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WhatsApp Alternative Threema kommt vorerst nicht auf Windows Phone

Es ist schon beinahe albern, was sich gerade abspielt. Facebook übernimmt WhatsApp, und über Nacht wird plötzlich allen Nutzern klar, dass WhatsApp das personifizierte Böse ist, einzig und allein dafür erfunden, uns vollständig auszuspionieren. Was, WhatsApp hat Zugriff auf mein Adressbuch und auf meine Bildersammlung? Skandal, warum sagt mir das denn niemand?
Für Viele steht fest: WhatsApp muss weg und durch eine sichere Alternative ersetzt werden. Heißester Nachfolge-Kandidat ist Threema, welches die Charts der App Stores von Google und Apple gerade im Sturm erobert. Threema lässt sich in der Tat nutzen, ohne der App Zugriff auf das Adressbuch zu gewähren, das ist ja grundsätzlich zu begrüßen. Wenn zwei Menschen über Threema miteinander kommunizieren wollen, müssen sie sich eben ihre ID gegenseitig mitteilen. Macht ein bisschen Arbeit, aber ein Plus an Sicherheit gab’s eben noch nie geschenkt. Wenn ich dann allerdings sehe, dass Leute, die entrüstet von WhatsApp zu Threema wechseln, ihre ID anschließend auf facebook posten, dann weiß ich schon wieder nicht, ob ich mich kaputt lachen oder in die Tischplatte beißen soll.

Wie dem auch sei, Threema gibt es aktuell für Android und iOS. Daran wird sich auch so bald nichts ändern, denn auf seiner Webseite schreibt der Macher Manuel Kasper, dass es derzeit keine Pläne für Windows Phone gibt. Ich habe trotzdem nochmal konkret nachgefragt und eine (offensichtlich automatisierte) Antwort erhalten, dass Threema für Windows Phone weder in Entwicklung noch in Planung sei, man die Plattform aber aufmerksam beobachte.
Für Windows Phone Nutzer, die Threema gerne mal ausprobieren möchten, ist das natürlich ärgerlich, aus Entwicklersicht ist es dagegen verständlich, schließlich arbeitet er nicht aus Idealismus an Threema, sondern will damit Geld verdienen – vielleicht ja irgendwann auch mal 19 Milliarden Dollar…

Ganz abgesehen davon kann ich den Hype, der jetzt um Threema bzw. gegen WhatsApp entsteht, nicht wirklich nachvollziehen.
Irgend jemand hat gesagt, WhatsApp liest alles mit und spioniert uns aus, und künftig gehen diese Daten alle an Facebook. Darum wollen es viele Leute jetzt schnellstmöglich los werden. Threema wird populär, weil es mit einer Ende-zu-Ende Verschlüsselung arbeitet, die es dem Betreiber unmöglich macht, Nachrichten zu lesen – ja sogar die böse NSA hat keine Chance. Angeblich.
Und wo sind jetzt die handfesten Beweise, dass sowohl die eine als auch die andere These richtig ist? Sobald ein Unternehmen groß genug ist, ist es automatisch böse, die kleine Firma aus der Schweiz, die Threema anbietet, ist ebenso automatisch vertrauenswürdig? Was ist das für eine Logik? Und was ist, wenn der Threema-Entwickler in Wahrheit ein NSA-Strohmann ist und alle, die jetzt vor WhatsApp flüchten, erst recht in die Falle gehen?
Nein, natürlich glaube ich das nicht. Ich kann nur nicht verstehen, wie viele Menschen sich immer wieder von vermeintlichen Skandalen emotionalisieren lassen und unreflektiert alles glauben, wenn man es ihnen gut genug verkauft? Ich würde gerne mal wissen, wie viele Leute aktuell mit fliegenden Fahnen von WhatsApp zu Threema überlaufen, ohne dass sie in der Lage sind, den Unterschied zu erklären und zu begründen. Oder nein, ich glaube, ich will es ausdrücklich nicht wissen…

Das jetzt nicht falsch verstehen, ich kann und will Threema nicht schlecht reden, denn ich kenne die App nicht. Wenn der Entwickler einen guten Job macht, dann drücke ich ihm die Daumen, dass er ordentlich Geld damit verdient. Man könnte das ja auch positiv sehen und fest daran glauben, dass die Smartphone-Nutzer über Nacht plötzlich ein Sicherheitsbewusstsein entwickelt haben. Leider ist dem nicht so. Was wir gerade erleben, ist lediglich ein Beispiel dafür, wie leicht beeinflussbar die gefühlte Mehrheit der Menschen inzwischen geworden ist. Und das macht mir echt Angst.

Über den Autor

Martin Geuß

Martin Geuß

Ich bin Martin Geuß, und wie unschwer zu erkennen ist, fühle ich mich in der Windows-Welt zu Hause. Seit mehr als 17 Jahren lasse ich die Welt an dem teilhaben, was mir zu Windows und anderen Microsoft-Produkten durch den Kopf geht, und manchmal ist das sogar interessant. Das wichtigste Motto meiner Arbeit lautet: Von mir - für Euch!

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