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Leap Motion: Die Vorfreude weicht der Ernüchterung

Die Vorfreude war riesig – und die Enttäuschung ist es auch. So lautet das Fazit nach den ersten Tagen mit dem Leap Motion Controller. Als das vermeintliche Wunderding im Mai 2012 erstmals angekündigt wurde, war ich sofort hellauf begeistert. Wenn das nur halb so gut funktioniert, wie in den Demos gezeigt, dann würde das der Gestensteuerung am PC möglicherweise zum spontanen Durchbruch verhelfen – so waren damals meine Gedanken.
Mit Marketing-Statements und Demo-Videos ist das ja immer so eine Sache – aber spätestens als man hörte, Hersteller wie Asus und HP würden sich für den Einbau der Technologie in ihre Notebooks und Monitore interessieren, war ich mir sicher: Das ist das wirkliche Ding!

Willkommen in einer völlig neuen Welt, begrüßte mich die Verpackung beim Öffnen. Jetzt geht’s endlich los – das wird der Wahnsinn!
Wie man sich doch täuschen kann. Der Frust begann schon direkt beim Setup. Nach Installation der Treiber und der zugehörigen Software führte der Leap Motion Controller sogleich ein Firmware-Update durch – und verschwand. Also nicht der Controller selbst, der lag immer noch vor mir auf dem Tisch. Aber die zugehörige Software behauptete, er sei nicht angeschlossen, und es leuchtete auch keine LED mehr. Kurze Recherche im Internet – und schon landete ich im Leap Motion Forum, wo sich zahlreiche Leidensgenossen tummelten. Immerhin gab es dort auch eine Lösung: Man muss sich in diesem Fall ein Firmware-Reset-Tool herunterladen. Damit konnte ich den Controller dann zum Leben erwecken. Doch damit sollte der Ärger eigentlich erst so richtig beginnen.

Ich interessierte mich zunächst nicht für die Apps, sondern wollte direkt ausprobieren, wie gut sich Windows mit Leap Motion steuern lässt. Irrtum meinerseits: Ich dachte, das funktioniert Out of the Box, ist aber nicht so. Man muss sich zunächst die App “Touchless for Windows” aus dem Leap Motion Store laden, der auf den Namen Airspace hört. Das tat ich sogleich und durchlief auch das Einführungs-Tutorial.
Eigentlich total easy: Befinden sich Hand und Finger hinter dem Sensor, bewegt man quasi den Cursor, markiert durch einen grauen Kreis auf dem Bildschirm. Überschreitet man die ‘Hover Zone’, gelangt man in die ‘Touch Zone’ – aus dem grauen Kreis wird ein grüner und ein ‘Klick’ wird ausgeführt.

Ich würde das gerne wirklich etwas differenzierter beschreiben, aber das ist leider nicht möglich. Daher kann ich meine Erlebnisse nur so zusammenfassen: In der ‘Touch Zone’ passiert alles Mögliche, aber nur ganz selten das, was man eigentlich will. Statt einer Schaltfläche die direkt daneben liegende zu erwischen, zählt dabei noch zu den kleineren Missgeschicken. Man löst beinahe willkürlich Aktionen aus, und weil der Sensor darüber hinaus noch äußerst träge reagiert, endet das in einer wilden Fuchtelei.

Genau das darf man aber nicht tun – in der Ruhe liegt die Kraft, und bei Leap Motion auch die Präzision. Mit etwas Übung und Geduld schafft man es irgendwann tatsächlich, den Rechner zu steuern. Vorausgesetzt, man kann sich gut in Zeitlupe bewegen. Wenn man Hände und Finger auch nur mit halbwegs normaler Geschwindigkeit bewegt, ist es sofort wieder vorbei.

So weit, so schlecht. Vielleicht kann man ja wenigstens an den mitgelieferten Apps ein wenig Freude haben? Nein, kann man nicht. Die vorinstallierten Apps sind allesamt Murks. Mit Ausnahme von “Cut the Rope” vielleicht, welches sich aber bei mir gar nicht erst starten lässt. Nach dem Auswählen beginnt der Ladevorgang und bricht dann irgendwann einfach ab. Eventuell hat man mehr Spaß, wenn man eine der Apps aus dem Airspace Store lädt. Das Problem dabei aber ist, dass es praktisch keine kostenlosen Apps gibt. Und meine Lust, nochmals Geld zu investieren, war an dieser Stelle bereits gänzlich verflogen.

Vielleicht funktioniert mein Sensor nicht richtig, oder vielleicht mache ich etwas falsch? Ich würde mich nicht trauen, diesen Beitrag zu veröffentlichen, hätte ich nicht schon die Testberichte bei Caschy und Zeit Online gelesen, die im Prinzip das Gleiche aussagen.

Möglicherweise steckt in Leap Motion die erforderliche Technik, um das umzusetzen, was im Vorfeld versprochen wurde. Die Realität ist davon jedoch leider noch meilenweit entfernt. Wer sich im Forum von Leap Motion umschaut, der findet dort vor allen Dingen eines: Probleme über Probleme.
Von der Installation über die ungenaue Steuerung bis hin zu weiteren Bugs ist alles vertreten – wie zum Beispiel dem, dass der Sensor bei fast völliger Dunkelheit immer noch meldet, die Umgebung sei zu hell.
Ich werde das weiter beobachten und immer mal wieder nachschauen, was sich so tut. Für den Moment allerdings kann man von einem Kauf getrost absehen. Ein dreifach Schade auf das vermeintliche coolste Gadget des Jahres.

Über den Autor

Martin Geuß

Martin Geuß

Ich bin Martin Geuß, und wie unschwer zu erkennen ist, fühle ich mich in der Windows-Welt zu Hause. Seit mehr als 17 Jahren lasse ich die Welt an dem teilhaben, was mir zu Windows und anderen Microsoft-Produkten durch den Kopf geht, und manchmal ist das sogar interessant. Das wichtigste Motto meiner Arbeit lautet: Von mir - für Euch!

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