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Microsoft Edge: Ein persönliches Fazit

Microsoft Edge: Ein persönliches Fazit

Vier Wochen dauert es noch, dann wird Microsoft seinen hauseigenen Browser Edge mit der neuen Chromium-Basis erstmals als stabile Version an seine Nutzer ausliefern. Während der 15. Januar 2020 den vorläufigen Höhepunkt der bisherigen Reise markiert, konnten wir in diesem Jahr schon etliche Monate lang den neuen Browser zunächst als Dev- und Canary-, später auch als reguläre Beta-Version ausgiebig testen. Natürlich habe ich das auch getan und möchte mit diesem Beitrag ein persönliches Fazit zu meinen Eindrücken und der Entwicklung im Jahr 2019 ziehen.

Zur Erinnerung: Mein zentrales Anliegen war die Frage, ob Microsoft Edge in der neuen Version Opera bei mir ablösen kann, da ich mit den Entwicklungen dort nicht mehr besonders glücklich bin. Daneben setze ich drei weitere Browser ein, die auch allesamt weiter gesetzt sind. Google Chrome ist der aktuelle Standardbrowser, daneben kommen auch noch Mozilla Firefox sowie der Vivaldi Browser bei mir zum Einsatz. Die meisten Monate war ich dabei auf der Dev-Version unterwegs, mittlerweile bin ich allerdings zugunsten mehr Stabilität auf die Beta-Version von Microsoft Edge gewechselt.

Grundsätzlich ist mir die sehr gute Performance des neuen Edge von Beginn an aufgefallen. Das hat nicht nur mit der guten Arbeit zu tun, die Microsoft hier geleistet hat, sondern ist auch ein ganz zentraler Verdienst der neuen Basis. Die Entscheidung der Entwickler, von EdgeHTML auf Chromium zu wechseln, hat dabei auch zunächst gemischte Gefühle bei mir hervorgerufen. Für ein gesundes Web ist die Vermeidung von Monopolen bei den Rendering-Engines eigentlich ein Muss und hier haben wir in der Tatsache, dass mit Blink, Gecko und Webkit 2 nur noch drei große Vertreter, von denen zwei direkt miteinander verwandt sind, existieren, einen gewissen Rückschlag erlitten.

Strategisch war es aber eine richtige Entscheidung, die Microsoft hier getroffen hat. Sie kommt allerdings auch mit gewissen Schwächen daher. Anwendungen im Microsoft Store, die auf Webtechnologien zurückgreifen, werden zumindest vorerst weiter auf EdgeHTML angewiesen sein. Für die Zukunft arbeitet Microsoft hier zwar an einer Lösung, bis auf Weiteres hat der Microsoft Store hier aber einen Nachteil. Unverständlich war für mich zudem die Entscheidung, den IE-Modus zu einem reinen Enterprise-Feature zu erklären. Gerade der klassische Endkonsument hat nur noch selten etwas mit dem Internet Explorer zu tun, sodass man für die ganz wenigen Einzelfälle hier auch den Fokus auf den neuen Edge hätte legen und den IE ebenfalls aus dem Sichtbereich der Nutzer hätte verschwinden lassen können.

Ein großes Sorgenkind, was wir vom alten Edge allerdings mitgenommen haben, ist der Sync. Dieser wurde für die neue Generation zwar komplett neu geschrieben, leidet aber immer noch an den alten Kinderkrankheiten. Nachdem der Fehler bereits bei Martin schon einmal wieder aufgetaucht ist, plagen sich Nutzer bei Edge Dev und Edge Canary aktuell mit ähnlichen Problemen herum. Auch bei mir hat die Dev-Version einmal die Bookmarks zerlegt und war einer der Gründe, wieso ich mich auf die Beta-Version zurückgezogen habe. Man kann nur hoffen, dass Microsoft einer so zentralen Grundfunktion die höchste Priorität einräumt und weiter daran arbeitet. Funktionen wie die Sammlungen sind zwar nett, aber sollten gegenüber dem Sync nachrangiger Natur sein.

Kann der neue Microsoft Edge nun also Opera bei mir ersetzen?

Die Antwort darauf muss man in zwei Abschnitten betrachten. Was Opera betrifft, befindet sich dieser schon länger nicht mehr auf meinen Systemen und in der Hinsicht hat sich Edge tatsächlich durchgesetzt. Die große Frage ist aber, welche Rolle er unter meinen vier Browsern im kommenden Jahr einnehmen wird. Als Standardbrowser wird er Google Chrome dabei sicher nicht verdrängen, dafür misstraue ich vor allem dem Braten mit dem Sync viel zu sehr. Was Vivaldi und Firefox betrifft, sieht das schon anders aus. Aufgrund der starken Performance, Funktionen wie den Sammlungen und der Integration in das Microsoft-Ökosystem wird Edge sehr wahrscheinlich der Ausweichbrowser zu Chrome werden, was die Chromium-Basis betrifft.

Speziell bei diesen Beiden kommen aber individuelle Entwicklungen hinzu. Vivaldi ist für mich als mächtiges Werkzeug zur Recherche unverzichtbar, kommt aber gleichzeitig nur langsam voran. Die Android-Version ist erst wenige Monate alt und braucht noch Feinschliff, andere Features wie der Mailclient M3 fehlen weiterhin. Bei Mozilla wird dagegen viel davon abhängen, wie die Entwickler die neuen Linien zur Monetarisierung bei Firefox ziehen und welche Services tatsächlich von Bestand sind. Wer Mozilla kennt, weiss auch, wie sprunghaft sie hier manchmal sein können. Deswegen müssen sie ihren Willen zur Kontinuität erst noch beweisen.

Letztlich wird es also darauf hinauslaufen, dass sich Edge, Vivaldi und Firefox hinter Chrome mit ihren jeweiligen Stärken bei mir ergänzen. Was die Previews angeht, würde ich jedem normalen Nutzer mittlerweile den Griff zur Edge Beta empfehlen. Allzu spannend war meine Zeit mit der Edge Dev nicht und alleine der Gewinn an zusätzlicher Stabilität würde diesen Schritt rechtfertigen. Nur wer wirklich zu den Early Adoptern gehören möchte und keine Angst vor irgendwelchen Bugs hat, sollte weiterhin zu Edge Dev und Edge Canary greifen.

Wie fällt euer persönliches Fazit zum neuen Microsoft Edge aus? Was fiel euch besonders positiv auf und mit welchen Problemen hattet ihr während der letzten Monate zu kämpfen? Schreibt es gerne in die Kommentare! Dieser Beitrag ist auch bewusst dazu gedacht, mal die eigenen Erfahrungen miteinander auszutauschen. 

Über den Autor

Kevin Kozuszek

Kevin Kozuszek

Seit 1999 bin ich Microsoft eng verbunden und habe in diesem Ökosystem meine digitale Heimat gefunden. Bei Dr. Windows halte ich euch seit November 2016 über alle Neuigkeiten auf dem Laufenden, die Microsoft bei seinen Open Source-Projekten und der Entwicklerplattform zu berichten hat. Regelmäßige News zu Mozilla und meinem digitalen Alltag sind auch dabei.

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