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Satya Nadella über Windows Phone: Es hätte funktionieren können

Satya Nadella über Windows Phone: Es hätte funktionieren können

Kurz nach seinem Amtsantritt hatte Microsofts CEO Satya Nadella bei Windows Phone den Stecker gezogen. Eine Entscheidung, die ihm bis heute in der Community übel genommen wird – und die er in dieser Form wohl nicht mehr treffen würde, wie er nun in einem Interview zu Protokoll gab.

In dem auf Business Insider veröffentlichten Interview wurde Nadella gefragt, ob es eine Entscheidung gäbe, die er im Nachhinein bereue. Darauf antwortete er:

The decision I think a lot of people talk about – and one of the most difficult decisions I made when I became CEO —was our exit of what I’ll call the mobile phone as defined then. In retrospect, I think there could have been ways we could have made it work by perhaps reinventing the category of computing between PCs, tablets, and phones. 

Deutsche Übersetzung: Die Entscheidung, über die viele Leute sprechen – und eine der schwierigsten Entscheidungen, die ich getroffen habe, als ich CEO wurde – war unser Ausstieg aus dem, was ich das Mobiltelefon nennen werde, wie es damals definiert wurde. Im Nachhinein denke ich, dass es Möglichkeiten gegeben hätte, es zum Laufen zu bringen, indem wir vielleicht die Kategorie des Computings zwischen PCs, Tablets und Telefonen neu erfunden hätten.

Da – er hat es gesagt: Es war ein Fehler! Wir alle wussten es, nur er nicht. Mit ein wenig mehr Geduld und mehr Werbung hätte das alles funktioniert, jede Wette. Obwohl inzwischen acht Jahre vergangen sind, spürt man heute noch den nach wie vor lodernden Zorn der Windows Phone Fans, wenn das Thema zur Sprache kommt.

Ich schaue ebenfalls immer noch wehmütig zurück, erst letzte Woche fiel mir mein seinerzeit über alles geliebtes Lumia 1520 in die Finger, und da war es sofort wieder da: Dieses besondere Gefühl, ein Windows Phone in den Händen zu halten.

Wenn wir uns Nadellas Statement aber etwas genauer anschauen, dann ist das zwar ein Eingeständnis, aber keines in der Art, wie sich die Fans das wünschen würden. Denn der Microsoft-Chef lässt keinen Zweifel daran, dass Windows Phone in seiner damaligen Form dem Untergang geweiht war. Er bereut jetzt, die Flinte ins Korn geworfen zu haben, statt nach einem alternativen Ansatz zu suchen.

Bei aller Nostalgie sehe ich es aber realistisch: Als Nadella das Aus verkündete, war Windows Phone bereits eine wandelnde Leiche. Und egal, wie sehr man versucht, sich die Realität zurechtzubiegen: Niemals wäre daraus eine ernsthafte Konkurrenz zu Android oder iOS geworden. Der Zug war abgefahren, die Entwickler hatten sich von Windows verabschiedet. Der Abstand oder besser gesagt Rückstand wäre im Laufe der Jahre immer größer geworden.

Was immer Nadella anders gemacht hätte, statt die mobile Sparte einzustampfen, es hätte sich voll und ganz in Richtung der Business-Kundschaft orientiert. Was den Umgang mit Privatkunden angeht, so steht Windows Phone nämlich ohnehin nur stellvertretend, weil es das seinerzeit populärste Consumer-Produkt von Microsoft war.

Neben Windows Phone und Groove Music fallen mir noch ein paar weitere Beispiele für Consumer-Angebote ein, die unter Nadella den Tod fanden. Heute besteht Microsofts Privatkundengeschäft abseits der Xbox aus der Zweitvermarktung von Produkten für Geschäftskunden sowie aus experimentellen Produkten, für die Privatkunden Versuchskaninchen spielen sollen, ehe man sie zu den kommerziellen Anwendern bringt. Und so wäre das auch gekommen, wenn Windows Phone in welcher Form auch immer Form überlebt hätte.

Über den Autor

Martin Geuß

Martin Geuß

Ich bin Martin Geuß, und wie unschwer zu erkennen ist, fühle ich mich in der Windows-Welt zu Hause. Seit mehr als 17 Jahren lasse ich die Welt an dem teilhaben, was mir zu Windows und anderen Microsoft-Produkten durch den Kopf geht, und manchmal ist das sogar interessant. Das wichtigste Motto meiner Arbeit lautet: Von mir - für Euch!

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