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Redaktion
Windows und Android: Wie gut ist Microsofts Strategie wirklich?
Seitdem Microsoft vor einigen Jahren die generelle Weiterentwicklung von Windows 10 Mobile abgekündigt und Anfang diesen Jahres auch beendet hat, rücken die anderen Plattformen von Apple und Google immer stärker in den Fokus. Während die Möglichkeiten bei iOS und iPadOS naturgemäß eher begrenzt sind, hat Microsoft umso mehr in das Android-Ökosystem investiert und mit dem Surface Duo ebenfalls ein eigenes Dual Screen-Gerät auf den Markt gebracht, was für immerhin drei Jahre mit monatlichen Updates und neuen Features versorgt werden soll.
Aber auch sonst investiert man in Redmond relativ viele Ressourcen in die Android-Plattform. Das reicht von einzelnen Projekten wie den Microsoft Launcher und Your Phone über Funktionen wie Timeline bis hin zur intensiven Partnerschaft mit Samsung, welche exklusive Funktionen und Integrationen in einigen Bereichen hervorbringt, über die sonst nur noch das Surface Duo zum Teil verfügt. Die Frage ist: Wie nachhaltig ist diese Strategie? Zeit also, mal einen genaueren Blick darauf zu werfen.
Die Legende vom Surface Phone
Grundsätzlich verfügt Microsoft unter Android über alle Möglichkeiten, damit die Nutzer sich aus den einzelnen Apps ein echtes Microsoft-Smartphone zusammenstellen können. Es gibt den Microsoft Launcher, Microsoft Edge als möglichen Standardbrowser, Microsoft SwiftKey als Tastatur, die Integrationen in das Xbox-Ökosystem und natürlich die üblichen Verdächtigen wie die Office-Apps, Skype, OneDrive und diverse Games wie Minecraft und Forza Street. Das Ganze sollte durch Windows-Funktionen wie Timeline, Your Phone oder das Cloud Clipboard abgerundet werden, doch genau an diesen Stellen gerät das Konstrukt allmählich etwas ins Wanken.
Microsoft hatte in diesem Jahr erste Schritte unternommen, die auf eine flexiblere Strategie hindeuten können. Zunächst wurde Timeline aus dem Microsoft Launcher entfernt, was das entsprechende Pendant bei Windows 10 gleichzeitig obsolet macht. Ein Ersatz für Android ist nach derzeitigem Stand nicht vorgesehen, die Entfernung bei Windows dürfte entsprechend nur eine Frage der Zeit sein. Auch bei der Zwischenablage könnte sich etwas tun. Bisher ist diese Funktion über Your Phone exklusiv an Samsung und das Surface Duo gebunden, mit einer Integration in SwiftKey würde sie zumindest einem größeren Publikum zugänglich machen.
Die Partnerschaft mit Samsung
Nun ist es grundsätzlich begrüßenswert, wenn sich die zwei dominanten Unternehmen aus den jeweiligen Bereichen zusammentun und ihre jeweiligen Dienste miteinander interagieren können. Besonders bei Your Phone wird das für Microsoft aber auch zu einem Problem, das mit der ehemaligen Partnerschaft mit Amazon bei Cortana und Alexa oder der Abhängigkeit von Mozilla gegenüber Google vergleichbar ist. Bestimmte Funktionen wie das Screen Mirroring, die Zwischenablage oder der RCS-Support lassen nicht nur Tablets außenvor, sie sind durch ihren Aufbau abgesehen vom Surface Duo derzeit auch exklusiv an einen Großteil der Samsung-Smartphones gebunden.
Damit die Zusammenarbeit zwischen Windows 10 und Android auch langfristig einen guten Eindruck hinterlässt, muss Microsoft auch für diese Funktionen die Reichweite ausbauen und mehr OEMs ins Boot holen. Aufgrund des Handelskonflikts mit China wäre die Einbindung von Oppo, Xiaomi oder Honor mit Risiken verbunden, die auch unter dem neuen Präsidenten Joe Biden, der China selbst eher reserviert gegenüber steht, nicht zwingend abnehmen müssen. Andere OEMs wie Nokia, LG, Sony oder Fairphone wären verlässlicher, aber auch deutlich kleiner. Zudem gab es von diesen Unternehmen bisher auch keine positiven Signale in diese Richtung. Microsoft muss sich also was einfallen lassen, wenn Samsung nicht der einzige Rettungsanker bleiben soll.
Die Schwächen von Your Phone
Der Funktionsumfang von Your Phone ist aber auch sonst nicht unbedingt klein. Mit der SMS-Unterstützung, lokalem Foto-Sync, Benachrichtigungen, Continue on PC, Batterieladestatus oder Anrufen hat Microsoft hier bereits einige Features umgesetzt, die von allen genutzt werden können. Die Frage ist abgesehen davon, dass es mit der Zuverlässigkeit der App auch durchaus mal Probleme gibt, aber auch, ob Windows selbst Your Phone nicht in vielen Punkten wieder überflüssig macht. Wie bei Project Latte gilt nämlich auch hier, dass Microsoft in vielen Fällen auf technisch bessere Lösungen zurückgreifen könnte.
Kürzlich wurden in Microsoft Edge die Benachrichtigungen im Hintergrund zurückgebracht, außerdem könnte Microsoft hier wie andere Chromium-Browser auch die Möglichkeiten nutzen, das Senden von Links über die in Chromium integrierten Möglichkeiten umzusetzen. Für Anrufe wurde Skype mit Meet Now zuletzt tiefer in die einzelnen Projekte von Microsoft integriert und Microsoft Teams um neue Funktionen erweitert. Rechnet man andere Sachen hinzu, würde die Zahl der Features, die für alle verfügbar sind und zwingend über Your Phone laufen müssten, eigentlich auf wenige, eher marginale Sachen zusammenschrumpfen. Der echte Mehrwert kommt erst durch die exklusiveren Funktionen, deren Verbreitungsmöglichkeiten durch die diversen Umstände aber sehr gehemmt wird.
Was also tun?
Das Konzept von Your Phone ist dabei alles andere als neu. Die KDE-Community hat mit KDE Connect schon sehr lange ein Projekt in seinen Reihen, was viele der Funktionen von Your Phone umsetzt und sich dabei nicht an irgendwelche Android-OEMs binden muss. Eine eigene Version für Windows ist schon länger in Arbeit und auch hier gab es mit Roamit schon früher ein Projekt, was zumindest einzelne Funktionen wie die Zwischenablage realisiert hat. Welchen Mehrwert die Partnerschaft mit Samsung also tatsächlich bietet, wenn die Verbreitung bestimmter Funktionen andere OEMs nicht erreichen kann, muss langfristig auch hinterfragt werden.
Es wäre gut, wenn Microsoft seine Möglichkeiten wieder mehr in die eigenen Hände nimmt, andere Möglichkeiten nutzt und auch Funktionen wie Timeline, die offensichtlich nicht angenommen wurden, einstellt. Zudem wurden in der Vergangenheit auch eigene Möglichkeiten liegen gelassen, indem zum Beispiel der eigene SMS Organizer bisher nicht global für Android ausgerollt und der SMS- und RCS-Support für Your Phone hierüber umgesetzt wurde. Das mag an der einen oder anderen Stelle vielleicht auch eine Partnerschaft mit Google voraussetzen, aber angesichts der großen Felder, wo die beiden ohnehin schon kooperieren, und der Tatsache, dass Chrome OS den Massenmarkt nie erreicht hat, würde man hier der Übermacht von Apples geschlossenem System so auch am Ehesten etwas entgegensetzen.
Natürlich ist nicht alles schlecht, aber es kann an vielen Stellen auch besser laufen und es ist kaum vorstellbar, dass Panos Panay als Surface- und Windows-Chef mit der aktuellen Situation so zufrieden sein kann. Welche Veränderungen Microsoft tatsächlich vornehmen wird, werden wir sicherlich zumindest teilweise im kommenden Jahr schon sehen. Erste Anzeichen, dass sich etwas tut, gibt es aber in jedem Fall.
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Seitdem Microsoft vor einigen Jahren die generelle Weiterentwicklung von Windows 10 Mobile abgekündigt und Anfang diesen Jahres auch beendet hat, rücken die anderen Plattformen von Apple und Google immer stärker in den Fokus. Während die Möglichkeiten bei iOS und iPadOS naturgemäß eher begrenzt sind, hat Microsoft umso mehr in das Android-Ökosystem investiert und mit dem Surface Duo ebenfalls ein eigenes Dual Screen-Gerät auf den Markt gebracht, was für immerhin drei Jahre mit monatlichen Updates und neuen Features versorgt werden soll.
Aber auch sonst investiert man in Redmond relativ viele Ressourcen in die Android-Plattform. Das reicht von einzelnen Projekten wie den Microsoft Launcher und Your Phone über Funktionen wie Timeline bis hin zur intensiven Partnerschaft mit Samsung, welche exklusive Funktionen und Integrationen in einigen Bereichen hervorbringt, über die sonst nur noch das Surface Duo zum Teil verfügt. Die Frage ist: Wie nachhaltig ist diese Strategie? Zeit also, mal einen genaueren Blick darauf zu werfen.
Die Legende vom Surface Phone
Grundsätzlich verfügt Microsoft unter Android über alle Möglichkeiten, damit die Nutzer sich aus den einzelnen Apps ein echtes Microsoft-Smartphone zusammenstellen können. Es gibt den Microsoft Launcher, Microsoft Edge als möglichen Standardbrowser, Microsoft SwiftKey als Tastatur, die Integrationen in das Xbox-Ökosystem und natürlich die üblichen Verdächtigen wie die Office-Apps, Skype, OneDrive und diverse Games wie Minecraft und Forza Street. Das Ganze sollte durch Windows-Funktionen wie Timeline, Your Phone oder das Cloud Clipboard abgerundet werden, doch genau an diesen Stellen gerät das Konstrukt allmählich etwas ins Wanken.
Microsoft hatte in diesem Jahr erste Schritte unternommen, die auf eine flexiblere Strategie hindeuten können. Zunächst wurde Timeline aus dem Microsoft Launcher entfernt, was das entsprechende Pendant bei Windows 10 gleichzeitig obsolet macht. Ein Ersatz für Android ist nach derzeitigem Stand nicht vorgesehen, die Entfernung bei Windows dürfte entsprechend nur eine Frage der Zeit sein. Auch bei der Zwischenablage könnte sich etwas tun. Bisher ist diese Funktion über Your Phone exklusiv an Samsung und das Surface Duo gebunden, mit einer Integration in SwiftKey würde sie zumindest einem größeren Publikum zugänglich machen.
Die Partnerschaft mit Samsung
Nun ist es grundsätzlich begrüßenswert, wenn sich die zwei dominanten Unternehmen aus den jeweiligen Bereichen zusammentun und ihre jeweiligen Dienste miteinander interagieren können. Besonders bei Your Phone wird das für Microsoft aber auch zu einem Problem, das mit der ehemaligen Partnerschaft mit Amazon bei Cortana und Alexa oder der Abhängigkeit von Mozilla gegenüber Google vergleichbar ist. Bestimmte Funktionen wie das Screen Mirroring, die Zwischenablage oder der RCS-Support lassen nicht nur Tablets außenvor, sie sind durch ihren Aufbau abgesehen vom Surface Duo derzeit auch exklusiv an einen Großteil der Samsung-Smartphones gebunden.
Damit die Zusammenarbeit zwischen Windows 10 und Android auch langfristig einen guten Eindruck hinterlässt, muss Microsoft auch für diese Funktionen die Reichweite ausbauen und mehr OEMs ins Boot holen. Aufgrund des Handelskonflikts mit China wäre die Einbindung von Oppo, Xiaomi oder Honor mit Risiken verbunden, die auch unter dem neuen Präsidenten Joe Biden, der China selbst eher reserviert gegenüber steht, nicht zwingend abnehmen müssen. Andere OEMs wie Nokia, LG, Sony oder Fairphone wären verlässlicher, aber auch deutlich kleiner. Zudem gab es von diesen Unternehmen bisher auch keine positiven Signale in diese Richtung. Microsoft muss sich also was einfallen lassen, wenn Samsung nicht der einzige Rettungsanker bleiben soll.
Die Schwächen von Your Phone
Der Funktionsumfang von Your Phone ist aber auch sonst nicht unbedingt klein. Mit der SMS-Unterstützung, lokalem Foto-Sync, Benachrichtigungen, Continue on PC, Batterieladestatus oder Anrufen hat Microsoft hier bereits einige Features umgesetzt, die von allen genutzt werden können. Die Frage ist abgesehen davon, dass es mit der Zuverlässigkeit der App auch durchaus mal Probleme gibt, aber auch, ob Windows selbst Your Phone nicht in vielen Punkten wieder überflüssig macht. Wie bei Project Latte gilt nämlich auch hier, dass Microsoft in vielen Fällen auf technisch bessere Lösungen zurückgreifen könnte.
Kürzlich wurden in Microsoft Edge die Benachrichtigungen im Hintergrund zurückgebracht, außerdem könnte Microsoft hier wie andere Chromium-Browser auch die Möglichkeiten nutzen, das Senden von Links über die in Chromium integrierten Möglichkeiten umzusetzen. Für Anrufe wurde Skype mit Meet Now zuletzt tiefer in die einzelnen Projekte von Microsoft integriert und Microsoft Teams um neue Funktionen erweitert. Rechnet man andere Sachen hinzu, würde die Zahl der Features, die für alle verfügbar sind und zwingend über Your Phone laufen müssten, eigentlich auf wenige, eher marginale Sachen zusammenschrumpfen. Der echte Mehrwert kommt erst durch die exklusiveren Funktionen, deren Verbreitungsmöglichkeiten durch die diversen Umstände aber sehr gehemmt wird.
Was also tun?
Das Konzept von Your Phone ist dabei alles andere als neu. Die KDE-Community hat mit KDE Connect schon sehr lange ein Projekt in seinen Reihen, was viele der Funktionen von Your Phone umsetzt und sich dabei nicht an irgendwelche Android-OEMs binden muss. Eine eigene Version für Windows ist schon länger in Arbeit und auch hier gab es mit Roamit schon früher ein Projekt, was zumindest einzelne Funktionen wie die Zwischenablage realisiert hat. Welchen Mehrwert die Partnerschaft mit Samsung also tatsächlich bietet, wenn die Verbreitung bestimmter Funktionen andere OEMs nicht erreichen kann, muss langfristig auch hinterfragt werden.
Es wäre gut, wenn Microsoft seine Möglichkeiten wieder mehr in die eigenen Hände nimmt, andere Möglichkeiten nutzt und auch Funktionen wie Timeline, die offensichtlich nicht angenommen wurden, einstellt. Zudem wurden in der Vergangenheit auch eigene Möglichkeiten liegen gelassen, indem zum Beispiel der eigene SMS Organizer bisher nicht global für Android ausgerollt und der SMS- und RCS-Support für Your Phone hierüber umgesetzt wurde. Das mag an der einen oder anderen Stelle vielleicht auch eine Partnerschaft mit Google voraussetzen, aber angesichts der großen Felder, wo die beiden ohnehin schon kooperieren, und der Tatsache, dass Chrome OS den Massenmarkt nie erreicht hat, würde man hier der Übermacht von Apples geschlossenem System so auch am Ehesten etwas entgegensetzen.
Natürlich ist nicht alles schlecht, aber es kann an vielen Stellen auch besser laufen und es ist kaum vorstellbar, dass Panos Panay als Surface- und Windows-Chef mit der aktuellen Situation so zufrieden sein kann. Welche Veränderungen Microsoft tatsächlich vornehmen wird, werden wir sicherlich zumindest teilweise im kommenden Jahr schon sehen. Erste Anzeichen, dass sich etwas tut, gibt es aber in jedem Fall.
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