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Microsoft und Co. haben keine Lust mehr auf Hardwarebastler

DrWindows

Redaktion
Microsoft und Co. haben keine Lust mehr auf Hardwarebastler
von Tobias Scholze
RIP IoT Titelbild


Mit den Jahren ist man gewohnt, dass Dinge, welche man gernhat, verschwinden. Wir im Microsoft-Umfeld ganz besonders. So seien mal die ewig Untoten Windows Phone, Metro UI, Zune, Groove, Band und Mixer genannt. Für diese haben wir wenigstens „Beerdigungen“ im Sinne von Pressemitteleingen oder Migrationshilfen bekommen. Ganz anders ist es scheinbar nun bei Windows 10 IoT Core.

Was ist W10IoTC?​


Besser gesagt, was war Windows 10 IoT Core? Kurz gesagt es war ein Betriebssystem für etliche Einplatinenrechner von Microsoft wie beispielsweise den allseits bekannten Raspberry Pi. Das System war (scheinbar) für Prototypenentwicklung und auch für Bastler ausgelegt und erfreute sich in der entsprechenden Blase einer gewissen Beliebtheit. Wie für Windows 10 obligatorisch, liefen sogar grafische UWP-Apps akzeptabel. Kommandozeilenbasierte Programme oder kleine Serveranwendungen waren ebenso möglich.

Generell lag der angedachte Einsatzzweck mehr in der Datenerfassung beziehungsweise Auswertung. So war es leicht möglich, die GPIO-Pins eines Raspberry Pis auszulesen und mit entsprechenden Interpretationen Sensoren wie Temperaturen auszuwerten, Hardware-Tastendrücke festzustellen oder LEDs zum Blinken zu bekommen. Mit etwas Übung konnte man auch mit schöner C#-Syntax externe Chips wie den PIC16F1503 ansprechen, um eine Webcam zu bauen, welche einem folgt.

Mittels einfacher UWP-Apps, da es nie eine grafische Hardwarebeschleunigung gab, konnten diese Daten oder Steuerungen auch gut visualisiert werden.

Verwechslungsgefahr

IoT Core ist nicht zu verwechseln mit der kommerziellen Version von Windows 10 IoT namens „Windows 10 IoT Enterprise“. Diese SKU ist der defacto Nachfolger von „Windows Embedded“ und auch für den Betrieb von Thin Clients oder Kiosk-Systemen gedacht.

Ist es ein Zombie?

Wer heute nach Windows 10 IoT Core sucht, bekommt noch immer alle Ressourcen zur Hand, welche man für den Start benötigt. Wenn man jedoch dann das benötigte Programm zum Erstellen von SD-Karten Abbildern nutzt, wird klar, dass die aktive Entwicklung an all dem wohl schon vor sehr geraumer Zeit beendet wurde. So befindet sich die Unterstützung für den Raspberry Pi 3, welcher 2016 erschienen ist, noch immer im Beta-Stadium, und die „aktuellste“ Betriebssystemversion basiert auf Windows 10 17763 aus dem Jahre 2018.

Windows 10 IoT Core

Dr. Windows IoT Core Apps​


Auch wir haben selbstverständlich für das kleine System aus Redmond gebastelt. Ich habe mit diesen Beiträgen bei Dr. Windows den Einstieg gefunden – eventuell hänge ich deswegen besonders an dem Projekt.

Windows 10 IoT

Beiträge:


Eigene Projekte:


Uns gefiel vor allem, dass „damals“ der Gedanke „UWP-Applikationen auf allen Plattformen“ auch hier zum Tragen kam. Eine App konnte auf einem großen Fernseher via Xbox ebenso genutzt werden wie auch auf einem Laptop oder Desktop-PC, und mit IoT Core eben auch auf einem Raspberry Pi.

Das auf .NET basierende Ökosystem war ebenso ein Türöffner, denn wir konnten unser C#- und Ökosystemwissen einfach wieder aufgreifen und mussten nicht wie bei anderen Lösungen neue Sprachen wie Python, Lua oder gar C lernen.

Es ist nicht nur IoT Core​


Auch wenn es eventuell nur ein Marketing Stunt war und nie wirklich eine Absicht dahinter stand, hat Microsoft IoT Core nicht nur den Bastlern schmackhaft gemacht, sondern auch für den eventuell „im Geiste Nachfolger“ Azure Sphere MT3620 Starter Kit (Dr. Windows berichtete) gab es Challenges und Bemühungen, durch Kooperationen mit Tinker (Bastler) Communities die damals neue Produktfamilie zu verbreiten.

Avnet Microsoft Azure Sphere Dev Kit ausgepackt

Allerdings scheiterte dies damals schon an dem Zwang, eine „große“, also kommerzielle Office-Lizenz mit Azure Budget zu besitzen – dies wurde anscheinend in der Konzeption des Bastler-Gedankens vergessen.

Realität: Microsoft ist nicht allein​


Es wäre allerdings blind, diese Entwicklung nur Microsoft anzukreiden. Auch Google hat sein „Android Things“ und dessen Plattform zumindest für nicht kommerzielle Einsätze fallen lassen, ohne auch nur eine Träne zu weinen oder Alternativen aufzuzeigen. Denn zumindest für mich ersetzen so genannte „Actions“ für den Google Assistant kein Bastel-Pi.

Eigene Projekte:


Auch hier war einer der größten Vorteile, dass für Entwickler eines weitverbreiteten Ökosystems, in diesem Falle Android, Java und Co., plötzlich ein neues Spielfeld aufgemacht wurde. Für erfahrene Entwickler brauchte es wenig „Neues“, um ersten Gehversuche auf dem Raspberry Pi zu unternehmen.

Fazit​


Ja, eventuell lohnt es einfach nicht für Großkonzerne aus den Staaten, für uns Bastler, Tüftler und anderweitig Interessierte irgendetwas auf die Beine zu stellen und diese auch mehr als ein Fiskaljahr zu betreiben. Wieso auch? Bringt keinen Gewinn.

Dennoch sieht man an anderen Firmen wie Adafruit und Co., dass sich dieser Nischenmarkt gut monetarisieren lässt, oder – eventuell sogar viel wichtiger – dass dies eine super Sache ist, um sich ein gewisses „Brand Building“, also Markenimage aufzubauen. Microsoft ist hier schon sehr lange an Bord, beispielsweise im Bildungsbereich mittels preisgünstiger Lizenzen für Office, Visual Studio, Azure und vielen weiteren Produktlinien.

Wie auch schon erwähnt verfügt Microsoft, aber auch dessen Mitbewerber, über eine Vielzahl an Entwicklern, welche tief in den jeweiligen Ökosystemen gefestigt sind. Diese abzuholen oder das eigene Ökosystem weiter zu verbreiten, sollte doch eine Herzensangelegenheit der Industrie sein – ein Lock In, ohne es zu merken.

Also lasst uns hoffen!

Windows 11 ist noch nicht allzu lange auf dem Markt und eventuell möchte Microsoft wieder eine „Einplatinenrechner“-Version in den Umlauf bringen. Windows on ARM ist mittlerweile auch reifer geworden als vor drei, vier Jahren.


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Artikel im Blog lesen
 
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Meine Erfahrung ist gerade bei nicht direkt monetarisierten Diensten - um mal bei Microsoft zu bleiben - wie dem Insider-Programm: das lebt und stirbt mit dem zuständigen Programmanager.

Das Problem ist: die verfolgen auch ihre Karriere. Und nicht monetarisierte Programme sind in der Regel nicht wirklich Karrieresprungbretter. Das hat in der Regel zur Folge, dass solch engagierte Programme langsam absterben sobald der Initiator oder engagierte Programmanager eine besser dotierte interne Stelle gefunden hat. Denn entweder findet sich kein Nachfolger, der das Thema am Leben hält oder der Nachfolger ist nur daran interessiert auf eine seiner Karriere besser förderliche Position zu ergattern und wirkt daraufhin anstatt das Programm zu fördern und damit meine ich: das was der Enduser am Ende als Resultat sieht.

Ich mein das ganz wertfrei. Im Gegensatz zu kleineren Nischenfirmen, bekommt man mit Themen wie IoT Core sicherlich kaum die Aufmerksamkeit seines Principal Program Manager. Und selbst wenn man seine KPIs erfüllt, ziehen die Kollegen mit mehr Revenue (Umsatz) am Fiskaljahr beförderungstechnisch vorbei.

In Startups / Kleinfirmen lässt sich das durch "jeder kennt jeden" viel besser kompensieren und man bekommt auch dort ggfs. Aufmerksamkeit für strategische nicht unmittelbar monetarisierbare Arbeit.

Nur zu Klarstellung: ich sag nicht, dass das der Grund für die Vernachlässigung von Windows IoT Core ist. Ich sage nur, dass das eine Beobachtung meinerseits bzgl. solcher Produkte im allgemeinen ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich hatte auf meinem PI auch mal Windows IoT drauf, aber es war so "Bug" behaftet und beschnitten (vorallem Powershell) und mit zwangs WindowsUpdate, dass es sich einfach nicht "produktiv" nutzen lassen wollte.
Die Folge war das ich auf RasperianOS gewechselt bin und nun alles über mono entwickle. Lustigerweise mit Visual Studio Code welches auf dem PI sogar relativ gut läuft.
 
Für diese haben wir wenigstens „Beerdigungen“ im Sinne von Pressemitteleingen oder Migrationshilfen bekommen.

Eventuell korrigieren.

Toller Artikel. Danke.
 
Die Strategie von Microsoft ist so undurchsichtig, das man keiner Pressemitteilung irgendwie für voll nehmen kann. Neue Technologien sollte man bei Microsoft eigentlich 10 Jahre ruhen lassen, bevor man sich die Mühe macht und damit sich auseinandersetzt, ansonsten ist die Arbeit für die Katz.
UWP zeigt das sehr gut und WinApp mit WinUI ist in einem nicht annehmbaren Zustand, das sich so schnell auch nicht ändern wird.
 
Neue Technologien sollte man bei Microsoft eigentlich 10 Jahre ruhen lassen, bevor man sich die Mühe macht und damit sich auseinandersetzt, ansonsten ist die Arbeit für die Katz.
UWP zeigt das sehr gut und WinApp mit WinUI ist in einem nicht annehmbaren Zustand, das sich so schnell auch nicht ändern wird.
Habe selber einem Entwicklerhintergrund und würde 3-4 Jahre geben, um zu sehen: reift die Plattform oder hat Microsoft das Interesse verloren.

Dass die Vision fehlt, merkt man auch in der Adaption der Technologien bzw dessen ausbleiben. Wenn ich ständig die UI-Technologie wechseln darf, nehme ich entweder altbekanntes oder gehe auf die (Hass)liebe Webtechnologien mit Elektron & Co.
 
3-4 würde ich etwas knapp bemessen finden, oder man ist sehr sensibel. Das ist dann die Zeit, wo noch Ankündigungen kommen, aber nichts geliefert wird.
Würde auch Blade VorteXx zustimmen, es gibt eine zu hohe Abhängigkeit zu einzelnen Personen. Und das sage ich wertend. Es kann nicht sein, dass ganze Projekte an einer Person hängen, während die gesamte Firma viele Tausend Mitarbeiter hat. Gibt ja auch keine Anerkennung, wenn man nichts neues erschafft.
 
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