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Geh aus dem Weg, Microsoft, ich muss arbeiten!

DrWindows

Redaktion
Geh aus dem Weg, Microsoft, ich muss arbeiten!
von Martin Geuß
Nagscreens unter Windows 11


Windows ist seit der mobilen Revolution nicht mehr das Betriebssystem, um das sich die ganze Welt dreht. Im Gegenteil, obwohl es auf dem Desktop nach wie vor die unangefochtene Nummer 1 ist, erhält es vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit. Microsoft ist bemüht, das zu ändern, und zerstört dabei die Kernkompetenz, für die Windows immer stand: Produktivität.

Vor einigen Jahren hatte ich die Gelegenheit, bei einer Medienveranstaltung im kleinen Kreis Panos Panay zu treffen. Damals war er nur für Surface verantwortlich, inzwischen untersteht ihm bekanntermaßen auch Windows. Als er über die mitgebrachten Surface-Geräte und die Arbeit mit diesen sprach, sagte er einen Satz, den ich zunächst nicht verstand: “The device has to disappear” – “Das Gerät muss verschwinden”.

Damit beschrieb Panos in der ihm eigenen Art den Idealzustand, den man bei der Arbeit erreicht: Nutzer, Hardware und Software werden eins, man erledigt einfach seine Arbeit, die Hardware drängt sich nicht in den Vordergrund, man taucht sozusagen in ein Gesamterlebnis ein.

Im zweiten Anlauf habe ich es verstanden, so ganz zustimmen kann ich aber bis heute nicht. Wenn ich beispielsweise auf einer exzellenten Tastatur schreibe, dann nehme ich das ganz bewusst wahr und genieße es. Umgekehrt wird allerdings ein Schuh draus: Hardware sollte nicht stören, eine “klapprige” Tastatur behindert meinen Schreib- und Gedankenfluss enorm.

“Nicht stören” ist auch genau das, was man von seinem Betriebssystem erwarten sollte. Wenn Panos heute den Satz “The OS has to disappear” sagen würde, dann wäre ihm meine Zustimmung gewiss. Und er hätte zugleich erkannt, woran ganz dringend gearbeitet werden muss.

Windows ist ein Betriebssystem. Es hat dafür zu sorgen, dass ich meinen Desktop sehe und meine Hardware funktioniert, und es soll die Programme für mich starten, die ich benutzen will. Ansonsten hat es sich im Hintergrund zu halten. Gleiches gilt für die Programme, mit denen ich meine Arbeit erledigen möchte. Ihr Job ist es, zügig zu starten und mich mit der Arbeit beginnen zu lassen.

Wie sieht die Realität aus? Windows nervt mich täglich mit Hinweisen auf tolle Funktionen, die ich dringend ausprobieren sollte. Und was noch schlimmer ist: Es legt mir Produkte nahe, die ich bereits nutze.

In unregelmäßigen Abständen erscheint beim Hochfahren ein Vollbild-Hinweis, der mich auffordert, die “Einrichtung meines PC abzuschließen”:

Second Chance Out of Box Experience

“Nutzen Sie OneDrive!”

Mache ich bereits.

“Verwenden Sie Microsoft Edge!”

Das ist mein Standardbrowser.

“Erreichen Sie mehr mit einem Microsoft 365 Abonnement!”

Habe ich

“Verknüpfen Sie Ihr Smartphone mit dem PC!”

Längst erledigt

“Melden Sie sich mit Windows Hello an!”

Ja, auch das mache ich.

Nicht nur, dass Microsoft meint, Windows-Nutzer mit diesem Unsinn nerven zu müssen, sie sind auch noch zu doof, um zu merken, wenn man ihnen so wie ich quasi bereits seine Seele verkauft hat.

Dieser vollflächige Dialog hat sogar einen offiziellen Namen: “Second Chance out of Box Experience”. Wer bei der Einrichtung seines PC versagt hat, soll gnädigerweise noch eine zweite Chance bekommen. Wenn es denn nur bei dieser bliebe…

Es ist, wie bereits erwähnt, nicht nur Windows.

Du willst einen Kollegen via Teams anchatten oder einer Besprechung beitreten? Ja ja, darfst du gleich, aber schau dir zuerst unsere tollen neuen Emojis an.

Microsoft Teams Nagscreen mit Emojis

Schnell mal E-Mails checken? Aber nicht doch! Kennen Sie schon To Do? (Ihr ahnt es bereits: Das ist meine Standard-Aufgabenverwaltung).

Hinweis auf To Do in Outlook

Ok, ich gebe auf und gehe ein wenig im Internet surfen. Ich starte meinen Standardbrowser Edge, und es geht weiter: “Verwenden Sie die von Microsoft empfohlenen Browsereinstellungen.”

Microsoft Edge will Standardeinstellungen anwenden

Microsoft Edge ist mein Standardbrowser, Bing meine Standardsuchmaschine. Was zur Hölle wollt Ihr eigentlich noch von mir?

Das waren nur ein paar Beispiele. Wer selbst Windows nutzt, kennt all das und noch mehr. Statt mich bestmöglich bei meiner Arbeit zu unterstützen, stellt sich mir Microsoft mit seinen Produkten ständig in den Weg und hindert mich an dem, was ich eigentlich tun will.

Da ist es auch nur ein schwacher Trost, dass andere Firmen nicht weniger aufdringlich sind. Heute Morgen wollte ich auf dem Google Pixel 7 einen Timer starten. Ging nicht, der Hinweis “Das können sie auch per Sprache erledigen” überlagerte die Schaltflächen. Einziger Ausweg aus der Blockade war, auf “Jetzt ausprobieren” zu tippen.

Hoffnung auf Besserung habe ich nicht. Lächle und sei froh, es könnte schlimmer kommen. Und ich lächelte und war froh, und es kam schlimmer.

Manchmal – aber nur manchmal – denke ich wehmütig an die Zeit von Wählscheibentelefon, Eieruhr, Bleistift und Papier zurück. Da konnte man noch ungestört produktiv sein.


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Artikel im Blog lesen
 
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Ja, kenn ich von der Arbeit. Da willst du nur deinen Job machen und regelmäßig ploppt was auf, was es nun alles schönes gibt. Und denkst dir häufig: und dafür geht ihr aktiv auf die Nerven? Für so Kleinkram und optische Verfeinerung?

Nach einem großen Upgrade nen Dialog zu bekommen, finde ich OK. Oder wenn es einen unaufdringlichen Hinweis gibt, bspw. ein Neu-Icon was leuchtet und man klickt drauf und bekommt seine Infos: fein. Stören mich die Hinweise beim Arbeiten, geht es nur auf den Nerv.

Privat nervt Apple deutlich weniger. Da kommen diese einmalige Infos nach großen OS-/App-Update, ansonsten stört das nicht.
 
Wenn es nur um Produktivität ginge (da werde ich fürs Ertragen der Popups bezahlt). Neuderdings nervt die Xbox Game Bar in Spielesessions ständig mit Meldungen wie: Schnell, lösen Sie Ihre Punkte ein, bevor sie verfallen.

Warum mehrmals? Warum während des Spielens? Das zerstört sehr häufig die Immersion des Spiels.
 
Apple nervt deutlich weniger. Absolute Zustimmung!

Gibt es Unterschiede je nach Betriebssystem und Hardware? Auf einem Thinkpad mit W11 Pro habe ich wenige dieser nervigen Abfragen. Oder es hängt damit zusammen, das ich Windows die Datensammelwut stark einschränke.
 
Einziger Ausweg aus der Blockade war, auf “Jetzt ausprobieren” zu tippen

Nicht ganz.
Wenn du auf deinem Pixel noch die PixelOS Software nutzt, bist du selbst schuld.

Microsoft hat da etwas wundervolles namens: Microsoft Launcher.

Der läuft seit Jahren komplett still im Untergrund auf meinem Pixel 5 (kurzzeitig auch auf einen 4a und 6) und macht genau dass, was Windows vor Windows 10 machte - einfach funktionieren (unabhängig der herrlichen Blauen Bildschirme bei Windows 95-XP) 😜.



Also falls du es ernst meinst, die wahrscheinlich derzeit beste Oldschoolanwendung ist die Oberfläche, dass quasi Windows für dein Android.

Achso, und natürlich alles von Google deaktivieren. 🤫

LG
 
Die 2nd OOBE-Meldung lässt sich meiner Erfahrung nach unter

Einstellungen - System - Benachrichtigungen - zusätzliche Einstellungen - Haken 1 und 2 deaktivieren (ich hab alle drei deaktiviert)

bei Windows 11 ausschalten.
 
+1 Zustimmung 100%

Man muss sich das mal als Handwerker in der Praxis vorstellen, wenn man eine Hilfe für die Arbeiten bekommt.

Mal werden die falschen Werkzeuge angegeben, mal wird etwas gefragt, was mit dem Arbeitsablauf überhaupt nichts zu tun hat.
Und das in einer ständigen Wiederholungsschleife.

Dann will man etwas ablegen, aber das was am meisten gebraucht wird, ist immer ganz hinten zu finden.
Dialoge finden nur einseitig statt, weil die Hilfe beratungsresistent und zudem vergesslich ist.

Ich habe ohnehin schon länger das Gefühl, das Microsoft sich weder Prozessabläufe noch Gepflogenheiten von Kunden anschaut, um daraus die Arbeitsabläufe durch die Software zu unterstützen.
Praxisorientierte Lösungen sind wohl zukünftig in weiter Ferne.
KI wird es schon richten...🤣
 
@Primetime @Martin

Ja, da kann man das ausschalten. Bei Gefühlt jedem Update wird die dann aber heimlich wieder angeknipst. Leider ist man dann aber auch zu faul jedes Mal wieder anzuknipsen. Aber das ist ehrlich gesagt auch nicht meine Aufgabe.

Ansonsten kann ich zu 100% zustimmen. Windows geht mir in letzter Zeit nur noch auf die Nerven mit solchen „Tipps“

Ich denke zumindest mal über einen Wechsel des OS nach.
 
Komisch. Ich erhalte solche Hinweise kaum bis gar nicht. Was mache ich da "falsch"? Am genutzten Surface Pro kann es ja wohl eher nicht liegen. Vielleicht daran, dass ich kein Insider bin, sondern nur die finalen Versionen nutze? Oder liegt es daran, dass bei mir bis auf Microsoft 365 häufig andere Anwendungen (z.B. Firefox und Google Search) der Standard sind?

Auf jeden Fall bittet mich Windows 11 nur sehr selten, dass ich mal was Bestimmtes einstellen oder ausprobieren soll. Und wenn, dann eher nach einem Neustart, den ich aber verhältnismäßig selten (so ca. ein Mal im Monat) durchführe. Mein Surface Pro hängt fast ständig im Standby am Netz.
 
“Einrichtung meines PC abzuschließen” deaktiviert, “Nutzen Sie OneDrive!” gelöscht, “Verwenden Sie Microsoft Edge!” gelöscht, “Erreichen Sie mehr mit einem Microsoft 365 Abonnement!” erhalte ich nicht...?

Aber ich verstehe den Punkt. Der normale Nutzer will sich nicht mit dem OS auseinandersetzen und einfach produktiv sein.
Noch nie musste ich nach einer Installation so viel in der Einstellung, Gruppenrichtlinie, Registry, Powershell "rumfrickeln", um ein Standard OS Gerüst zu erhalten, dass meinen Wünschen folgt.
Daher vermeide ich auch Microsoft Dienste und nutze Alternativen, wo es nur geht (auch wegen Thema Kontosperrungen).
 
Zuletzt bearbeitet:
Auf jeden Fall bittet mich Windows 11 nur sehr selten, dass ich mal was Bestimmtes einstellen oder ausprobieren soll.
Ist bei mir auch so.
Ich konnte jetzt auch den Sytembrowser umstellen, nicht verwechseln mit Standardbrowser.
Kein Edge-Browser der mich mehr nervt. Wie lange es so bleibt, keine Ahnung.
 
Der Beitrag spricht mir aus der Seele. Und ich bin Surface und MS Fan.

Ich arbeite mit diversen Geräten und Betriebssystemen und aktuell benutze ich lieber macOS zum Arbeiten, da ich nicht andauernd irgendwelche Meldungen wegklicken muss.

Das Ganze weitet sich auch auf M365 aus: ich administriere viele Tenants und jedes Mal, eingeloggt mit dem selben Users des jeweiligen Tenants, muss ich die Einführung im Defender Admin-Center durchklicken.

Auch das gängeln zu MS Edge: der Browser ist toll und unter Windows meine Wahl. Aber bitte lasst dem Benutzer die Wahl. Es war sehr einfach unter Windows 10 den Standardbrowser zu ändern. Das hätte ich gerne wieder.

Windows hat seine Selling Points und die werden von den Benutzern geschätzt. Bei allem anderen lasst dem Benutzer doch bitte die Wahl. Diese Offenheit würde wesentlich mehr Vertrauen bei den Benutzern schaffen.

Die meisten Meldungen lesen die Benutzer gar nicht oder fragen: "Was bedeutet das? Was sind die Konsequenzen? Brauch ich das?". Das heißt, dass Microsoft es nicht schafft mit den Meldungen dem Kunden die Vor- oder Nachteile näher zu bringen.

Windows: bitte geh aus dem Weg.

Danke Martin!
 
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