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Kommentar: Warum man Chrome nicht von Google abspalten sollte

DrWindows

Redaktion
Kommentar: Warum man Chrome nicht von Google abspalten sollte
von Martin Geuß
Google Chrome Titelbild


Im US-Kartellverfahren gegen Google erwägt das Justizministerium eine Abspaltung des Chrome-Browsers von Google. Eine schlechte Idee, die sich nicht an den Interessen der Verbraucher orientiert. Meine Meinung.

Ist es nachteilig, dass Google sowohl bei der Websuche, der Online-Werbung als auch bei den Internet-Browsern mit weitem Abstand den Markt anführt?

Auf jeden Fall.

Hat Google seine Position als Marktführer missbraucht, um die eigenen Produkte zu fördern und die Konkurrenz gezielt zu benachteiligen?

Selbstverständlich haben sie das.

Die Lösung für diese Probleme: Man zwingt Google dazu, Chrome zu verkaufen. Ganz einfach, oder? Wenn der marktbeherrschende Browser jemand anderem gehört, kann Google ihn nicht mehr als „Waffe“ einsetzen.

Wer kann das bezahlen?​


Auf den ersten Blick mag das vielleicht nach einem guten Ansatz klingen. Allerdings handelt es sich bei Chrome zweifellos um eines der wertvollsten Software-Produkte des Planeten. Wer Chrome kaufen möchte, benötigt dafür eine Menge Geld. OpenAI hat sich schon mal in Stellung gebracht, zudem hört man noch Namen wie DuckDuck Go, Yahoo oder Perplexity. Abgesehen von OpenAI stellt sich hier bereits die Frage, wie die anderen Interessenten den geschätzten Kaufpreis von 50 Milliarden US-Dollar überhaupt aufbringen wollen.

Wer auch immer Chrome im Fall der Fälle kaufen würde, es wäre ganz sicher kein Akt der Nächstenliebe. Es erscheint kein Robin Hood, der Chrome aus den Fängen des reichen Großkonzerns befreit und ihn in den Dienst der Internet-Bevölkerung stellt. Derjenige, der sein Geld in Chrome investiert, will es wieder zurück. Mit Zinsen versteht sich.

Wie könnte eine Refinanzierung funktionieren? Sicher nicht, indem man den Browser selbst kostenpflichtig macht, denn niemand wäre bereit, für Chrome zu zahlen. Eine alte Weisheit besagt: Wenn Du nicht bezahlst, bist Du nicht der Kunde, sondern das Produkt, das im Schaufenster steht.

Googles Geschäftsmodell: „Böse“, aber transparent​


Das Geschäftsmodell von Google ist recht simpel: Es sammelt mit Chrome die Daten der Internetnutzer und verkauft diese an die Werbeindustrie. Jeder, der Chrome nutzt, weiß das. Diese Transparenz ist doch im Grunde sogar erfreulich.

Ein neuer Besitzer von Chrome müsste nach anderen Wegen suchen, mit dem Browser Geld zu verdienen. Etwa durch die Integration von eigenen Premium-Angeboten, die man innerhalb des Browsers prominent bewirbt. Oder – nur mal laut gedacht – in dem man die anderen Nutzer der Chromium-Engine zur Kasse bittet und aus dem Open Source- ein kommerzielles Projekt macht.

Die Lösung: Sanktionen statt Symbolpolitik​


Ein Verkauf von Chrome wäre Symbolpolitik. Die Rechte der Nutzer würden damit nicht gestärkt. Es würde lediglich das Problem auf eine andere Ebene verlagert.

Am Ende sehe ich sogar die Gefahr, dass man dem neuen Eigentümer nicht so sehr auf die Finger schaut. Die Mission ist schließlich erfüllt und es warten noch andere große Fische im Big-Tech-Teich darauf, unter die Lupe genommen zu werden.

Lasst Chrome, wo er ist. Stellt stattdessen klare Regeln auf und sanktioniert Google die ihrwisstschonwas aus dem ihrwisstschonwem, wenn sie sich nicht daran halten. Die EU hat hier mit dem Digital Markets Act den richtigen Ansatz gewählt. Wer unfair spielt, zahlt. Finanzieller Schmerz wirkt noch immer am besten.

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Was auch zu bedenken ist, die Kernkomponenten von Chrome sind unter der LGPL lizenziert. Wer will, kann also mit relativ wenig Aufwand eine eigene Version erstellen. Davon machen unter anderem MS mit Edge und Opera Gebrauch.

Alternativ könnte Google Chrome auch verkaufen und auf LGPL Basis wieder zurückholen. Nur der Name müsste ich ändern, z. B. NIckel. Das Konzept des "Verkaufens" passt bei OS Software halt nicht so wirklich...
 
Üblicherweise kann ich Beiträge von Martin vorbehaltlos „unterschreiben“.
Aber in diesem Fall ist es an zwei Stellen anders:
Das Geschäftsmodell von Google ist recht simpel: Es sammelt mit Chrome die Daten der Internetnutzer und verkauft diese an die Werbeindustrie. Jeder, der Chrome nutzt, weiß das. Diese Transparenz ist doch im Grunde sogar erfreulich.
Mir fällt es immer wieder auf, dass die wohlinformierte „Tech-Elite“ es nicht schafft, über den Horizont den ihr Wissen um Technik ihr verschafft hinauszublicken. Ich wage zu bezweifeln, dass sämtliche Jugendliche die ein Android-Handy haben, wissen was Google mit den Nutzerdaten macht. Gut, wessen Daten von TikTok ausgeschlachtet werden dem ist das möglicherweise egal.
Aber ältere Semester für die der Computer und das Internet immer noch etwas „Neuland“ sind wissen bestimmt nicht, was Google mit ihren Daten macht und im Gegensatz zur Jugend wäre es ihnen nicht zwingend egal, wenn sie es verstehen würden.
Und da haben wir noch nicht die Altersgruppe dazwischen betrachtet, die Chrome als notwendiges Übel zwar benutzt, sich aber die Risiken der Nutzung schönredet, weil sie den enormen Umfang von Googles Datensammlung nicht kennt oder aktiv ausblendet.

So, genug Helen Lovejoy für den Moment.

Lasst Chrome, wo er ist. Stellt stattdessen klare Regeln auf und sanktioniert Google die ihrwisstschonwas aus dem ihrwisstschonwem, wenn sie sich nicht daran halten. Die EU hat hier mit dem Digital Markets Act den richtigen Ansatz gewählt. Wer unfair spielt, zahlt. Finanzieller Schmerz wirkt noch immer am besten.
Das Fazit in diesem Satz ist richtig. Aber sofern die Strafen nicht so drakonisch ausfallen, dass der gesamte Gewinn eines oder mehrerer Geschäftsjahre abgeschöpft wird, ist das leider Augenwischerei. Denn Mega-Konzerne wie Google und Facebook preisen Strafen ja mittlerweile in ihre Geschäftsstrategie ein.
Und wie bereits gesagt: Das Fazit stimmt. Aber die Schlussfolgerung ist für mich dennoch eine andere: Kaum etwas wäre für Google schmerzhafter als Chrome zu verlieren.

Man hat immer wieder versucht Google und Facebook einzuhegen und sie haben sich einen Sport daraus gemacht Wege zu finden, die Regeln zu umgehen. Chrome bei Google zu lassen verlängert das Katz und Maus-Spiel nur. Wenn man es beenden will, bleibt nur noch ultima ratio als Lösung.

Die Frage wie die Übernahme bezahlt werden soll, muss der Käufer beantworten. Es gehört nicht zur Aufgabe von Regulierungsbehörden oder Gerichten die Antwort darauf zu haben.
Und sollte der Chrome-Browser unter einem neuen Eigentümer tatsächlich über den Jordan gehen, gibt es ja noch genug „Chromium“-Browser um die Lücke zu füllen.
 
Mir fällt es immer wieder auf, dass die wohlinformierte „Tech-Elite“ es nicht schafft, über den Horizont den ihr Wissen um Technik ihr verschafft hinauszublicken. Ich wage zu bezweifeln, dass sämtliche Jugendliche die ein Android-Handy haben, wissen was Google mit den Nutzerdaten macht. Gut, wessen Daten von TikTok ausgeschlachtet werden dem ist das möglicherweise egal.
Aber ältere Semester für die der Computer und das Internet immer noch etwas „Neuland“ sind wissen bestimmt nicht, was Google mit ihren Daten macht und im Gegensatz zur Jugend wäre es ihnen nicht zwingend egal, wenn sie es verstehen würden.
sehe ich auch so. Gleiches bei Gmail. Gerade neulich wieder so einen Fall privat gehabt. Noch schlimmer ist, dass Google sogar so tut, als wenn sie sich besonders um die Sicherheit kümmern, durch viele Dinge wie Loginmeldungen von anderen Maschinen etc.
Das sie selbst das größe Übel sind, verschweigen sie natürlich.

Ich stimme euch beiden zu. Verkauf ist keine Lösung, Sanktionen? Nach der langen Problembeschreibung hat Matin ja auch nur eine relativ kurze Zeile für die Lösung.
Es wird nicht einfach. Ggf hilft Aufklärung.
Neulich habe ich mich noch über diese geplanten Energieverbrauchsaufkleber bei Smartphones amüsiert, da aus meiner Sicht wenig relevant, ob nun 7 oder 5 Watt verbraucht werden.

Vielleicht bräuchte Chrome (und Gmail) so einen deutlichen Aufkleber (hier: permanenten Hinweis) wie:
<<wir saugen Ihre Daten ab, und wir arbeiten damit und wir verkaufen diese. Nehme Sie das zu Kenntnis.>>
der qualifizierte User wird das dann irgendwie wegklicken (lassen), aber der einfache User kennt diese Möglichkeiten kaum, und beginnt (hoffentlich) mal das Nachdenken.
 
"Ein neuer Besitzer von Chrome müsste nach anderen Wegen suchen, mit dem Browser Geld zu verdienen. Etwa durch die Integration von eigenen Premium-Angeboten, die man innerhalb des Browsers prominent bewirbt. Oder – nur mal laut gedacht – in dem man die anderen Nutzer der Chromium-Engine zur Kasse bittet und aus dem Open Source- ein kommerzielles Projekt macht."

Ja bitte, so soll es kommen! Dann wandern hoffentlich alle zu Gecko ab!
 
Ein neuer Besitzer von Chrome müsste nach anderen Wegen suchen, mit dem Browser Geld zu verdienen. Etwa durch die Integration von eigenen Premium-Angeboten, die man innerhalb des Browsers prominent bewirbt. Oder – nur mal laut gedacht – in dem man die anderen Nutzer der Chromium-Engine zur Kasse bittet und aus dem Open Source- ein kommerzielles Projekt macht.
👏 Chromium 👏 ist 👏 KEINE 👏 Engine 👏 Chromium 👏 ist 👏 eine 👏 Plattform 👏 und 👏 die 👏 Engine 👏 heißt 👏 Blink 👏

Normalerweise sind Blutgrätschen nicht meine Art, aber in dem Punkt muss ich die Argumentation von @Martin mal ordentlich gerade rücken. Dass man die Nutzer von Chromium mal eben so zur Kasse bitten kann, ist ziemliche Traumtänzerei. Einerseits findet ein großer Teil der kollaborativen Zusammenarbeit unter dem Dach der Linux Foundation statt, zum anderen - das hatte ich auch schon mal gesagt - ist Chromium nicht gleich Chromium. Google hat zusätzliche proprietäre Anpassungen bei Chrome vorgenommen, die wegen dessen Dominanz lange für Ärger gesorgt haben, weil die Entwickler sich eben auf Chrome fokussiert haben. Opera hat lange mit einer leistungsgesteigerten Variante geworben, während Vivaldi und Brave angepasste Varianten wegen der Privatsphäre fahren. Zumindest gelegentliche Unterschiede ergeben sich hier schon.

Das Grundproblem bei dieser Idee, was den Vorschlag letztlich absolut - sorry @Martin - hirnverbrannt erscheinen lässt, liegt aber in Chromiums Rolle als Industriestandard. Sämtliche relevanten JavaScript-Frameworks, die vor allem auf Node.js und teilweise auf Deno aufbauen, haben die Chromium-Technologien in ihrem Kern. Ohne die funktioniert das Internet nicht mehr richtig, wenn man es mal knallhart formuliert. Wer soll das zahlen? Alle Internetnutzer? Alle Projekte wie Blogs oder gemeinnützige Sachen, die die Kosten dann an die Nutzer irgendwie durchreichen oder brachial mehr Werbung schalten müssen? Alle Internetanbieter, die die Kosten dann extrem auf die Kunden umlegen? Wer?

Oder wir nehmen die Entwickler als Beispiel: Sämtliche Anwendungen auf Basis von Electron oder dem Chromium Embedded Framework wäre betroffen. Potenziell jede .NET-App wegen WebView2 ist betroffen. Potenziell jede Qt-Anwendung wegen der QtWebEngine ist betroffen. Potenziell jede Anwendung von React Native und damit viele mobile Anwendungen sind betroffen. Und das sind nur die dicken Brocken, die ich hier aufgezählt habe. Während der eine Punkt den Betrieb von Netzangeboten kaum kalkulierbar bzw. rentabel machen würde, lägen mit dem Ansatz im Grunde sämtliche Arbeiten im FOSS-Sinne letztlich in Trümmern, die erstickst du im Keim, wenn du so vorgehen würdest. Dabei hat man noch nicht mal erwähnt, dass gerade kleinere Entwickler ihre Projekte kaum refinanzieren könnten, weil die Leute in vielen Bereichen kein Geld ausgeben wollen. Das wäre es wahrscheinlicher, dass bei Closed Source-Geschichten die Torrent-Netzwerke wieder anspringen und bei Open Source-Projekten der Quellcode schlichtweg geforkt würde. Ende.

Und dabei würde das alles noch nicht mal realistisch sein. Die FOSS-Szene würde solchen Anwandlungen was husten und die rote Karte zeigen. Solche Gedankenspiele hatte man in der Vergangenheit zum Beispiel bei Java, Elasticsearch, Redis oder Solaris gesehen, wo auch die Lizenz geändert und das Ganze kommerzialisiert wurde. Was war das Ende vom Lied? Richtig: Dann wurde eben der letzte Stand geforkt, neu aufgebaut und der Schwerpunkt hierhin verschoben. Die einzige Ausnahme war Java, da hat sich das fest zum OpenJDK durch verschiedenste Anbieter verschoben und mit Kotlin wurde eine andere Programmiersprache zur bevorzugten Größe. Chromium wäre ziemlich sicher tot, aber der geistige Nachfolger würde genau da anknüpfen, wo man vorher aufgehört hatte. Es ändert sich also genau nichts.

Das sind einfach naive Ansichten. Ich liege mit Martin ja sowieso schon über Kreuz, weil er der festen Überzeugung ist, dass eine Engine/Plattform für Browser reicht. Jeder, der sich damit auskennt, weiß - wie ich - aber, dass dann die Entwicklung der modernen Webstandards nicht mehr funktionieren würde. Dazu gehören auch unabhängige Implementierungen in mehreren Engines, weswegen WebKit2 und Gecko alleine deswegen schon neben Blink gebraucht werden.

Solange Chromium als Plattform nicht vollumfänglich gemeinnützig und frei von kommerziellen Interessen wäre (was es nicht ist, wenn Dickschiffe wie Intel, Google, Microsoft, Opera, Valve etc. die Hauptlast zugunsten ihrer Produkte steuern), braucht es den Wettbewerb. Ansonsten hast du eine heftige Monopolbildung und der Industriestandard wird zu einem Fall für das Bundeskartellamt und andere Wettbewerbshüter. Damit wäre das Chaos, was durch die Umwandlung in ein kommerzielles Projekt noch gefördert würde, endgültig eingetütet...
 
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Ich wäre für beides: Chrome von Google abspalten UND dem neuen Eigentümer auf die Finger schauen. Aber ich bin ziemlich gleichgültig, da ich versuche prinzipiell kein Google-Zeugs zu nutzen. Weil ich Smartphones ablehne, ist das auch durchaus machbar. Ok, eine Ausnahme: An Youtube kommt man ja kaum vorbei. Da wäre eine Abspaltung genauso wichtig wie bei Chrome.
 
@Kevin Kozuszek Vielen Dank, dass du das immer so schön verständlich aufbereitest (und dich dafür sogar mit dem Chef anlegst).
Anlegen ist das falsche Wort, immerhin ist Martin mit mir da schon Kummer gewohnt. Kannst ihn ja mal fragen, wie das zum Beispiel damals war, als wir intern zu Microsoft Teams gewechselt sind. Wenn mir etwas auf den Pinsel geht, kann ich - ganz Schleswig-Holsteiner, der ich nunmal bin - auch fluchen wie zehn alte Seemänner. :D Hatten wir neulich auch, weil wir was beim Backend vom Blog auf den Zeiger gegangen ist, da reagiert er ganz ruhig und diskutiert das mit einem aus. :)

Solange man sich auch virtuell noch ins Gesicht schauen kann und sich am Tagesende die Hand gibt, ist das alles nicht so wild. ;)
 
Ich sehe es als geradezu unverständlich an, Chrome von Google abspalten zu wollen.

1. Ist - wie Bio-logisch schon schrieb - Chromium, die Basis von Google, OpenSource.
Und speziell die Blink Engine ist ein Fork von Apples WebKit, welches seinerseits ein Fork von KDEs HTML ist.
Jeder kann wiederum Chromium forken und seinen eigenen Browser daraus bauen.
Und wenn die Manpower fehlt, einen Fork weiterzuentwickeln: Warum sollte sie vorhanden sein, wenn man Chrome und Chromium gekauft hat?

2. Ist und war Chrome und Blink nie der einzig zur Verfügung stehende Browser und nie die einzig verfügbare Engine auf Android, wie es bei Safari und WebKit unter iOS der Fall war.

3. Denke ich, dass aus oberen beiden Punkten, es deutlich mehr Sinn machen würde, Microsofts Windows oder Microsofts Office zwangszuverkaufen, weil sie auf dem Desktop eine viel größere Verbreitung haben, als Chrome. Oder Apples Betriebssysteme oder Apples Handware, damit beides unterschiedlichen Unternehmen gehört und damit offener für Alternativen ist.

Ich selber nutze hauptsächlich Firefox. Aber ich denke halt, dass es deutlich größere Probleme gibt als Chrome / Chromium.
 
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Ich selber nutze hauptsächlich Firefox. Aber ich denke halt, dass es deutlich größere Probleme gibt als Chrome / Chromium.
Das beste Rezept würde in meinen Augen eigentlich aus zwei Teilen bestehen. Erstens sollte man Chromium unter die Kontrolle eines Gremiums stellen, wo es ähnlich behandelt wird wie andere Organisationen. Bei JavaScript ist es ja die ECMA, bei HTML ist es die IETF, bei den allgemeineren Webstandards das W3C. Das Wichtigste wäre eben, dass man Google die weitgehende Kontrolle entzieht und auch nicht nur die Dickschiffe wie Microsoft oder Intel ansonsten was zu kamellen hätten. Das funktioniert beim W3C schon lange gut, da konnte Google zwar Elemente durchsetzen, aber hat keinen Durchmarsch gemacht.

Der zweite Baustein wäre, dass man in einem gewissen Umfang auch wieder den Wettbewerb bei den Engines in Wallung bekommt. Die sind ja der entscheidende Punkt, nicht der Browser an sich. Kurzfristig wäre das vor allem dadurch machbar, wenn man Apple verpflichten würde, dass WebKit2 ganz regulär auch wieder unter Windows verfügbar wird und sie auch Safari als Referenzimplementierung bzw. stärksten Browser mit dieser Engine portieren müssen, so wie das bei Chrome und Firefox auch der Fall ist. Das muss ja kein neuer Wildwuchs werden, aber es bringt die Entwicklung der Webstandards auch wieder auf eine bessere Basis. Kleinere Engines wie Dillo oder Goanna könnte man berücksichtigen, auch wenn sich Webentwickler kaum daran ausrichten werden, aber wenn sich Blink, Gecko und WebKit2 wirklich auf allen Plattformen auf Augenhöhe begegnen würden und sich die Webentwickler konkret auf diese drei Engines gleichermaßen konzentrieren müssten/würden, hätten wir schon sehr viel gewonnen.
 
Überseht ihr dabei nicht, dass Chromium zwar Open Source ist, aber der Großteil der Entwicklung von Google-Mitarbeitern gestemmt wird?
Die arbeiten ja nicht nur an den Closed Source - Komponenten, die Chromium zu Chrome machen, sondern auch auf Rechnung von Google am Open Source - Unterbau.
Open Source bedeutet ja nicht Community-betrieben. Viele Open Source - Produkte werden von Firmen finanziert entwickelt.

Nur wird Google das sicherlich nicht mehr finanzieren wollen, wenn ihnen Chrome nicht mehr gehört. Und da die Google-Entwickler an Chromium nicht in ihrer Freizeit, sondern hauptberuflich arbeiten, fallen die dann alle weg. Und mit den paar Leuten, die da pro bono dran arbeiten, wird man wohl kaum so ein Projekt aufrecht erhalten können.

Vielleicht würde ja Microsoft dann ihre Entwicklung an Chromium weiter hochfahren, auf ein tragfähiges Niveau.

Es sei denn, ein Verkauf von Chrome schließt die Entwickler-Hundertschaft mit ein, und die wechseln dann auch alle ihren Arbeitgeber ;)
Aber ob der sie dann, nach 50 Mrd. Investition, weiterhin einen Großteil ihrer Arbeit in den Open Source - Unterbau stecken lässt statt nur ein closed source Produkt zu bauen, ist fraglich.
 
Wird hier nicht übersehen, dass der Haupterfolg des Chrome Browsers darin begründet ist, dass Google seit über einem Jahrzehnt hunderte Milliarden an Bestechungsgeld investierte, um ALLE Smartphone-Hersteller, welche Android kommerziell vertreiben, zu zwingen die Google Dienste, also PlayStore, Chrome, Maps, YouTube, diverse Synchronisierungsdienste usw. fest vorzuinstallieren, keine klassische Option besteht diese zu entfernen und vieles ohne diese Dienste überhaupt nicht funktioniert und somit wieder die Nutzer einerseits darauf (aus verständlichen Gründen nicht verzichten wollen) und es keine Alternative gibt die wirklich NUTZERFREUNDLICH ohne Einschränkungen für den 0815 Usecase läuft.

Mein Beispiel ist der Wechsel auf crDroid und CalyxOS auf Pixel 8 Pro und Pixel 5.

-Ohne GApps funktioniert crDroid, aber alle bezahlten Apps sind weg.

-Android Auto läuft NUR, wenn Google Maps und die Playdienste installiert sind.

-Kontakte mit Outlook Kontakte synchronisieren geht NICHT, ich werde gezwungen einen GOOGLE Account zu hinterlegen.

-Dav5x hat kein Plugin für Outlook Mobile.

-RCS funktioniert nicht.

-Standort live senden in Signal/Molly oder Telegram geht nur, wenn Google Dienste/Maps installiert ist.

-Wie im Commerzbank Thread geschildert, funktionieren viele Banken NUR mit installierten Google Diensten, absolutes No-Go, weswegen viele die Huawei Handys nicht kauften, obwohl nahezu alles sonstige akzeptabel gewesen wäre

Weiterer Punkt ist, dass viele Chrome nur nutzen, weil es halt vorinstalliert ist.
Wäre an der Stelle Brave, Librewolf, Vivaldi oder Kiwi installiert, dann hätte dieser Browser einen Marktanteil von 50+%.
Maps und Gemini ähnlich, wobei bei Gemini ChatGPT noch durch Zeit und Innovationsvorsprung überlegen ist.
Gemini wird auf die Watches von Samsung und Samsung Telefone zwangsweise gebracht (Galaxy AI).
Alternativen zu Maps/Waze wie Magic Earth als Freeware, Here we Go oder OSMand sind der breiten Bevölkerung nahezu unbekannt und können sich, wie z.B. TomTom als bezahlte App, auch nicht durchsetzen, da Maps ja „kostenlos“ ist und massiv von der Datensammlung Googles über die anderen Zwangsinstallationsapps wie die Google App, Assistant, YouTube oder eben Chrome profitiert.

Chrome sollte an einen europäischen oder chinesischen Bieter verkauft werden und Android müsste komplett OpenSource werden.

Sodass die Hersteller selbst aktiv werden müssen und sich nicht mehr über proprietäre Dinge Vorteile verschaffen können.

Jeder kann dann AOSP bekommen und sich seine eigenen Programme installieren die er benötigt.

AOSP funktioniert wunderbar auch ohne die Google Dienste, nur müssten dann Banken und Co auf die Integration des Verkaufs von Daten an Google verzichten.

Sicherlich ist diese Idee radikal und viel zu kurz gedacht, aber auf ein Feedback zu diesem Beitrag von @Kevin Kozuszek bin ich hoch gespannt.


Sanfte Grüße
 
Egal, Hauptsache Google geht es endlich mal an den Kragen, sie haben aus dem Internet eine Litfaßsäule voller Werbung gemacht. Mein Vorschlag Google in zwei konkurrierende Unternehmen aufteilen. Damit Google endlich aufhört, sich so zu benehmen als würde ihnen das Internet gehören.
 
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Sicherlich ist diese Idee radikal und viel zu kurz gedacht, aber auf ein Feedback zu diesem Beitrag von @Kevin Kozuszek bin ich hoch gespannt.
Die Dominanz von Google Chrome hatte erstmal wenig damit zu tun, dass er vorinstalliert war. Dazu muss man sich mal veranschaulichen, in welcher Situation wir 2008 waren, als der Browser entstanden ist. Firefox war damals nicht im allerbesten Zustand, weil er immer noch seinen relativ monolithischen Unterbau hatte und immer aufgeblähter wurde. Opera hatte mit seiner Presto-Engine ähnlich wie der Internet Explorer mit der Trident-Engine immer noch gewaltige Probleme mit der Webkompatibilität und Microsoft war zudem noch ziemlich schnarchig und hat den Browser nur alle paar Jahre wirklich vom Unterbau her modernisiert. Safari, den es damals noch für Windows gab, hat unter Windows zudem nie die allergrößte Liebe erfahren und 2012 hat sich Apple hier ja von Windows zurückgezogen.

Chrome war damals einfach die wesentlich schlankere Alternative und der Wechsel auf Blink wurde auch deswegen notwendig, weil WebKit von Apple auf anderen Plattformen nie wirklich gepusht wurde. WebKit2 hat Windows nie und Linux nur abgespeckt erreicht, während WebKit1 zwar weiterhin wegen iTunes gepatched wurde, aber es war instabil wie sonstwas und ist deswegen auch aus MSYS2 nachher rausgeflogen. Deswegen könnte Epiphany (= Gnome Web) unter Windows so auch nie gebaut werden, obwohl alle anderen Komponenten verfügbar wären, und auch andere Browser - Qt-Browser wie Falkon sind dank der QtWebEngine auf Blink gewechselt, Midori hat WebKit zugunsten der Gecko-Engine hinter sich gelassen - sind gewechselt.

Dass Chromium dann so dominant wurde, weil auch Microsoft, Opera und andere es adaptiert haben, war aus zwei Gründen folgerichtig: Erstens hat Mozilla einfach zu lange gezögert, der große Umbau auf die Quantum-Plattform kam erst 2017 und damit 3-4 Jahre zu spät. Zweitens haben neben den Entwicklerwerkzeugen auch die diversen JavaScript-Frameworks schon reagiert und Chromium wurde der besagte Industriestandard. Der Rest ist im Grunde der klassische Vendor-Lock-in, den wir auch bei Adobe mit der Creative Cloud oder Microsoft mit den Office-Programmen kennen. Die Masse ist halt träge und einen wirklichen Wechselgrund gab es nicht mehr.

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Was deinen Punkt mit Android bzw. AOSP betrifft, kann ich im Grunde auf das verweisen, worüber ich mit @Tadpole hier die ganzen Wochen immer mal wieder öffentlich gesprochen habe. Theoretisch ginge es schon, ohne dass man wilde Klimmzüge machen müsste. Das beste Drop-in-Replacement für das reguläre Android ist immer noch die französische Android-Distribution /e/ OS von Murena, sofern man gleichzeitig die freie Reimplementierung MicroG der Google Play Services nutzt. Die haben keinen Kontakt zu Google, bilden die aber gut genug nach, dass die meisten (!) Android-Apps funktionieren sollten.

Zusätzliche Quellen kann man immer noch einbinden. F-Droid wäre für die quelloffenen Vertreter die logische Wahl, für die kommerziellen Apps bietet Huawei zum Beispiel immer noch an, die AppGallery offiziell nachzuinstallieren.
 
Die Dominanz von Google Chrome hatte erstmal wenig damit zu tun, dass er vorinstalliert war.

Sehe ich anders.
Zumindest seit seiner Zwangsintegration seit Android 4.x.

Obwohl klar „schlechter“ als Browser mit integriertem AdBlocker, AddOn Unterstützung usw. nutzt die breite Masse Chrome statt Brave, Firefox, Vivaldi, sogar Edge mit AddOns (wobei erst Recht kurz).
Besonders in Asien und Afrika wo ich (gerade auf dem Land) die Vermutung äußere, dass die technische Bildung nicht auf dem Stand von uns hier ist (ich betone extra, dass ich nicht diskriminiere - traurig eigentlich, das Gefühl zu haben, so etwas explizit erwähnen zu müssen 😥🥴😶😐), ist Chrome Mobile überdurchschnittlich hoch.

Gerade die intensive Verzahnung in Android ist ja das Problem.
Mehrere Dienste, welche jeweils alleine mindestens in Verdacht eines Monopols stehen, kombiniert über eine Firma, welche auch noch über genügend Finanzkraft verfügt, die einzelnen Hersteller, welche ihrerseits auf Android angewiesen sind, zu bestechen.
 
@ronnybruechner Also den Asiaten, wo die Bildung auch auf dem Land quasi schon durch elterlichen Drill begleitet wird, tritt man damit schonmal ordentlich auf den Schlips. Viele der besten Fachkräfte weltweit kommen im IT-Bereich aus Ländern wie China, Taiwan, Indien, Vietnam, Japan oder Südkorea, wobei gerade Japan und Südkorea das auch geschafft haben, offene und dennoch unabhängige IT-Posten aufzubauen, die den globalen Riesen die Stirn bieten. Und auch die Afrikaner sollte man niemals unterschätzen, wenn man sieht, was bei Reportagen da aus Ländern wie Nigeria, Ghana oder Kenia immer wieder gezeigt wird. Das haben wir im alten Europa nur nicht so auf dem Schirm.

Den Reste kannste theoretisch natürlich auch als Problem ansehen, das mache ja auch viele. Aber dann kannst du im Endeffekt zum großen Rundumschlag ausholen. Dann sind neben Google/Alphabet auch noch Amazon, Microsoft, Apple, Salesforce, Oracle, IBM/Red Hat, Tencent, Canonical, Baidu, Naver, Meta und viele weitere fällig. Wann hören wir dann auf? Das Paradies wird es nie geben, soviel sollte klar sein, so oder so.
 
Also den Asiaten, wo die Bildung auch auf dem Land quasi schon durch elterlichen Drill begleitet wird, tritt man damit schonmal ordentlich auf den Schlips.
Jein.
Denn bei mehreren Milliarden Menschen, dürften trotz gestiegener Lebensqualität, nicht wenige andere Probleme als IT haben.

In Afrika ebenso, weswegen ich ja explizit „auf dem Land“ schrieb.
Ich spreche auch niemanden die Intelligenz ab, sondern einfach die Voraussetzungen in der Infrastruktur, diese gottgegebenen Fähigkeiten ausgiebig und so wie es allen helfen würde, zu nutzen und auszubauen.

Aber ja, Meta mit WhatsApp, Instagram und Facebook sowie jetzt Threads ist auch so ein „Multiversum“ 😝🤪

Bei Microsoft ist es eher Office, das war's.
Windows würde ich da fast nicht als Problem sehen, da dort imo nichts vorinstalliert ist, was in irgendeiner Form monopolistische Züge annimmt, was nicht auch problemfrei entfernt werden kann.

Bei deinen anderen Beispielen, abseits Amazon, stecke ich nicht so weit drin, als dass ich mir ein Urteil erlauben könnte.


Edit:
Gerade bezüglich Afrika, ist die überdurchschnittliche Verbreitung der Transsion Smartphones, doch ein starkes Indiz für meine obigen Worte.
 
Also ich bin mir sicher, dass die IT-Bildung hier im Land, wie eigentlich überall auf der Welt, die überhaupt z.B. Smartphones in der Bevölkerung benutzen, nicht wirklich abweicht, ausgenommen vielleicht Litauen.
 
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