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Windows 10 auf ARM: Was wird aus Project Centennial?

Gestern früh unserer Zeit hat Microsoft angekündigt, dass das echte Windows 10 auf ARM-Prozessoren laufen wird. Gestern abend dann erschien auf dem Entwickler-Bog ein neuer Beitrag zu Project Centennial – der Brücke, mit der klassische x86 Anwendungen in Store-Pakete umgewandelt und in der Folge zu echten Universal Apps weiterentwickelt werden. Was den zeitlichen Zusammenhang angeht, kann das purer Zufall sein, an einen solchen glaube ich aber nicht.

Der Beitrag kündigt keine Neuerungen an, er fasst nur den Status Quo nochmals zusammen und wirbt dafür, dass sich die Entwickler mit Project Centennial beschäftigen.

Den Bogen zu Windows 10 auf ARM spanne ich deshalb, weil ich nach wie vor nicht so richtig glauben kann, dass das alles so “perfectly” ist, wie in dem Video demonstriert. Die Ankündigung lässt ja glauben, dass ich mich an einen Windows 10 PC mit ARM-Prozessor setzen kann und den Unterschied überhaupt nicht bemerke, so lange ich nicht nachschaue, was da für eine CPU drin steckt.

Ich zweifle nicht, dass das wirklich funktioniert, zumal die Portierung nicht neu ist. Microsoft hat nie aufgehört, “Windows RT” zu kompilieren, seit Windows 8 ist die Entwicklung so aufgebaut, dass man in beide Richtungen gehen kann. Und auch mit RT wäre schon sehr viel mehr möglich gewesen, als es tatsächlich der Fall war. Man wollte das nur einfach nicht. Was jetzt angekündigt wurde, ist im Grunde “RT reloaded”, nur eben als offenes System. Wie offen, das ist genau der spannende Punkt, über den ich mir im Moment noch nicht im Klaren bin.

https://www.youtube.com/watch?v=A_GlGglbu1U

Die entscheidende Frage für mich ist: Wie kommen die x86 Anwendungen auf die Windows 10 ARM PCs? Einfach so per setup.exe oder msi-Pakete, gar als portable Anwendungen? Wenn man vom “richtigen Windows” spricht, dann muss man das so machen.

Der Start von Windows 10 PCs mit ARM wäre jedoch eine gute Gelegenheit, dem Project Centennial einen Push zu geben und zu sagen: “Ja, es laufen alle x86 Apps – aber nur die aus dem Store”. Der Nachteil wäre: Wenn die Entwickler da nicht mitspielen, hat man wieder genau das selbe Problem wie bei Windows RT. Zu wenig Software bedeutet zu wenige Kunden bedeutet zu wenige Entwickler. Ohne Ei keine Henne, ohne Henne kein Ei.

So gesehen verbietet es sich beinahe, Project Centennial als Einstiegshürde aufzustellen. Andererseits bin ich nach wie vor überzeugt: Wir brauchen diesen Paradigmenwechsel, vor allen Dingen Unternehmenskunden lechzen danach, dass auf Firmenrechnern nur Applikationen laufen können, die über den Company-Appstore verteilt werden.

Windows braucht außerdem irgendwann einen Schnitt, um all den alten Ballast los zu werden, den es aus Kompatibilitätsgründen noch immer mit sich herum trägt, das habe ich hier ja schon mehrfach geschrieben. Das wäre wiederum ein Grund, bewusst diese kleine Konvertierungs-Hürde zu schaffen.

Und die Moral von der Geschicht?
In technischer Hinsicht würde ich die Gelegenheit nutzen und das Project Centennial als Torwächter für Windows 10 ARM PCs aufstellen. Zugang für x86 Anwendungen nur durch diese Tür.
Aus Kundensicht ist es mit der Geschichte von Windows RT im Hinterkopf ebenso eindeutig: Wenn da ein Notebook im Laden steht, auf dem Windows läuft, dann muss das auch Windows sein. Ohne den geringsten Unterschied.
Zum Glück muss ich das nicht abwägen und entscheiden.

Ältere Beiträge, die ich Euch in diesem Zusammenhang ans Herz legen möchte:

Desktop-Anwendungen in Windows 10 Apps konvertieren: Was geht – und was nicht geht

Gedanken zum x86-Emulator für ARM: Gekommen, um zu gehen

Steckt die Universal Windows Plattform in der Krise – oder steht sie vor einer großen Zukunft?

Über den Autor

Martin Geuß

Martin Geuß

Ich bin Martin Geuß, und wie unschwer zu erkennen ist, fühle ich mich in der Windows-Welt zu Hause. Seit mehr als 17 Jahren lasse ich die Welt an dem teilhaben, was mir zu Windows und anderen Microsoft-Produkten durch den Kopf geht, und manchmal ist das sogar interessant. Das wichtigste Motto meiner Arbeit lautet: Von mir - für Euch!

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