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Offener Brief an die EU: Vivaldi will hartes Vorgehen gegen Microsoft Edge

DrWindows

Redaktion
Offener Brief an die EU: Vivaldi will hartes Vorgehen gegen Microsoft Edge
von Martin Geuß
Vivaldi vs Microsoft Edge


Jon von Tetzchner, CEO von Vivaldi und Ex-Gründer von Opera, wendet sich mit einem offenen Brief an die EU-Kommission. Er fordert im Rahmen des Digital Markets Act ein hartes Vorgehen gegen Microsoft und dessen Praktiken bei der Vermarktung von Microsoft Edge.

Vor zwei Wochen hatte die EU eine Liste von Firmen und Diensten veröffentlicht, die sie im Rahmen des DMA als “Gatekeeper” einstuft. Microsoft ist auf dieser Liste zwar vertreten, allerdings nicht mit dem Edge-Browser, den die EU wohl als zu unbedeutend einstuft, um ihn genauer unter Beobachtung zu nehmen.

Das schmeckt dem Vivaldi-Chef überhaupt nicht. Er fürchtet, die seiner Meinung nach unlauteren Praktiken von Microsoft könnten übersehen werden. In dem elfseitigen Schreiben formuliert Tetzchner vier Kritikpunkte an Microsoft, die belegen sollen, dass die Redmonder nach wie vor versuchen, die Browser-Konkurrenz mit fragwürdigen Methoden zu benachteiligen.

  • Microsoft blendet immer mehr Hinweise auf Edge ein, wenn Benutzer nach einem alternativen Browser suchen
  • Microsoft erzwingt de facto die Standard-Exklusivität von Edge und erschwert es Browser-Anbietern, benutzerfreundliche Browser-Standardeinstellungen vorzunehmen
  • Microsoft ignoriert und überschreibt zunehmend Standardeinstellungen des Browsers, auch in Outlook und Teams
  • Microsoft bindet seine innovative Bing-Chat-Funktion exklusiv an Microsoft Edge

Diese Punkte sind im Grunde allgemein bekannt, teilweise hat Microsoft bereits eingelenkt. Unter Windows werden (nur in der EU) in Zukunft systemeigene Funktionen wie die Widgets den Standardbrowser respektieren, den Bing Chat hat man bereits für andere Browser geöffnet.

Es liegt allerdings auf der Hand, dass sich Microsoft immer nur soweit öffnet, wie sie gerade müssen.

Schaut man auf den Marktanteil von Microsoft Edge, dann scheinen die Ängste von Tetzchner auf den ersten Blick dennoch unbegründet. In den Zeiten, als der Internet Explorer noch der dominante Browser war, gab es den schönen Witz, der IE sei der beste Browser, um Chrome oder einen anderen Browser herunterzuladen. Genau das ist inzwischen gelebte Realität, neun von zehn Windows-Nutzern starten Edge nur einmal und nur zu diesem einen Zweck.

Ich teile allerdings die Ansicht, dass man Microsofts aufdringliche Werbung für Edge nicht belächeln sollte, nur weil sie bislang erfolglos ist. Bei den ersten drei Punkten bin ich allerdings sicher, dass die EU sehr wohl Abhilfemaßnahmen einfordern wird, denn Windows steht auf der Liste der Gatekeeper-Dienste und genau dort spielt Microsoft seine Trumpfkarten aus.


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Windows hin, Windows her.
Aktuell bekommt Microsoft mit ihrem Windows von allen Seiten ordentlich Gegenwind. Alle knabbern fleißig am Kuchenrand und sie kommen stetig voran, die Machtstellung von MS infrage zu stellen.

Dass Opera nicht in die Puschen kommt, hat wohl andere Gründe.
Ich kann mich noch schwach erinnern, wo Opera ein Browser und ein Mail Client war. Das muss so um 2004 oder so gewesen sein. Damals war Opera schon was Innovatives. Aber jetzt?
 
So ganz verstehe ich das Problem von Jon von Tetzchner nicht. Faktisch arbeitet er sich an einem Browser ab, der nicht mal 10% Marktanteil hat. Die angesprochenen Einblendungen wenn man Browser oder Suchmaschine wechseln will, gibt es aber bei Chrome ganz genauso, das Argument zieht also nicht wirklich. Der Vivaldi läuft dann auch nicht wirklich toll, wenn man wegen Edge ein Fass aufmachen muss.

@Sonnenschein: von Tetzchner hat mit Opera nichts mehr zu tun, das ist eine extra Baustelle.
 
Tetzchner hat als Gründer von Opera viele schlechte Erfahrungen mit Microsoft gemacht, er hat auch noch die IE-Zeiten miterlebt. Insofern ist es nachvollziehbar, dass er da etwas empfindlicher ist. Und mit "wehret den Anfängen hat er durchaus recht, wie ich finde.
 
ich glaube, es geht weniger um den jetzigen Marktanteil, als um die Methoden, die MS anwendet. Mich schreckt derartiges zwar ab (einer der Gründe, warum Edge bei mir schwerlich Hauptbrowser werden könnte) aber irgendwann bei manchen kann dieser Vertrieb klappen.
 
die Methoden, die MS anwendet.
Wenn ich mir die „Methoden“ der Mitbewerber ansehe, gibt es eigentlich kaum Unterschiede.
Gerade Apple sorgt dafür, dass zwar im Apple Kosmos alles funktioniert, aber wehe man möchte Hardware von Fremdherstellern nutzen.
Beispiel Monitor.
Ich habe zum Glück ein Tool gefunden, womit man zum Glück den Monitor dann doch wie unter Windows ansteuern kann.
 
Ich gebe dir recht @Martin , dass die drei ersten Punkte ruhig mal bearbeitet werden können. Allerdings gebe ich auch @Marcus09 und @Sonnschein recht. Momentan hacken alle auf Microsoft ein, teilweise gerechtfertigt, teilweise völlig aus der Luft gegriffen. Also entweder lebe ich wirklich zu sehr in einer Blase und bekomme es nur nicht mit oder aber es wird Zeit auch mal gegen andere Firmen (Apple, Alphabet,...) vorzugehen. Denn die Geschäftspraktiken sind ja zum Teil genau die selben oder in anderen Bereichen das selbe Lied.
Und wie ich es bereits erwähnt habe an anderer Stelle, ich bekomme den Eindruck, dass die EU hier gerade missbraucht wird um etwaige oder angebliche Missstände zu beheben, die aber eigentlich wirtschaftlicher Konkurrenz unterliegen und nichts mit der Politik zu tun haben sollten. Denn wenn all das, was hier so angemeckert wird, auch wirklich umgesetzt werden sollte, wird es dem Kunden helfen. Wer allerdings hier dann noch mit Kunde gemeint ist (Staatsbürger oder konkurrierende Firma) ist fraglich
 
@Martin Dann könnte er sich genau so gut auch mit Google anlegen, aber beim Chrome Browser stört ihn die Dominanz offenbar nicht. Für mich sind das fadenscheinige Argumente die Tetzchner vorbringt.
 
Chrome hat die EU ja bereits auf ihrer Gatekeeper-Liste. Ich verstehe den Brief eher so, dass er sagen will "vergesst mir Microsoft nicht, die sind genauso schlimm".
 
Dann könnte er sich genau so gut auch mit Google anlegen, aber beim Chrome Browser stört ihn die Dominanz offenbar nicht. Für mich sind das fadenscheinige Argumente die Tetzchner vorbringt.
Man muss auf der einen Seite sagen, dass die Argumente von ihm teilweise nicht so stichhaltig sind und von Microsoft partiell auch schon adressiert wurden, aber zur Wahrheit gehört auch, dass er sich in den letzten Jahren nicht nur einmal gegen Google und vor allem gegen Chrome gewandt hat. Gerade wenn es um die vermeintlichen Verbesserungen wie der Privacy Sandbox oder Entwicklungen wie dem Manifest V3 für Erweiterungen geht, teilt er immer wieder gegen Google aus. Gab sogar mal einen Blogpost, dass ein offener Schlagabtausch zwischen Vivaldi und Google negative Konsequenzen für sein Unternehmen hatte.

Jetzt könnte man fragen, warum Vivaldi als Browser dann ausgerechnet auf der gleichen Plattform aufsetzt wie die Konkurrenten, die er immer wieder anprangert. Dazu müsste man aber ein wenig die Geschichte kennen und dann merkt man, dass es zu Chromium mit der Rendering-Engine Blink und der JavaScript-Engine v8 keine Alternative gab.

  • Gewünscht hatten sich viele Nutzer, dass Vivaldi sich die Rechte an der Rendering-Engine Presto und JavaScript-Engine Carakan von Opera sichert und man dann einfach da anknüpft, wo Opera 12.x vor dem Wechsel zu Chromium aufgehört hat. Selbst wenn sie das geschafft hätten, hat Presto seit Opera 12.10 (November 2012) keine wirklichen Updates mehr gesehen, Carakan ebenso wenig. Heißt auf Deutsch: Das damals noch sehr kleine Team hätte Presto und Carakan erstmal modernisieren und einen Rückstand von - mindestens - drei bis vier Jahren aufholen müssen, wenn nicht mehr. Selbst wenn sie das geschafft hätten, wäre es zweifelhaft gewesen, ob die Webentwickler Presto und Carakan überhaupt noch beachtet hätten, wo Blink/v8 und Gecko/SpiderMonkey so viel stärker waren. Andere Punkte wie Multiprocessing und dergleichen sind damit noch gar nicht abgedeckt.
  • Als kleine Seitennote (hier weiß ich nicht, ob sie das wirklich in Erwägung gezogen hätten): Die Rendering-Engine WebKit und die JavaScript-Engine Nitro, die in Safari zum Einsatz kommen, wären von Anfang an keine Option gewesen, weil mit Windows dann die wichtigste Plattform nicht hätte versorgt werden können. Safari hat Windows mit Version 5.1.7 im Mai 2012 verlassen, seitdem hat Windows das moderne WebKit 2 auch nie gesehen. iTunes verwendet auch noch das ältere Modell. Die Möglichkeit über Qt fiel weg, weil die QtWebEngine auch auf Chromium aufbaut. Was theoretisch geblieben wäre, wäre GTK, wo die Gnome Foundation mit Epiphany (aka Gnome Web) auch einen eigenen Browser für Linux mit dieser Basis pflegt. Die Unterstützung von GTK für Windows ist ohnehin aber nur noch über Bande vorhanden und die Gnome-Entwickler haben zumindest lange Zeit auch keine besondere Rücksicht auf Windows mehr genommen. Wenn ich das richtig im Kopf habe, wurde die für die WebKit-Unterstützung notwendige Engine bei MSYS2 außerdem rausgenommen, weil sie zu anfällig für Crashes war.
  • Blieben noch die Rendering-Engine Gecko und die JavaScript-Engine SpiderMonkey von Mozilla. Da weiß ich, dass sie das auch geprüft hatten. Damals war es aber noch so, dass wir zu diesem Zeitpunkt noch viele Monate bzw. gut anderthalb Jahre von Firefox 57.0 im November 2017 entfernt waren, wo Firefox sämtliche Verbesserungen aus dem Quantum-Projekt mit den entsprechenden Anpassungen bei Gecko und SpiderMonkey bekommen hat. Vivaldi hätte also mit der bisherigen Codebase arbeiten müssen und würde heute in ähnlichen Schwierigkeiten wie SeaMonkey stecken, die nicht mehr wirklich mithalten können.
Heißt eben unterm Strich, dass Vivaldi mit den wirtschaftlich und technisch besten Möglichkeiten einfach versuchen, das Beste aus der Sachen rauszuholen. Dass Vivaldi nicht ganz so performant ist, liegt eben daran, dass sie extrem viele eigene Anpassungen mit ihrer eigenen Benutzeroberfläche vornehmen. Ganz so schlimm, wie wenn sie den Kram in Electron gebaut hätten, ist es in meinen Augen aber nicht.
 
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