und Microsoft, dass ihre Browser und Engines bis zu einem gewissen Grad den Weg mitgehen, wenn sie nicht wollen, dass Google ihnen den Weg abschneidet. Ansonsten kriegen sie mit ihren Stores, wo ihnen ohnehin die Entwickler entweder davonlaufen (Mac) oder kaum rein wollen (Windows), arge Probleme.