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Redaktion
Freitagsgedanken: Neugierig bleiben
Katzen gelten gemeinhin als der Inbegriff der Neugier. Sie stecken ihre wunderfitzige Fellnase wirklich überall rein (womit ihr heute wieder ein wenig süddeutsche Mundart gelernt habt). Ich selbst habe einen Hund, besser gesagt eine Hündin, und auch ihr würde ich eine gesunde Portion Neugier bescheinigen, die allerdings sehr schnell nachlässt. Sie befolgt die typische Hunde-Kategorisierung: Gegenstände eignen sich entweder zum Fressen, zum Spielen oder zum Anpinkeln (letzteres passiert glücklicherweise nicht zu Hause).
Auch wir Menschen verfügen über eine angeborene Neugierde. Im Gegensatz zu den Tieren lässt sie bei uns allerdings im Lauf des Lebens nach. Einem Kleinkind kann man einen Stein oder ein Stück Holz in die Finger geben, es wird den Gegenstand stets von allen Seiten überprüfen um herauszufinden, ob es hier etwas zu entdecken und zu lernen gibt. Bei erwachsenen Menschen muss man sich schon ein wenig mehr anstrengen, um deren Aufmerksamkeit zu bekommen.
Dazu kommt noch, dass kleine Kinder etwas Neuem gegenüber grundsätzlich aufgeschlossen sind. Bei erwachsenen und älteren Personen stößt Neues dagegen gerne auch mal auf Skepsis.
Warum ist das so? Bestimmt werdet ihr jetzt sagen, dass Kinder vor allen Dingen deshalb neugieriger sind, weil sie es ja noch nicht besser wissen können. Mit der entsprechenden Lebenserfahrung lernt man dann, vorsichtiger zu sein und kritisch zu hinterfragen, bevor man sich für eine Sache begeistert.
Das mag vielleicht teilweise richtig sein. Vor einigen Jahren saß ich allerdings im Vortrag eines Arztes, der dazu seine eigene Theorie hatte: Er war felsenfest davon überzeugt, dass wir für diese Entwicklung gar nichts können, sondern dass sie vielmehr Teil des natürlichen Alterungsprozesses ist. Wie alle Körperteile altert auch unser Gehirn, es wird träger. Auf neue Impulse sendet das Gehirn einen im Lauf der Jahre stärker werdenden Abwehrreflex und will sich lieber auf den stabilen Betrieb des Bestands konzentrieren.
Ab etwa Mitte 20, so der Arzt, dessen Namen ich leider vergessen habe, tobt bei neuen Impulsen in unserem Gehirn ein Kampf. Die Neugier kämpft gegen besagten Abwehrreflex. Zunächst gewinnt die Neugier, im Lauf der Jahre aber verschiebt sich das Kräfteverhältnis, bis es eines Tages endgültig kippt. So irgendwann zwischen 40 und 50 ist es dann soweit: Aus „Ui, das ist ja interessant“ wird „Was ist denn das schon wieder für ein Scheiß“.
Ich habe keinen wissenschaftlichen Beleg für diese These, was mich betrifft, brauche ich ihn aber auch nicht, denn ich habe es am eigenen Leib erlebt. Als ich in diesem Vortrag saß, war ich Anfang 40, jetzt bin ich 51. (Ich brauchte etwa zehn Sekunden, um diese beiden Ziffern einzugeben, es fällt mir noch immer schwer, mich damit zu identifizieren. Als meine Frau und ich vor vier Jahren Silberhochzeit feierten, war ich ähnlich verstört. Silberhochzeit? Das haben doch eigentlich nur alte Leute).
In den letzten zehn Jahren habe ich genau diese Verschiebung der Kräfte an mir beobachtet. Ich erwischte mich sehr oft dabei, dass ich einen neuen Impuls ablehnen wollte, noch bevor ich mich ernsthaft damit auseinandergesetzt hatte. Obwohl ich auf mich geachtet habe, muss ich davon ausgehen, dass ich diesem Impuls so manches Mal nachgegeben habe, ohne dass es mir bewusst war.
Ich will das nicht. Darum kämpfe ich dagegen. Derselbe innere Schweinehund, der mir sagt, es sei doch viel gemütlicher, auf der Couch zu liegen, statt rauszugehen, mich zubewegen und etwas für den Erhalt meiner körperlichen Fitness zu tun, versucht mir auch meine Neugier auszureden, die letztlich auch nichts anderes als ein Fitnesstraining für meine grauen Zellen ist.
Es hat nichts oder nur sehr wenig mit Lebenserfahrung zu tun, wenn mein Hirn mir ausreden möchte, mich aufgeschlossen mit Neuem zu beschäftigen. Es ist einfach nur ein träger werdendes Organ, dass es sich bequem machen und in Ruhe degenerieren möchte.
Ich pfeif ihm was, ich bleibe neugierig! Und ihr seid eingeladen, es mir gleichzutun.
Titelbildquelle: Wikipedia
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Katzen gelten gemeinhin als der Inbegriff der Neugier. Sie stecken ihre wunderfitzige Fellnase wirklich überall rein (womit ihr heute wieder ein wenig süddeutsche Mundart gelernt habt). Ich selbst habe einen Hund, besser gesagt eine Hündin, und auch ihr würde ich eine gesunde Portion Neugier bescheinigen, die allerdings sehr schnell nachlässt. Sie befolgt die typische Hunde-Kategorisierung: Gegenstände eignen sich entweder zum Fressen, zum Spielen oder zum Anpinkeln (letzteres passiert glücklicherweise nicht zu Hause).
Auch wir Menschen verfügen über eine angeborene Neugierde. Im Gegensatz zu den Tieren lässt sie bei uns allerdings im Lauf des Lebens nach. Einem Kleinkind kann man einen Stein oder ein Stück Holz in die Finger geben, es wird den Gegenstand stets von allen Seiten überprüfen um herauszufinden, ob es hier etwas zu entdecken und zu lernen gibt. Bei erwachsenen Menschen muss man sich schon ein wenig mehr anstrengen, um deren Aufmerksamkeit zu bekommen.
Dazu kommt noch, dass kleine Kinder etwas Neuem gegenüber grundsätzlich aufgeschlossen sind. Bei erwachsenen und älteren Personen stößt Neues dagegen gerne auch mal auf Skepsis.
Warum ist das so? Bestimmt werdet ihr jetzt sagen, dass Kinder vor allen Dingen deshalb neugieriger sind, weil sie es ja noch nicht besser wissen können. Mit der entsprechenden Lebenserfahrung lernt man dann, vorsichtiger zu sein und kritisch zu hinterfragen, bevor man sich für eine Sache begeistert.
Das mag vielleicht teilweise richtig sein. Vor einigen Jahren saß ich allerdings im Vortrag eines Arztes, der dazu seine eigene Theorie hatte: Er war felsenfest davon überzeugt, dass wir für diese Entwicklung gar nichts können, sondern dass sie vielmehr Teil des natürlichen Alterungsprozesses ist. Wie alle Körperteile altert auch unser Gehirn, es wird träger. Auf neue Impulse sendet das Gehirn einen im Lauf der Jahre stärker werdenden Abwehrreflex und will sich lieber auf den stabilen Betrieb des Bestands konzentrieren.
Ab etwa Mitte 20, so der Arzt, dessen Namen ich leider vergessen habe, tobt bei neuen Impulsen in unserem Gehirn ein Kampf. Die Neugier kämpft gegen besagten Abwehrreflex. Zunächst gewinnt die Neugier, im Lauf der Jahre aber verschiebt sich das Kräfteverhältnis, bis es eines Tages endgültig kippt. So irgendwann zwischen 40 und 50 ist es dann soweit: Aus „Ui, das ist ja interessant“ wird „Was ist denn das schon wieder für ein Scheiß“.
Ich habe keinen wissenschaftlichen Beleg für diese These, was mich betrifft, brauche ich ihn aber auch nicht, denn ich habe es am eigenen Leib erlebt. Als ich in diesem Vortrag saß, war ich Anfang 40, jetzt bin ich 51. (Ich brauchte etwa zehn Sekunden, um diese beiden Ziffern einzugeben, es fällt mir noch immer schwer, mich damit zu identifizieren. Als meine Frau und ich vor vier Jahren Silberhochzeit feierten, war ich ähnlich verstört. Silberhochzeit? Das haben doch eigentlich nur alte Leute).
In den letzten zehn Jahren habe ich genau diese Verschiebung der Kräfte an mir beobachtet. Ich erwischte mich sehr oft dabei, dass ich einen neuen Impuls ablehnen wollte, noch bevor ich mich ernsthaft damit auseinandergesetzt hatte. Obwohl ich auf mich geachtet habe, muss ich davon ausgehen, dass ich diesem Impuls so manches Mal nachgegeben habe, ohne dass es mir bewusst war.
Ich will das nicht. Darum kämpfe ich dagegen. Derselbe innere Schweinehund, der mir sagt, es sei doch viel gemütlicher, auf der Couch zu liegen, statt rauszugehen, mich zubewegen und etwas für den Erhalt meiner körperlichen Fitness zu tun, versucht mir auch meine Neugier auszureden, die letztlich auch nichts anderes als ein Fitnesstraining für meine grauen Zellen ist.
Es hat nichts oder nur sehr wenig mit Lebenserfahrung zu tun, wenn mein Hirn mir ausreden möchte, mich aufgeschlossen mit Neuem zu beschäftigen. Es ist einfach nur ein träger werdendes Organ, dass es sich bequem machen und in Ruhe degenerieren möchte.
Ich pfeif ihm was, ich bleibe neugierig! Und ihr seid eingeladen, es mir gleichzutun.
Titelbildquelle: Wikipedia
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