AW: Kompatibilität statt Marktanteil: Browser Vivaldi tarnt sich ab sofort als Google
Und, zum Wort "blockieren" noch einmal: Kein Webdesigner oder Entwickler der Welt ist verpflichtet dazu, seine Seite für alle Browser zu testen und frei zu schalten. Das als "blockieren" zu bezeichnen ist ungefähr so, als würde man Ferrari eine Blockade vorwirft, wenn man sich deren Autos nicht leisten kann.
Du wärst auch ein ziemlich lausiger Entwickler, wenn du dich bei deiner Arbeit an den Browsern orientieren würdest und nicht, wie es sein soll, an den geltenden Webstandards. Was die Unterstützung der geltenden Webstandards angeht, stehen alleine die Entwickler der Browser selbst in der Pflicht, diese in ihre Programme zu implementieren. Machen sie das nicht, ist das deren Problem, wenn etwas nicht richtig funktioniert, nicht das der Seitenbetreiber. So einfach ist das.
Trotzdem muss man bei dem Kram etwas differenzieren. Natürlich macht das keinen Sinn, jeden Zwerg bei der Zugänglichkeit zu berücksichtigen. Weder muss man absolute Zwerge oder irrelevante Engines berücksichtigen (EdgeHTML, Trident, Goanna, QtWebEngine) noch muss man Rücksicht auf Browser nehmen, die sich derart verbiegen, dass sie sich nicht an die Parameter etablierter Browser-Engines halten (Waterfox als Beispiel). Der Punkt ist hier aber - und das ist gut dokumentiert -, dass Google bei Chrome zusätzlich zu den Webstandards eigenen proprietären Kram einpflegt, weswegen man sowieso nicht umhin kommt, seine Seite speziell mit Chrome zu testen, und dass Google bei den eigenen Services teilweise vom modernen Standard abweicht (siehe z.B. der veraltete DOM-Stand bei YouTube, der es anderen Browsern lange schwer gemacht hat). Google fährt da schlichtweg die Ellenbogen aus, so wie Microsoft das mit dem Internet Explorer früher auch gemacht hat.
Ob das nun eine Blockade ist, wage ich zu bezweifeln. Vivaldi hat aber auch nichts anderes gemacht, als sich selbst in den User Agent einzutragen. Was den aktuellen Stand von Chromium angeht, ziehen sie gegenüber Chrome eigentlich - zusammen mit Brave - am Schnellsten nach. Brave braucht in aller Regel wenige Tage, Vivaldi etwa 7-10 Tage. Die einzige Ausnahme war bisher der Sprung von Vivaldi 1.16 auf Vivaldi 2.0, weil sie da länger arbeiten mussten. Jedenfalls braucht Opera zum Beispiel deutlich länger, wenn sie überhaupt innerhalb des aktuellen Versionszyklus aktualisieren und den nicht doch überspringen.
Es gibt eine gewisse Gruppe von Chromium-Browsern (Edge, Opera, Vivaldi, Brave, Yandex, Maxthon und Chromium selbst), da kann man darüber diskutieren, ob aufgrund ihrer Grundpopularität da keine grundsätzliche Ausnahme auf der Whitelist gerechtfertigt wäre, wenn sie zeitnah mit der Chromium-Basis nachziehen. Verglichen mit Firefox (270 bis 300 Millionen Nutzer) sind sie auch eher klein (Brave hat 5,7 Millionen Nutzer, Vivaldi zwischen 2 und 3 Millionen), aber sie wachsen kontinuierlich und sind keine absoluten Zwerge. Außerdem bekommen sie durchaus Rückendeckung von Technikexperten und Influencern, die Google gerade wichtig sind. Und wenn sie sich an das klassische Chromium weitgehend halten, wäre es für Google wenig Aufwand, weil die User Experience sich nicht unterscheiden würde.