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Freitagsgedanken: Fehlerkultur

DrWindows

Redaktion
Freitagsgedanken: Fehlerkultur
Bruchlandung


Heute wollen wir über Fehler sprechen. Zum Stichwort „Umgang mit Fehlern“ möchte ich euch gleich zu Beginn meine Lieblingsgeschichte erzählen, die ich bereits vor vielen Jahren in einem Buch gelesen habe. Sie geht so:

An einem Flughafen hatte ein junger Mechaniker die Aufgabe, die Maschine eines Hobbypiloten zu betanken. Versehentlich griff er dabei allerdings zum falschen Treibstoff. Schon kurz nach dem Start des Flugzeugs setzte deshalb der Motor aus, der Pilot konnte allerdings mit viel Geschick und Glück unversehrt notlanden.

Der Pilot stieg aus, ging schnurgerade auf den Mechaniker zu, der sein Missgeschick bereits bemerkt und den Beinahe-Absturz kreidebleich miterlebt hatte, und sprach: „Sie sollen wissen, dass mir bewusst ist, dass ihnen ein solcher Fehler nie wieder passieren wird. Darum möchte ich, dass meine Maschine in Zukunft ausschließlich von ihnen betankt wird.“

Ich denke nicht, dass ich zu so einer Reaktion in der Lage wäre, dennoch glaube ich, dass es aus Sicht des Piloten die bestmögliche Versicherung gegen eine Wiederholung dieses Fehlers war. „Normal“ wäre wohl gewesen, den Mechaniker rauszuwerfen. Damit hätte man ihm aber auch gleichzeitig die Möglichkeit genommen, aus seinem Fehler zu lernen.

Der schwerwiegendste Fehler, den ich in meiner beruflichen Laufbahn machte, hatte zwar keine beinahe tödliche Notlandung zur Folge, aber er verursachte einen beträchtlichen finanziellen Schaden. Ende der 90er Jahre war ich in einer PKW-Fabrik für ein System zuständig, welches Daten für die Produktionssteuerung lieferte. Mein System sorgte dafür, dass den Leuten am Band angezeigt wurde, welches Teil sie – abhängig von der Ausstattung des Fahrzeugs – einbauen sollten. Über die Fabrik verteilt gab es dutzende dieser Stationen.

Eines Tages änderte ich eine Kleinigkeit an der Konfiguration. Für Leute, die ebenfalls in der IT arbeiten: Ihr wisst schon, diese kleinen, unbedeutenden Änderungen, die man mal eben schnell nebenbei macht, weil dabei überhaupt nichts schief gehen kann…

Die Folge meiner unbedeutenden Änderung war, dass oben erwähnte Anzeigen ausfielen und die Fabrik für mehrere Stunden komplett stillstand.

Auch ich wurde damals weder gefeuert noch strafversetzt, sondern man gab mir die Gelegenheit, den Fehler zu analysieren und mir zu überlegen, wie man derartiges Unheil in Zukunft verhindern könnte. Ich entwickelte ein Programm, das alle vorgelagerten Änderungen, die einen Einfluss auf diese Visualisierungen haben könnten, simulierte und in eine Protokolldatei schrieb. So würde man derart fatale Fehler künftig erkennen, bevor sie auf dem harten Hallenboden aufschlagen. Das Programm war mehr als zehn Jahre im Einsatz und verhinderte in dieser Zeit mehrfach ähnliche Vorfalle. Unter dem Strich hatte mein Fehler und der richtige Umgang damit am Ende also mehr Schaden verhindert als angerichtet.

Dieses Erlebnis hat mich geprägt. Es hat mich, was die Fehler anderer Menschen um mich herum angeht, nachsichtiger werden lassen. Dass ich jemanden wegen eines Fehlers „zusammenfalte“, kommt selten bis nie vor, und wenn ich das Gefühl habe, dass jemand nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt hat, kann ich in den meisten Fällen nicht mal böse sein. Das hat mir den Ruf eingebracht, ein „gutmütiger Trottel“ zu sein. Es gibt Situationen, in denen das durchaus zutrifft. Das ist mir bewusst und ich störe mich nicht daran, weil mir Verärgerung letztlich nur selbst schadet. Da halte ich es lieber wie Konrad Adenauer, der auf die Frage von Journalisten, wie sehr er sich über Fehler seiner Untergeben ärgere, gesagt haben soll: „Ich, mich aufregen über die Fehler meiner Mitarbeiter? Nein! Ich bezahle doch nicht mit meiner Gesundheit für die Sünden der anderen.“

Trotz besagter Gutmütigkeit habe ich eine Schwäche, an der ich bisher erfolglos gearbeitet habe, nämlich dem Umgang mit Kritik, was ja ebenfalls zur Fehlerkultur zählt. In der Theorie weiß ich, was richtig ist: Kritik ist immer ein Geschenk. Egal in welcher Form sie geäußert wird, ich habe immer die Möglichkeit, zu reflektieren und darüber nachzudenken, ob sie berechtigt ist. Umgekehrt weiß ich, dass Kritik, die man an Anderen übt, immer dann die größte Aussicht auf Erfolg hat, wenn sie nicht verletzend ist und nicht in die Rechtfertigung drängt, sondern so geäußert wird, dass mein Gegenüber die Chance hat, sie anzunehmen, ohne sein Gesicht zu verlieren. In beiden Fällen versage ich leider mit schöner Regelmäßigkeit.

Wir leben leider in Zeiten, in denen es fast schon zur Gewohnheit geworden ist, selbst für kleine Fehler drastische Konsequenzen zu fordern. Selbstverständlich nur, wenn es nicht unsere eigenen sind. Wir sollten uns wieder bewusster werden, dass wir alle wandelnde Zeitbomben sind, jederzeit bereit, kleine und große Fehler zu machen, unter denen im schlimmsten Fall andere Menschen zu leiden haben, auf deren Nachsicht wir dann angewiesen sind.

Quelle Titelbild: Wikimedia


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Artikel im Blog lesen
 
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Hmm?! Guter Blog, aber mich interessiert der Hintergrund zu diesen Blogbeitrag heute noch mehr. Was ist passiert? Jeder Wirkung muss ja eine (aktuelle?) Ursache vorangehen. Teilst Du das mit uns? Oder ist es tatsächlich nur "die alte Geschichte" ("Eines Tages änderte ich...")?

VG!
 
Sehr fein. Und ein Art Eigen- Reflektion die hilft, genau auf den eigenen wunden Punkt zu fokusieren.
 
Ich denke, da muss man differenzieren.

Es gibt sicher Menschen, die Bockmist bauen, aber dann daraus lernen, ihren Prozess überdenken und es vermeiden und im Idealfall besser machen. (Wie der Tankwart oder Martin).

Dann gibt es die Sorte Menschen, die auch einen Fehler machen, es wissen, vermeintlich annehmen und er dennoch immer und immer wieder da selbe tun... Da darf man auch mal fuchsig werden.

Kommt halt stets die auf Personen an. So sieht es zumindest in meiner Arbeitswelt aus. ;)

Ich bin auch dafür, dass man nur gutes daraus ziehen sollte und eine Fehlerkultur einfach dazu gehört. Daran kann man als Unternehmen auch arbeiten und wachsen. Kontinuierlicher Verbesserungsprozess :)
 
Hallo Martin,
wieder ein schöner Freitagsgedanke. Und eine gute Geschichte.

Es ist schade, dass wir im 21. Jahrhundert anscheinend wieder vergessen, was uns Rousseau, Kant und Co. beigebracht haben. Das der Furor meist nichts bringt und Hexenjagden jeder Art uns auch nicht weiterbringen.
Ein jeder kehre vor seiner eigenen Tür zuerst.
Selten galt das mehr als heute. Wir sind sehr gut darin, alles und jeden an den (medialen) Pranger zu stellen und laut "Skandal" zu schreien.
Die Fehlerbehaftetheit anderer zu geißeln kommt mir manchmal beinahe wie ein neuer Volkssport vor.
Jeden Tag treibt man eine andere Sau durchs Dorf. Ob berechtigt oder nicht.
Und vergisst dabei, dass man selbst auch nur mit Wasser kocht.

Würde ich zählen, was mir tagtäglich alles fehl geht...ich stünde kaum morgens auf aus Angst, einen Fehler zu begehen.

Mir hilft bis heute ein Wort, dass Samuel Beckett zugeschrieben wird: "Versuchen und scheitern. Wieder versuchen...besser scheitern."

Es geht nicht darum, keine Fehler zu begehen. Sondern die gleichen Fehler nicht zu wiederholen.
Tut man das mit ehrlichem Bemühen, hat man sich nichts vorzuwerfen. Sondern ist schlicht Mensch.
 
Hallo emk,

seht gut geschrieben, Ich möchte noch ergänzen, dass auch konstruktive Kritik am eigenen Scheitern oder das der "anderen" der freien Entfaltung dienen kann, da es dem Respekt bzw. der Anerkennung dienen kann. Wer nur bewundert werden will...? Du hast ja Rousseau angeführt: "Es ist viel wertvoller, stets den Respekt der Menschen als gelegentlich ihre Bewunderung zu haben."
Jean-Jacques Rousseau (1712-78)
 
  • Danke!
Reaktionen: emk
ot:
Flughäfen werden zumeist von der öffentlichen Hand betrieben. Das Personal darin, ist nicht so leicht feuerbar.
Ähnlich wie das Staats-VW Ingenieuren ist.
Die Geschichten stammen also also kaum aus der Privatwirtschaft.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
ot:
Flughäfen werden zumeist von der öffentlichen Hand betrieben. Das Personal darin, ist nicht so leicht feuerbar.
Ähnlich wie das Staats-VW Ingenieuren ist.
Die Geschichten stammen also also kaum aus der Privatwirtschaft.
und für oder gegen was spricht das jetzt?
willst du uns was bestimmtes sagen

wie du schon sagst - "zumeist"
und mal abgesehen davon, gibt es auf Flughäfen viele privatwirtschaftliche firmen, die sich um gepäck, betankung, sicherheit, usw. kümmern
und das VW dem Staat gehört, ist mir echt neu
soweit ich weiss, ist der aktienanteil zu 100% im freien handel
dass es in solchen Unternehmen trotzdem, ähnlich wie im Staatsapparat zugeht, ist keine Seltenheit, heisst aber nicht, dass du genauso geschützt bist wie beim Beamten
auch wenn du nicht gefeuert wirst, hast du schnell eine abwechslungsreiche aufgabe im Tiefkeller
 
Zuletzt bearbeitet:
Ein sehr schöner Artikel. Kompliment Martin!

Was ich noch beitragen kann. Ich arbeite jetzt seit über 30 Jahren beim selben Arbeitgeber in den unterschiedlichsten Funktionen. Zuletzt in leitender Position.
Was mir NIE zum Nachteil gereicht hatte, war eigene Fehler offen zuzugeben. Das hat mir immer eher Respekt, als Spott und Hohn eingebracht. Auch wurde mein Standing dadurch nicht schlechter, sondern sogar besser.

Die Eigenschaft zu eigenen Fehlern zu stehen und sie auch dem Gegenüber zuzugestehen ist ein Plus für beide Seiten.
Deshalb habe ich Deinen Artikel mit viel Vergnügen gelesen und habe mich wiedergefunden.

Vielen Dank!
 
Wir leben leider in Zeiten, in denen es fast schon zur Gewohnheit geworden ist, selbst für kleine Fehler drastische Konsequenzen zu fordern
Nicht jeder gebildete ist klug und nicht jeder kluge ist gebildet. Klugheit und Bildung trifft nur selten aufeinander.
Da wo die Klugheit fehlt, da regiert die des Pöbels Kultur.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
ot:
na dann hast du wohl etwas anderes in der Schule gelernt, was das Wort "beteiligt" und der Begrifflichkeit "der Staat" und "das Land" bedeutet
sorry, das konnte ich ja nicht wissen.
ändert daher also nichts an dem Inhalt meiner Aussage und der Tatsache, dass wir immer noch nicht wissen, was du uns mit deinem Post sagen willst
 
Darüber habe ich mich früher öfter gewundert als Jugendlicher, dass Leute immer gehen mussten, die sicher nie wieder in solche Situationen kommen wollen.
Und ja, Chefs in Privatunternehmen können kurzsichtig sein, aber ich sehe wenig Grund, das an dem "Privat-" festzumachen und eine Front zu ziehen zu "staatlich". Dieser Frontenkampf nervte mich schon in der Schule und die Welt in Schwarz und Weiß einzuteilen, hat noch nie geklappt, außer bei dem Unternehmen, in eine Misere zu steuern, da klappt so was hervorragend.
 
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