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Retro: Windows 10 Mobile im Jahre 2023 noch nutzbar?

Retro: Windows 10 Mobile im Jahre 2023 noch nutzbar?

Für Viele von uns war und bleibt Windows 10 Mobile das beste Betriebssystem für mobile Endgeräte. Daran kann auch ein (nun wohl ebenfalls fallen gelassenes) Gerät mit zwei Bildschirmen und Android nichts ändern. Doch ist es heutzutage im Jahre 2023 noch nutzbar? Ich habe es mir für euch einmal angesehen.

Testgerät: Microsoft Lumia 640

Das bereits unter dem Microsoft-Branding vertriebene Lumia 640 ist ein Smartphone von Anfang 2015 in der eher unteren Mittelklasse. Mit einem Gigabyte an Arbeitsspeicher und einem 1,2 Gigahertz-Prozessor war es selbst im Jahr 2015 unterdurchschnittlich ausgestattet. Dies war in meinen Augen auch immer die Stärke von Windows Mobile: Man benötigte keine “Monstergeräte”, um ruckelfrei arbeiten zu können.

Für Liebhaber großer Bildschirme wurde auch ein Lumia 640 XL mit einem für damalige Verhältnisse wirklich großen 5,7 Zoll Display angeboten, im Vergleich zu den 5,0 Zoll der Basisvariante.

Lumia 640

Einrichtung

Ja, man kann auch heutzutage noch Windows 10 Mobile Geräte auf den Auslieferungszustand zurücksetzen und mit Updates versehen. Die Geräte kommen trotz ihres Alters mit den meisten modernen Wifi-Standards und deren Verschlüsselungsmechanismen zurecht.

Das alles ist nicht weiter verwunderlich, da sich die mobile Variante von Windows 10 sehr viel Infrastruktur mit dem großen Bruder für den Desktop teilt und dieser noch sehr lange im Saft des Lebens stehen wird.

Sperrbildschirm

Klassisch minimalistisch zeigt sich der Sperrbildschirm des Systems. Wie auch beim großen Bruder für den Desktop lassen sich in der linken unteren Ecke Symbole hinzufügen, um etwa den nächsten Kalendereintrag, Hinweise auf neue E-Mails oder SMS-Nachrichten oder andere Informationen zu sehen, ohne das Gerät entsperren zu müssen.

Startbildschirm

Der wohl markanteste Unterschied von Windows 10 Mobile zu Android und iOS sind nach wie vor die Kacheln, welche in verschiedenen Größen auf dem Startbildschirm platziert werden können. Viele Kacheln richten sich nach der Akzentfarbe des Systems, in meinem Fall Blau. Andere sind Live-Tiles, also Kacheln, welche Daten aus ihrem Kontext anzeigen können, ohne dass der Nutzer die App öffnen muss. Manche Applikationen wie in der Bildschirmaufnahme weiter unten zu sehen sind dagegen mit ihrer eigenen Markenfarbe ausgestattet, dieser Trend gefiel mir schon damals nicht und meine Meinung hierzu hat sich seitdem nicht geändert.

Seiner Zeit voraus war der Startbildschirm mit der Möglichkeit, ein Hintergrundbild zu definieren und darüber mit angepasster Transparenz die eben beschriebenen Kacheln zu setzen.

Cortana

Eine sprechende KI kannte man damals nur aus Halo und diese lieh der entsprechenden Funktion ihren Namen.

Cortana nahm im mobilen Windows System eine große Rolle ein. Nicht zu vergessen ist auch Microsofts Versuch, Cortana in einen Lautsprecher zu packen, dem Harman Kardon Invoke, um damit Amazons Alexa etwas entgegenzustellen. Das Einzige, was jedoch beide an Gemeinsamkeiten hatten, war der Name “Skills” für deren “Apps”. Was aus Alexa im Gegensatz zu “Cortana in a Can” wurde, wissen wir heute nur zu gut.

Auch wenn ich nie ein großer Fan von ihr war, so hätte ich doch gerne mehr mit ihr herumgespielt und sie zum Beispiel gegen Siri verglichen. Leider endet bei mir jede Anfrage in einer sehr hässlichen, weißen Fehlerseite. Ende des Jahres ist dann für Cortana auf allen Plattformen Schluss. Adieu du Frau in Blau.

Apps

Einer der Sargnägel für Windows 10 Mobile war das fehlende App-Ökosystem, hauptsächlich im Hinblick auf namhafte Größen wie zum Beispiel Google mit dem damals noch aufstrebenden YouTube.

Ob das damals wirklich ein Problem war oder man es einfach nur dachte, lässt sich heutzutage schwer beantworten. Eventuell ist es vergleichbar zu heute mit den Nicht-Google-App-Stores für Android, in denen viele Publisher einfach fehlen und man sich nach Alternativen umschauen muss oder einfach das Gerät zurückgeben und sich in das Vertraute zurück flüchten.

Bloatware

Das hat jedoch Microsoft nicht davon abgehalten, jede Menge (unerwünschte) Apps vorzuinstallieren, insbesondere die vielen Apps aus dem Springer Verlag überraschten mich nach dem Zurücksetzen auf den Auslieferungszustand.

Ansonsten kann man darüber diskutieren, ob die verschiedenen Microsoft- und Lumia-Apps wirklich alle hätten mit ausgeliefert werden müssen, vor allem in Anbetracht des knappen Speicherplatzes von vor fast einer Dekade. So ist es aber auch heutzutage noch bei der Windows 10 Variante für den Schreibtisch – dies einzuordnen, bleibt jedem selbst überlassen.

Hierbei sei noch erwähnt, dass viele Apps nur Verknüpfungen auf Webseiten oder lediglich “Hüllen” für diese waren.

Office

Für mich ist Windows 10 Mobile immer noch das Paradebeispiel für ein produktives Betriebssystem für Smartphones. Aus diesem Grund darf in dieser Retrospektive natürlich auch nicht die Office-Suite fehlen. In diesem Falle Outlook, Word und PowerPoint.

Eins vorneweg, man kann alles noch mit einem persönlichen Microsoft Account oder einem M365 Abo nutzen. Alles funktioniert noch, wie es soll, zumindest auf den ersten Blick. Selbst Funktionen, welche heutzutage nicht immer richtig dargestellt werden, wie Avatar-Bildchen, klappten bei meinem Test.

In Outlook fiel mir auf, wie oft zwischen einem “Light”- und einem “Dark”-Mode gewechselt wird, ohne dass der Nutzer diese Einstellung ändert. So ist die Liste der Nachrichten dunkel, die Detailseite bei Empfangen aber hell, obwohl hier keine html-E-Mail verschickt wurde. Ebenso sind die Aufgaben in Outlook hell.

Windows 10 mobile PowerPoint List

Bei der Verwendung von Word und PowerPoint fällt auf, dass diese Varianten wirklich in der Zeit stehen geblieben sind. Sie alle funktionieren und gespeicherte Dateien lassen sich ohne Kompatibilitätsprobleme wieder in anderen Office-Programmen öffnen, dennoch ist hauptsächlich die Eingabe nicht mehr zeitgemäß. Dies liegt selbstverständlich auch an dem für heutige Maßstäbe kleinen Bildschirm des Lumia, aber auch daran, wie der “Bearbeiten”-Modus in den Apps dargestellt wird. Ohne händisches Zoomen denkt man, man blickt auf Ameisen.

Maps

Kennt ihr noch Nokia Here Maps? Wenn nicht, dann habt ihr die damals besten Karten verpasst. Im Jahre 2023 hingegen wirkt es wie ein Navigationssystems im Auto der Oma. Die Kartendarstellung an sich ist sehr simpel, was an sich kein Problem ist, denn oft will man schnell sehen, wo man ist oder hin muss. Allerdings wird es problematisch, wenn man auf jegliche Kartenbewegung gefühlt eine Minute warten muss oder wenn das zugrunde liegende Material an Karten heillos veraltet ist. So existiert beispielsweise die bereits 2016 eröffnete Microsoft Deutschland GmbH Zentrale nur als Baustelle in der Maps App, von neu gebauten oder stillgelegten Straßen ganz zu schweigen.

Lumia Apps

Man darf nicht vergessen, dass Lumia einmal eine eigene Produktfamilie unter Nokia war. Daraus hervor gingen neben “Here Maps” und “Here Drive” auch etliche Apps, die nun doppelt auf Windows 10 Mobile installiert sind. So gibt es etwa neben der Kamera App noch die “Lumia Kamera”. Auch sonst war vor allen Dingen der kreative Bereich fest in der Hand von Lumia,  beispielsweise mit dem “Lumia Storyteller” oder “Lumia Highlights”.

Sonstige

Ansonsten versuchte Microsoft viele andere eigene, nicht wirklich bekannte Dienste, über entsprechende Apps zu pushen. So gibt es News, Health, Sport oder auch damals noch oft benutzte Apps wie Skype oder Groove.

Viele von diesen funktionieren auch heute noch, auch wenn manche bereits einige Funktionen verloren haben oder einfach nicht mehr richtig dargestellt werden, weil diese eigentlich Webseiten sind und der alte Edge Browser nicht mehr mit den modernen Webstandards klarkommt.

Store

Der App Store ist der wichtigste Anlaufpunkt für Nutzer, um die Funktionalität des Telefons zu erweitern. Der Store funktioniert auch heute noch und schaut, wie auch nicht anders zu erwarten, aus wie der geschrumpfte Bruder der Desktop-Variante.

Auf den ersten Blick findet man neben vielen dubiosen Spielen auch noch nützliche Apps, um dann allerdings feststellen zu müssen, dass diese nur noch für den PC verfügbar sind.

Dieses klägliche Oberflächenelement, die Liste der unterstützen Plattformen, ist das Überbleibsel des einstigen Traums vom “One Windows” für Desktop, Mobile, HoloLens und andere Formfaktoren. Mit einer App alle Plattformen bespielen zu können, war ein schöner Entwicklertraum, der längst in Trümmern liegt.

Trotz alledem konnte ich noch eine App finden, welche man auf dem Windows Smartphone installieren konnte: Microsoft To-Do.

Mit dieser konnte ich es erfolgreich testen, “neue” Apps aus dem Store zu laden, zu installieren und zu nutzen. Das passierte ohne jegliches Problem und war flüssig und flott wie 2016.

Fazit

Ja, man kann auch im Jahr 2023 noch ein Windows 10 Mobile Gerät verwenden, es ist für mich vom Ansatz her sogar noch immer eines der produktivsten Systeme. Ich hätte mir sehr gewünscht, dass Microsoft hier einen längeren Atem hat.

Es sollte nicht sein. Ich würde niemanden mehr empfehlen, das Betriebssystem heutzutage noch zu verwenden, auch wenn die Alternativen zu Android und iOS rar gesät sind.

Wie sind Eure Erinnerungen zu Windows 10 Mobile, welche Telefone hattet Ihr? Würdet ihr euch über ein Windows 11 Mobile freuen oder sollte es Microsoft ein für alle Mal gut sein lassen? Worauf seid Ihr umgestiegen und warum? Lasst uns gerne ein wenig in Erinnerungen schwelgen.

Über den Autor

Tobias Scholze

Tobias Scholze

Bayrischer Open Source- und Community-Enthusiast, Verfechter des neuen Microsoft und Wandler zwischen den Betriebssystemwelten. #communityrocks Von Herzen ein Nerd mit der festen Überzeugung, dass man gemeinsam und durch den Einsatz von moderner IT die Welt für jeden ein Stückchen besser machen kann.

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