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Activision-Übernahme: Die Klage der FTC ist gar keine – und basiert auf Falschbehauptungen

DrWindows

Redaktion
Activision-Übernahme: Die Klage der FTC ist gar keine – und basiert auf Falschbehauptungen
von Martin Geuß
Activision Übernahme Titelbild


Die amerikanische Regulierungsbehörde FTC klagt gegen die Übernahme von Activision durch Microsoft, so war es gegen Ende der letzten Woche überall zu lesen, auch bei uns. Das stimmt allerdings nicht, zumindest nicht in der Form, wie man sich das vorstellt. Die zitierte „Klage“ ist vielmehr ein interner Prozess.

Als ich die Mitteilung der FTC las, bin ich zwar über den Begriff „administrative Complaint“ gestolpert, konnte aber ehrlich gesagt nicht so wirklich etwas damit anfangen. Ich habe daher in den allgemeinen Tenor „die FTC klagt“ eingestimmt.

Leser Alexander hat mich auf einen Artikel von Adam Adler im Magazin „the escapist“aufmerksam gemacht, der das Missverständnis ausräumt und etwas genauer erklärt, was es damit auf sich hat. Der Artikel beleuchtet außerdem die Auswirkungen, welche die Maßnahme der FTC auf den geplanten Deal haben kann.

Die „administrative Beschwerde“ der FTC-Kommission ist keine Klage, die nun vor einem öffentlichen Gericht verhandelt wird. Vielmehr wird damit ein internes Schiedsgericht angerufen, welches im ersten Schritt darüber zu befinden hat, ob die geplante Übernahme den gesetzlichen Erfordernissen entspricht. Erst wenn hier die Entscheidung fallen sollte, den Deal abzulehnen, kann es zu einer Verhandlung vor einem öffentlichen Gericht kommen. Dass dies passieren wird, ist jedoch äußerst wahrscheinlich, denn entweder wird Microsoft nicht mit dem Ausgang zufrieden sein oder die Kommissare der FTC.

Microsoft hatte ursprünglich geplant, die Übernahme von Activision bis Mitte 2023 abzuschließen. Das erscheint nunmehr ausgeschlossen, denn Adam Adler schreibt unter Berufung auf Erfahrungswerte aus früheren Verfahren, dass mit einer Entscheidung der FTC nicht vor Anfang/Mitte 2024 zu rechnen ist. Sollte es im Anschluss noch eine Auseinandersetzung vor einem öffentlichen Gericht geben, könnten wiederum mindestens zwei Jahre vergehen, bis endlich Klarheit herrscht.

Die Beschwerde der FTC könne Microsoft allerdings nicht daran hindern, die Übernahme einfach trotzdem abzuschließen, so Adler. Die FTC müsste eine einstweilige Verfügung vor einem freien Gericht erwirken, um diesem Schritt einen wirksamen juristischen Riegel vorzuschieben. Wenn das nicht passiert, könnte Microsoft einfach weitermachen, würde allerdings das Risiko eingehen, Activision wieder ausgliedern zu müssen, sollte ein Gericht im Nachhinein die Übernahme für unzulässig erklären. Daher sei wohl damit zu rechnen, dass die Übernahme auf Eis liegt, so lange die juristische Kuh nicht vom selbigen ist.

Es gibt allerdings nach wie vor die Option, dass es Microsoft gelingt, die FTC mit entsprechenden Zugeständnissen milde zu stimmen, damit die Beschwerde wieder zurückgezogen wird. Die Chancen dafür scheinen derzeit gering, da das Vorgehen zu einem guten Teil politisch motiviert scheint.

Die FTC hat Microsoft der Lüge bezichtigt, was die Übernahme von Zenimax Media / Bethesda angeht. Zusagen gegenüber der EU, man würde die Bethesda-Games nicht exklusiv machen, seien nicht eingehalten worden. Dem hatte Microsoft widersprochen und darauf verwiesen, dass man diese Zusage nur für existierende, nicht aber für künftige Titel gegeben habe.

Noch schwerer wiegt allerdings, dass die EU der FTC-Argumentation in den Rücken fällt. Entsprechende Bedingungen habe es nicht gegeben und sie hätten bei der Entscheidung ohnehin keine Rolle gespielt (Quelle: Twitter).

Darüber hinaus führt Adler im oben verlinkten Artikel aus, dass die Beschwerde der FTC von grober Unkenntnis des Gaming-Marktes zeugt und sie außerdem überwiegend auf Befürchtungen beruht, was Microsoft tun könnte – wobei nichts davon logisch erscheint.

Vielen Dank an Alexander für den Hinweis!


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Artikel im Blog lesen
 
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Spannender Artikel!
Die Frage könnte jetzt eher sein, ob MS überhaupt so lange durchhalten will, oder man das Geld nicht doch lieber in andere Projekte rund ums Cloud-Kerngeschäft investieren möchte. Da die Erfolgsaussichten allerdings positiv sind (eine vertikale Übernahme wie diese ist in 50 Jahren US Transaktiongeschichte noch nie gescheitert) und man sich weiterhin total kampfbereit bei Microsoft zeigt, glaube ich dass sie es durchziehen werden.

Andererseits muss man das rein rechtlich auch, denn würde MS den Deal einfach fallen lassen, zahlen sie 3 Mrd Dollar Strafzahlung an ActivisionBlizzard. Das kann man auch nicht wollen. Ich denke weiterhin der Deal geht über die Bühne - aber erst Mitte 2024, wie Martin aus dem Artikel ja auch schildert. :)
 
Kann aufgrund der Verzögerung nicht Activision Blizzard bald auf die Idee kommen den Deal anders zu gestalten, weil das Unternehmen in Zukunft mehr Wert haben könnte?
 
Kann aufgrund der Verzögerung nicht Activision Blizzard bald auf die Idee kommen den Deal anders zu gestalten, weil das Unternehmen in Zukunft mehr Wert haben könnte?
Das könnte theoretisch passieren. Nach Juli 2023 muss der Deal neu verhandelt werden.
Activision Blizzard äussert sich aber bisher, so dass man unbedingt Teil von Microsoft werden möchte. Aber klar, die Aktionäre müssten es erneut abnicken, was allerdings sehr wahrscheinlich ist. zuletzt gab es 99% Zustimmung durch die Shareholder. Denen bringt der Deal eine Menge Geld ein. Die Aktie wird daher auch weiterhin mit "Buy" von den Ratingargenturen bewertet.
 
Es gibt allerdings nach wie vor die Option, dass es Microsoft gelingt, die FTC mit entsprechenden Zugeständnissen milde zu stimmen, damit die Beschwerde wieder zurückgezogen wird. Die Chancen dafür scheinen derzeit gering, da das Vorgehen zu einem guten Teil politisch motiviert scheint.
Allein daraus, dass es sich um eine politische Aktion handelt, sollte MS hartnäckig bleiben. Derartiger politischer Einfluss könnte sonst ein negativer Präzedenzfall werden und Nachahmer in Zukunft bestärken.
 
Allein daraus, dass es sich um eine politische Aktion handelt, sollte MS hartnäckig bleiben. Derartiger politischer Einfluss könnte sonst ein negativer Präzedenzfall werden und Nachahmer in Zukunft bestärken.
Sehe ich genauso. Hier geht es um die Person Lina Khan, die von Biden ins Amt gerufen wurde und BigTech den Kampf angesagt hat. Sie gilt mit ihren ~30 Jahren als juristisches Wunderkind. Dafür, dass sie so mit Vorschusslorbeeren überschüttet wurde, finde ich es ganz schön peinlich, dass ihre Anklageschrift auf einem offensichtlichen Fehler beruht. Eher wunderlich, als Wunderkind, würde ich fast meinen.
 
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