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400 Millionen Geräte mit Windows 11? Warum die Zahl bedeutungslos ist – ein Kommentar
von Martin Geuß
Windows 11 läuft angeblich auf 400 Millionen Geräten weltweit. “Angeblich” deshalb, weil diese Zahl nicht offiziell ist und Microsoft darüber nicht spricht. Aus gutem Grund: Diese Zahl ist vollkommen bedeutungslos und sagt nichts über Erfolg oder Misserfolg aus der Sicht von Microsoft.
Die Angabe, dass Windows 11 auf 400 Millionen Geräten installiert ist, stammt laut WindowsCentral aus internen Microsoft-Dokumenten, in denen ebenfalls steht, dass man damit rechnet, im Frühjahr 2024 die Marke von 500 Millionen Installationen geknackt zu haben.
Grundsätzlich kann man von folgendem Grundsatz ausgehen: Ist ein Unternehmen mit Verkaufs- oder Nutzerzahlen glücklich, benennt es diese öffentlich. Sobald diese Zahlen verschwiegen oder so verklausuliert werden, dass sie nicht objektiv nachvollziehbar sind, spricht das eher dafür, dass der jeweilige Hersteller oder Anbieter mit ihnen unzufrieden ist.
Das gilt im Grundsatz auch für Microsoft. An der Tatsache, dass die Redmonder bis heute keine offiziellen Zahlen zu Windows 11 kommuniziert haben, könnte man also ablesen, dass man sich deutlich mehr erhofft hatte.
Dazu kommen wir gleich. Versuchen wir zunächst einmal, diese Zahl nüchtern und objektiv zu analysieren: Windows 11 ist seit rund zwei Jahren auf dem Markt. Windows 10 benötigte nicht ganz 14 Monate, um die Marke von 400 Installationen zu knacken. Windows 11 verbreitet sich also deutlich langsamer, diese Erkenntnis ist allerdings nicht neu, sondern geht auch aus allen anderen inoffiziellen Erhebungen hervor (siehe: Browser und Betriebssysteme im September 2023: Die aktuellen Werte).
Überraschend kommt das nicht, im Gegenteil. Da wäre einerseits der Umstand, dass die höheren Systemvoraussetzungen in vielen Fällen ein Upgrade auf Windows 11 verhindern. Schätzungsweise ein Viertel aller Computer, die mit Windows 10 laufen, können Windows 11 nicht ausführen und müssen demnach bis Oktober 2025, wenn die Unterstützung von Windows 10 endet, ersetzt werden oder auf ein anderes System ausweichen.
Der zweite wichtige Faktor: Ein Upgrade von Windows 10 auf 11 ist zwar kostenlos, allerdings pusht Microsoft dieses nicht so aggressiv wie anno 2015. Damals wurden alle Systeme mit Windows 7 und 8 mit der “Get Windows 10 App” beglückt, die zwar nicht zum Upgrade zwang, aber permanent und penetrant dazu aufforderte.
Drittens: Das Erscheinen von Windows 10 war für viele Windows-Nutzer die willkommene Gelegenheit, das ungeliebte Windows 8 hinter sich zu lassen. Während die Nutzerschaft von Windows 7 eher zögerlich agierte, nahmen die Nutzer von Windows 8 das Gratis-Upgrade mehrheitlich gerne und zügig an.
Berücksichtigen wir diese drei Faktoren, dann könnte man sagen: Wow, trotzdem hat Windows 11 nicht einmal doppelt so lang gebraucht, um 400 Millionen Installationen zu erreichen.
Ist das nicht schön? Diejenigen, die Windows 11 als Erfolg feiern wollen, können sich die Wahrheit ebenso plausibel zurechtlegen wie jene, die es als Flop bezeichnen möchten. Perfekt, es ist für alle gesorgt.
Zurück zu Microsoft: Ich behaupte, die absolute Zahl der Windows 11 Installationen ist für Microsoft irrelevant. Der “Erfolg” wird an einer anderen Kennzahl gemessen.
Von Windows 10 versprach sich Microsoft damals signifikante Mehreinnahmen in Form von Provisionen aus dem Store, den es unter Windows 7 nicht gab und der unter Windows 8 ein Schattendasein führte. Zu jener Zeit lebte der Glaube an Windows Phone noch und es gab die Vision von den Universal Apps sowie Windows in Radioweckern, Kühlschränken und Fernsehern. Nichts davon hat funktioniert, wie wir wissen, aber zum damaligen Zeitpunkt glaubte Microsoft, viel Geld verdienen zu können, wenn man die Nutzer so schnell wie möglich in Richtung Windows 10 schiebt.
Welche wirtschaftlichen Potenziale ergeben sich für Microsoft durch ein Upgrade von Windows 10 auf Windows 11? Richtig, überhaupt keine. Es ist völlig egal. Den wahren Grund, warum Windows 11 mit künstlich erhöhten Systemanforderungen als unreife Frühgeburt auf die Straße gestoßen wurde, habe ich an dieser Stelle schon öfter benannt: Es ging einzig und allein darum, die PC-Verkäufe anzukurbeln.
Ob das funktioniert hat, lässt sich schwer beurteilen. Auf den ersten Blick ging es schief, denn der PC-Markt ist inzwischen das achte Quartal in Folge rückläufig. Dabei gilt es allerdings zu berücksichtigen, dass die Corona-Pandemie den Markt in nicht mehr für möglich geglaubte Höhen geschossen hat und wir nun die langsame Rückkehr zur Normalität erleben.
Wenn wir einen Ausblick auf Windows 12 wagen, wird es erneut spannend. Hier gilt die Feststellung aus dem vorletzten Absatz analog. Wie viele Menschen das aller Voraussicht nach erneut kostenlose Upgrade in Anspruch nehmen werden, kann Microsoft völlig egal sein.
Schon heute wissen wir, dass Microsoft Windows 12 als das KI-Betriebssystem überhaupt anpreisen wird. Es wäre daher keineswegs überraschend, wenn ein KI-Coprozessor zu den Systemvoraussetzungen von Windows 12 zählen würde. Das würde aber nahezu alle aktuellen Windows-Computer ausschließen. Viel schlauer wäre es daher, Windows 12 jedem anzubieten und viele Funktionen ausgegraut anzuzeigen, gepaart mit dem Hinweis: Dafür brauchst Du einen neuen PC mit KI-Prozessor.
Ups, hoffentlich habe ich jetzt keinen der mitlesenden Microsofties auf dumme Gedanken gebracht…
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von Martin Geuß
Windows 11 läuft angeblich auf 400 Millionen Geräten weltweit. “Angeblich” deshalb, weil diese Zahl nicht offiziell ist und Microsoft darüber nicht spricht. Aus gutem Grund: Diese Zahl ist vollkommen bedeutungslos und sagt nichts über Erfolg oder Misserfolg aus der Sicht von Microsoft.
Die Angabe, dass Windows 11 auf 400 Millionen Geräten installiert ist, stammt laut WindowsCentral aus internen Microsoft-Dokumenten, in denen ebenfalls steht, dass man damit rechnet, im Frühjahr 2024 die Marke von 500 Millionen Installationen geknackt zu haben.
Grundsätzlich kann man von folgendem Grundsatz ausgehen: Ist ein Unternehmen mit Verkaufs- oder Nutzerzahlen glücklich, benennt es diese öffentlich. Sobald diese Zahlen verschwiegen oder so verklausuliert werden, dass sie nicht objektiv nachvollziehbar sind, spricht das eher dafür, dass der jeweilige Hersteller oder Anbieter mit ihnen unzufrieden ist.
Das gilt im Grundsatz auch für Microsoft. An der Tatsache, dass die Redmonder bis heute keine offiziellen Zahlen zu Windows 11 kommuniziert haben, könnte man also ablesen, dass man sich deutlich mehr erhofft hatte.
Dazu kommen wir gleich. Versuchen wir zunächst einmal, diese Zahl nüchtern und objektiv zu analysieren: Windows 11 ist seit rund zwei Jahren auf dem Markt. Windows 10 benötigte nicht ganz 14 Monate, um die Marke von 400 Installationen zu knacken. Windows 11 verbreitet sich also deutlich langsamer, diese Erkenntnis ist allerdings nicht neu, sondern geht auch aus allen anderen inoffiziellen Erhebungen hervor (siehe: Browser und Betriebssysteme im September 2023: Die aktuellen Werte).
Überraschend kommt das nicht, im Gegenteil. Da wäre einerseits der Umstand, dass die höheren Systemvoraussetzungen in vielen Fällen ein Upgrade auf Windows 11 verhindern. Schätzungsweise ein Viertel aller Computer, die mit Windows 10 laufen, können Windows 11 nicht ausführen und müssen demnach bis Oktober 2025, wenn die Unterstützung von Windows 10 endet, ersetzt werden oder auf ein anderes System ausweichen.
Der zweite wichtige Faktor: Ein Upgrade von Windows 10 auf 11 ist zwar kostenlos, allerdings pusht Microsoft dieses nicht so aggressiv wie anno 2015. Damals wurden alle Systeme mit Windows 7 und 8 mit der “Get Windows 10 App” beglückt, die zwar nicht zum Upgrade zwang, aber permanent und penetrant dazu aufforderte.
Drittens: Das Erscheinen von Windows 10 war für viele Windows-Nutzer die willkommene Gelegenheit, das ungeliebte Windows 8 hinter sich zu lassen. Während die Nutzerschaft von Windows 7 eher zögerlich agierte, nahmen die Nutzer von Windows 8 das Gratis-Upgrade mehrheitlich gerne und zügig an.
Berücksichtigen wir diese drei Faktoren, dann könnte man sagen: Wow, trotzdem hat Windows 11 nicht einmal doppelt so lang gebraucht, um 400 Millionen Installationen zu erreichen.
Ist das nicht schön? Diejenigen, die Windows 11 als Erfolg feiern wollen, können sich die Wahrheit ebenso plausibel zurechtlegen wie jene, die es als Flop bezeichnen möchten. Perfekt, es ist für alle gesorgt.
Zurück zu Microsoft: Ich behaupte, die absolute Zahl der Windows 11 Installationen ist für Microsoft irrelevant. Der “Erfolg” wird an einer anderen Kennzahl gemessen.
Von Windows 10 versprach sich Microsoft damals signifikante Mehreinnahmen in Form von Provisionen aus dem Store, den es unter Windows 7 nicht gab und der unter Windows 8 ein Schattendasein führte. Zu jener Zeit lebte der Glaube an Windows Phone noch und es gab die Vision von den Universal Apps sowie Windows in Radioweckern, Kühlschränken und Fernsehern. Nichts davon hat funktioniert, wie wir wissen, aber zum damaligen Zeitpunkt glaubte Microsoft, viel Geld verdienen zu können, wenn man die Nutzer so schnell wie möglich in Richtung Windows 10 schiebt.
Welche wirtschaftlichen Potenziale ergeben sich für Microsoft durch ein Upgrade von Windows 10 auf Windows 11? Richtig, überhaupt keine. Es ist völlig egal. Den wahren Grund, warum Windows 11 mit künstlich erhöhten Systemanforderungen als unreife Frühgeburt auf die Straße gestoßen wurde, habe ich an dieser Stelle schon öfter benannt: Es ging einzig und allein darum, die PC-Verkäufe anzukurbeln.
Ob das funktioniert hat, lässt sich schwer beurteilen. Auf den ersten Blick ging es schief, denn der PC-Markt ist inzwischen das achte Quartal in Folge rückläufig. Dabei gilt es allerdings zu berücksichtigen, dass die Corona-Pandemie den Markt in nicht mehr für möglich geglaubte Höhen geschossen hat und wir nun die langsame Rückkehr zur Normalität erleben.
Wenn wir einen Ausblick auf Windows 12 wagen, wird es erneut spannend. Hier gilt die Feststellung aus dem vorletzten Absatz analog. Wie viele Menschen das aller Voraussicht nach erneut kostenlose Upgrade in Anspruch nehmen werden, kann Microsoft völlig egal sein.
Schon heute wissen wir, dass Microsoft Windows 12 als das KI-Betriebssystem überhaupt anpreisen wird. Es wäre daher keineswegs überraschend, wenn ein KI-Coprozessor zu den Systemvoraussetzungen von Windows 12 zählen würde. Das würde aber nahezu alle aktuellen Windows-Computer ausschließen. Viel schlauer wäre es daher, Windows 12 jedem anzubieten und viele Funktionen ausgegraut anzuzeigen, gepaart mit dem Hinweis: Dafür brauchst Du einen neuen PC mit KI-Prozessor.
Ups, hoffentlich habe ich jetzt keinen der mitlesenden Microsofties auf dumme Gedanken gebracht…
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